Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In seiner Entscheidung vom 19.11.2024, XI ZR 139/23, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die im Zusammenhang mit unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen entwickelte sog. Dreijahreslösung, wonach ein Kunde die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen, die auf unwirksame Preisanpassungsklauseln gestützt sind, nicht mehr mit Erfolg geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet, nicht auf bankrechtliche Fallkonstellationen übertragbar ist.
In derselben Entscheidung führte der Bundesgerichtshof noch ergänzend aus, dass der Kunde den per Zustimmungsfiktion eingeführten oder erhöhten Entgelte nicht konkludent durch die fortgesetzte Nutzung des Girokontos zustimmen kann. Dies deshalb, weil die fortlaufende Nutzung eines Girokontos keinen objektiven Erklärungswert dahingehend hat, dass der Wille des Kontoinhabers neben dem Willen, einen konkreten Kontovorgang auszulösen, auch die Zustimmung zu geänderten Kontobedingungen der Kreditinstitute umfasst.
PRAXISTIPP
Da die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofs zur Dreijahreslösung im Zusammenhang mit unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen schon seit vielen Jahren existiert (vgl. hierzu statt vieler BGH, Urteil vom 10.03.2021, VIII ZR 200/18), der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Übertragbarkeit der sog. Drei-Jahres-Lösung auf den Krankenversicherungsbereich abgelehnt hat (BGH-Urteil vom 19.12.2018, IV ZR 255/17 Rn. 23 NjW 2019, 919) und der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Bankensenat) wiederum in der Vergangenheit trotz Bestehens entsprechender Möglichkeiten die Dreijahreslösung im Zusammenhang mit bankrechtlichen Fällen noch nie thematisiert hatte, dürfte die Entscheidung des XI. Zivilsenats, wonach die sog. Dreijahreslösung auf das Bankrecht nicht übertragbar ist, keinen ernsthaft überrascht haben. Gleiches gilt für die Ausführungen, wonach allein in der Fortsetzung der Nutzung eines Girokontos keine Zustimmung mit in der Vergangenheit unwirksam eingeführten Klausel zu sehen ist.
Dieser Entscheidung kommt im Bereich des Bankrechts auch keine weitreichende Bedeutung zu, nachdem der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 09.07.2024, XI ZR 44/23, festgehalten hat, dass die dreijährige kenntnisabhängige Verjährung gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht entgegen der feststehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie dem eindeutigen Wortlaut der Norm dahingehend richtlinienkonform ausgelegt werden kann, dass der Beginn des Laufs der Verjährung die Kenntnis des Verbrauchers nicht nur von den anspruchsbegründenden objektiven Umstände voraussetzt, sondern auch die Kenntnis des Verbrauchers vom Bestehen seines Anspruchs gegenüber der Bank. (vgl. hierzu Edelmann, Banken-Times SPEZIAL Bankrecht, Ausgabe Juli/August 2024, 59, 60 f. m. w. N.).
Beitragsnummer: 22809