Mittwoch, 16. Oktober 2024

Praxisfragen zur rechtsfähigen GbR als Schuldner in Zeiten des MoPeG

Gerät die (e)GbR in die Krise, ist die Kündigung der Kredit-/ Sicherheitenverträge meist unvermeidbar. Doch wie wirkt sich das MoPeG auf die Vorgehensweise aus?

Friedrich L. Cranshaw, Dr. iur., Rechtsanwalt, Mutterstadt/Mannheim, u. a. Depré RECHTSANWALTS AG

 

Vorbemerkung

Zu Strukturfragen der GbR nach dem MoPeG hat sich der Verfasser in einem Beitrag (Beitragsnummer: 22767) geäußert. Die Kreditpraxis steht vor weiteren Fragen des „Umgangs“ mit der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ab dem 01.01.2024. Der folgende Beitrag befasst sich aufgrund wohl zunehmender Krisenengagements mit Fragen der Durchsetzung der Kreditforderung sowie der Verwertung grundpfandrechtlich belasteter Immobilien.


Darlehens- und Grundschuldkündigung

Die Kündigung des Darlehens der GbR/eGbR durch die Bank erfolgt gegenüber der Gesellschaft selbst an deren legitimierte(n) Vertreter; für die eGbR sind die Vertreter aus dem Gesellschaftsregister (§§ 707 ff. BGB n. F.) zu ersehen.

Ohne die Kündigung des Darlehens ist Verwertung von Sicherheiten nicht zulässig, der Schuldner (GbR/eGbR) kann sich gegen Vollstreckung ohne vorausgehende wirksame Kündigung mit der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) wehren.

Ebenso muss die Kündigung der noch nicht fälligen Grundschuld erfolgen (§ 1192 Abs. 1a, 1193 BGB). Die Kündigungsfrist von sechs Monaten ist vor der Vollstreckung abzuwarten; auch wenn die Bank nur aus dinglichen Zinsen vollstrecken will, muss sie eine sechsmonatige Wartefrist beachten (BGH, V ZB 84/16, juris).

Für den Streit über die Ordnungsmäßigkeit der Kündigung ist das Prozessgericht (nicht das Versteigerungsgericht) zuständig, das Vollstreckungsmaßnahmen aussetzen kann (§§ 769, 767 ZPO).


Titel

Zur Immobiliarvollstreckung benötigt die Bank einen Titel gegen die GbR/eGbR selbst, der ihr meist in Gestalt einer Notarurkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (i. d. R. i. V. m. § 800 ZPO) mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in dinglicher wie persönlicher Hinsicht („abstraktes Schuldversprechen“) nach den Musterverträgen der Bankengruppen vorliegt. Die Vollstreckungsklausel (§§ 724 f. ZPO) muss auf die (rechtsfähige) GbR/eGbR lauten und zugestellt sein (§ 750 ZPO). Der Notar muss vor Erteilung der Klausel die Kündigung der Grundschuld prüfen oder den Verzicht des Schuldners auf den Nachweis der Kündigung (BGH, V ZB 12/20, juris).

Alternativ muss die Bank einen Duldungstitel nach §§ 1147 BGB erstreiten. Sie wird Klage erst erheben, wenn sich der Schuldner (GbR/eGbR) nicht auf vorheriges Ersuchen auf notarielle Vollstreckungsunterwerfung einlässt, da die Bank andernfalls das Kostenrisiko der Klage trägt (§ 93 ZPO).

Eine Klauselumschreibung (§ 727 ZPO) von der GbR auf die eGbR bei nachträglicher Registereintragung ist nicht erforderlich (vgl. § 736 ZPO n. F.); der Zusatz „eGbR“ ist Namens-, nicht Identitätsänderung. Die eGbR, ist nicht Rechtsnachfolger der GbR. Nachzuweisen ist gem. § 736 ZPO die Identität der eGbR mit der bisherigen GbR.

Ein Titel gegen alle Gesellschafter (s. § 736 ZPO a. F. bis 31.12.2024) reicht nicht zur Vollstreckung gegen die Gesellschaft aus. Aus einem Titel gegen die GbR kann nicht gegen die Gesellschafter (wegen ihrer akzessorischen Haftung für die Gesellschaftsschulden, vgl. § 721 BGB n. F.) vollstreckt werden.

Aus dem Grundpfandrecht betreibt die Bank Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung in Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG.


Durchsetzung der Eintragung der nicht eingetragenen GbR in das Gesellschaftsregister durch die Bank?

Die Bank kann die Eintragung in das Register mangels materiell-rechtlicher Grundlage nach nicht erzwingen, sie hat wohl auch kein außerordentliches Kündigungsrecht i. S. d. § 490 BGB mangels Vorliegens der Voraussetzungen, ihre Rechtsposition verschlechtert sich durch das Fehlen der Eintragung nicht. Die eGbR ist derselbe Rechtsträger und Grundschuldschuldner wie die GbR.


Sonderfall „zweigliedrige“ GbR/eGbR

Scheidet aus einer GbR mit zwei Gesellschaftern der vorletzte aus und befindet sich die Gesellschaft zu jenem Zeitpunkt nicht in Liquidation oder Insolvenz (vgl. §§ 729 ff., 735 ff. BGB n. F.), tritt die Rechtsfolge des § 712a BGB n. F. ein.

Eine solche Konstellation liegt vor, wenn der betroffene Gesellschafter aus einem der Gründe des § 723 BGB n. F., z. B. durch Kündigung seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft (§ 723 Abs. 1 Nr. 2 BGB n. F., etwa wegen Uneinigkeit der Gesellschafter), ausscheidet (§ 723 Abs. 3 BGB n. F.); dieser Rechtsakt ist nicht mit der Kündigung der Gesellschaft selbst durch einen Gesellschafter nach §§ 729 Abs. 1 Nr. 3, 731 BGB n. F. mit der Folge der Liquidation der Gesellschaft (vgl. §§ 735 ff. BGB n. F.) zu verwechseln.

Die Gesellschaft erlischt im Fällen des § 712a Abs. 1 BGB n. F. ohne Liquidation, der „letzte“ Gesellschafter wird Gesamtrechtsnachfolger, das Grundbuch ist auf ihn als Eigentümer zu berichtigen (§ 22 GBO).

Der Darlehensvertrag der Bank bleibt unberührt, soweit er nicht vorsieht, dass der Wechsel von wesentlichen Gesellschaftern oder der Rechtsform (hier: Erlöschen der GbR/eGbR) ein a. o. Kündigungsrecht der Bank auslöst bzw. auslösen kann. Der ausgeschiedene Gesellschafter haftet fünf Jahre nach, § 728b BGB n. F.

Endet der Darlehensvertrag und wird die Darlehensvaluta nicht zurückbezahlt, kann die Bank (wie in jedem Fall notleidend gewordener Finanzierung) ihre Sicherheiten verwerten. Der Titel bzw. die Klausel für die Immobiliarvollstreckung gegen die GbR/eGbR muss aber auf den Rechtsnachfolger nach § 727 ZPO umgeschrieben und ihm zugestellt werden. Versteigert wird die für die Bank grundpfandrechtlich belastete Immobilie aus dem Vermögen der vormaligen GbR/eGbR.


Behandlung von Rückgewähransprüchen

Ist der Sicherungszweck der Grundpfandrechte der Bank weggefallen, ist der Rückgewähranspruch fällig und gegenüber dem Rückgewährberechtigten nach Maßgabe der Regelungen in den Vertragsmustern der Banken zu erfüllen. Regelmäßig wird in praxi die GbR/eGbR oder deren Rechtsnachfolger als Eigentümer rückgewährberechtigt sein. Maßgeblich ist, wer nach dem Sicherungsvertrag oder aufgrund späterer Abtretung des Anspruchs tatsächlich Rückgewährberechtigter ist (s. Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 11. Aufl., 2024, Rn. 723 ff.).


PRAXISTIPPS

  • Aufgrund des MoPeG wird keine grundsätzlich neue Vorgehensweise notwendig, zu den Besonderheiten s. o. Positiv ist hervorzuheben, dass im Streitfall die Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung auch ohne Eintragung der GbR in das Register möglich sein dürfte.
  • Achten Sie auf mögliche Sonderfallkonstellationen bei einer zweigliedrigen eGbR/GbR und auf eine sorgfältige Ermittlung des Rückgewähr.

Beitragsnummer: 22768

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