Dienstag, 29. Oktober 2024

Selbstbewusst und erfolgreich: Alexandra Vitt-Krauß im Interview

Alexandra Vitt-Krauß spricht über ihre Karriere im Bankwesen, den Weg zur Führungskraft und wie sie Herausforderungen in einer männerdominierten Branche gemeistert hat.

Alexandra Vitt-Krauß


Heidi Bois: Was hat Sie inspiriert, eine Karriere im Bankwesen einzuschlagen, und wie haben Sie den Weg zur Führungsebene geschafft?

 

Alexandra Vitt-Krauß: Ich habe mich schon als Schülerin sehr für Wirtschaft und Finanzwesen interessiert, deshalb habe ich Wirtschaftsmathematik und Volkswirtschaft studiert mit den Schwerpunkten Finanzwissenschaft, Bankbetriebswirtschaftslehre, Geldtheorie und -politik. Zunächst habe ich eine wissenschaftliche Karriere eingeschlagen und bin dann über den Bundesverband deutscher Banken bei meiner ersten Station in einer Geschäftsbank gelandet – Sal. Oppenheim. Ich habe dabei immer meine Stärke und Leidenschaft für Marketing, Kommunikation und Markenmanagement verbunden mit meinem theoretischen Wissen über das Bankwesen. Insofern war es dann auch ziemlich logisch, dass ich auf meinem Pfad in der Finanzindustrie einfach weitergelaufen bin – über die Deutsche Bank, dann habe ich Fintechs beraten und bin heute bei ABN AMRO und Bethmann Bank.

Das mit der Führung war ein wenig komplizierter. Eigentlich war ich schon in meiner Studienzeit Führungskraft, als ich begleitend in einem Steuerberater- und Wirtschaftsprüfungsbüro gearbeitet habe. Ich hatte mich dort so schnell eigearbeitet und auch andere Studenten eingeführt und platziert, so dass der Chef mich nach sechs Monaten bat, den Studentenpool mit 15 Werkstudenten zu managen, damit nicht so viel drunter und drüber geht. So hat es ganz unkompliziert angefangen. Im Verband waren es dann eher große Projekte, bei denen ich die Führung übernahm und bei Sal. Oppenheim war es dann sehr schnell ein ganzes Online-Kommunikation-Team. Ich habe mich eigentlich nie beworben, sondern meine Vorgesetzten haben wohl einfach gemerkt, dass es mir liegt. So wurden die Aufgaben und Abteilungen immer größer. Allerdings habe ich dann auch mit Ende 30 gemerkt, dass ein Sprung in die zweite Führungsebene oder gar in die erste dann doch nicht mehr so einfach durchläuft. Da habe ich schon ganz schön für kämpfen müssen und Diskussionen geführt.

 

Heidi Bois: Gab es bestimmte Herausforderungen, die Sie als Frau auf dem Weg in den Vorstand meistern mussten, und wie sind Sie damit umgegangen?

 

Alexandra Vitt-Krauß: Ja – es gab viele Herausforderungen. Als meine Kinder zur Welt kamen – 1997 und 2000 – gab es noch kein Recht auf Teilzeit, keine Elternzeit und damit auch keine Bezahlung bei einer Auszeit. Gleichzeitig war die Kindergartensituation noch viel schlechter als heute und auch das mobile Arbeiten war noch nicht so richtig erfunden. Ich habe also Personalchefs persönlich überzeugen müssen, mir einen 60%- oder später 75%-Vertrag zu geben. Ich war 1999 in einer Pilotgruppen für mobiles Arbeiten, habe mit Kinderfrauen und Tagesmüttern experimentiert. Als ich z. B. mein erstes großes Online-Team mit 12 Mitarbeitern geführt habe – sehr erfolgreich übrigens – hieß es, ein Teilzeitler kann nicht den Titel Abteilungsdirektorin bekommen. Bei einer C-Level-1-Besetzung viele Jahre später, bei der ich ideal auf das Profil gepasst hätte, hat der CEO mir glatt ins Gesicht gesagt: ich könnte mir auch nicht vorstellen, von einer Frau geführt zu werden. Lange Rede, kurzer Sinn: ich habe nicht aufgegeben, viel Unterstützung von meiner Familie bekommen und meist mit meiner Leistung gepunktet.

 

Heidi Bois: Wer waren Ihre wichtigsten Mentoren oder Unterstützer, die Sie gefördert haben? Welche Rolle hat Mentoring in Ihrer Karriere gespielt?

 

Alexandra Vitt-Krauß: Zum Start meiner Karriere 1993 gab es bei den Banken noch gar keine Mentoring-Programme. Ich habe aber immer sehr profitiert von einzelnen hervorragenden Führungskräften, die ich hatte – in meinem Fall immer männlich. Da habe ich gelernt, mir Rat holen zu können, Einschätzungen zu korrigieren und so meine beruflichen Fortschritte erzielt. Seit 16 Jahren bin ich selbst Mentorin und habe mich in den verschiedenen Bankstationen immer sehr für junge weibliche Mitarbeiterinnen und Führungskräfte eingesetzt und das tue ich auch heute noch. Ich glaube, es ist sehr wichtig jemand an seiner Seite zu haben, der die Themen und Hürden auf dem Weg zur Zufriedenheit und zum Erfolg selbst kennt.

 

Heidi Bois: Wie haben Sie es geschafft, in einem oft von Männern dominierten Umfeld Selbstbewusstsein zu entwickeln und Ihren eigenen Führungsstil zu finden?

 

Alexandra Vitt-Krauß: Mein Selbstbewusstsein war immer schon da und ist auch von meinen Eltern gefördert worden. Wir sind zu Hause gleichberechtigt erzogen worden, kein Unterschied zwischen meinem Bruder und uns zwei Schwestern. Insofern habe ich viele Eigenschaften, die man eher bei Männern erwartet. Ich bin kompetitiv, manchmal laut, meinungsstark und habe einen ausgesprochenen Gerechtigkeitssinn. Ich habe mir in vielen Führungsgesprächen anhören müssen, dass ich zu selbstbewusst bin. Über die Jahre habe ich gelernt, damit umzugehen und weiß, dass die Erwartungshaltung des Gegenübers oft die Schieflage erzeugt. Meinen Führungsstil passe ich den Gegebenheiten an. Am liebsten moderiere und coache ich – ich bin ein sehr kreativer Mensch. Aber in Krisensituationen oder mit wenig eigenständigen Mitarbeitern ändere ich die Führungsbegleitung deutlich hin zu klaren Ansagen. Das macht den Job ja erst richtig spannend. Es war mir wichtig, schon im Jahr 2000 eine Coaching-Ausbildung zu machen, um mich vorzubereiten auf die vielen Herausforderungen. Und auch heute lerne ich noch jeden Tag dazu.

 

Heidi Bois: Liebe Frau Vitt-Krauß, es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen über Ihren beeindruckenden Karriereweg zu sprechen. Vielen Dank, dass Sie Ihre Erfahrungen und Einsichten so offen mit uns geteilt haben!


Beitragsnummer: 22783

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