Steve Jäkel, Syndikusrechtsanwalt, Bank- und Kapitalmarktrecht, Berliner Volksbank eG, Vorstandsstab/Recht
I. Prolog
Der Schuldner befindet sich in einer wirtschaftlichen Krise, worauf das Insolvenzgericht einen Sachverständigen zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens einsetzt, um prüfen zu lassen, ob ein Insolvenzgrund vorliegt, Sanierungschancen bestehen und ob im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kosten aus der Masse gedeckt werden können.
In einer Vielzahl von Fällen erhält der Sachverständige vom Schuldner jedoch nicht ausreichend Informationen und Unterlagen. Um seinen Gutachterauftrag jedoch erfüllen zu können, wird er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitnah an die Kreditinstitute wenden, bei dem der Schuldner seine Konten führt und umfassende Auskünfte sowie Herausgabe von diversen Unterlagen verlangen.
Ob dem Sachverständigen solche Befugnisse bereits in diesem Verfahrensstadium zustehen, nämlich noch bevor die eigentliche Bestellung als Insolvenzverwalter erfolgt ist, soll der folgende Beitrag erläutern.
II. Die Stellung des Sachverständigen
Die Rechtsstellung des Sachverständigen bestimmt sich nach den §§ 402 ff. ZPO. Aber auch in § 5 InsO wird der Sachverständige erwähnt.
„Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen.“
Ein Sachverständiger muss dabei über besondere Sachkunde verfügen. Die besondere Sachkunde umfasst allgemeine Rechtskenntnisse: Angefangen von den notwendigen Kenntnissen des allgemeinen Zivilrechts für das Sachverständigenwesen, besonderen betriebswirtschaftlichen Kenntnissen bis hin zu den Methoden und Verfahren der Unternehmensbewertung, technischen und methodischen Kenntnissen zur Feststellung von Insolvenzantragsgründen, zur Erstellung und Prüfung von Fortführungsprognosen, zu Sanierungsfähigkeitsfeststellungen bis hin zu Methoden zur Aufdeckung von Vermögensverschiebungen. Daneben ist der Nachweis der Regelwerke, Normen und Verfahren der relevanten Vorschriften des BGB, des HGB, des AktG, des GmbHG, der InsO, des Steuerrechts sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung erforderlich.[1] Der Sachverständige muss daher die einschlägigen Gesetze kennen, anwenden und ggf. abgrenzen können.[2] Der Gutachter kann durch die Zusammenführung dieser verschiedenen Informationen ein präzises Bild der Vermögenslage des Schuldners zeichnen.[3] [...]
Beitragsnummer: 22821