Mittwoch, 9. Oktober 2024

Vorbild für alle Frauen in Führung: Ellen Schneider-Lenné

Ellen Schneider-Lenné brach als erste Frau im Vorstand der Deutschen Bank alte Männerbastionen auf – mit Witz, Mut und einer Vorliebe für schnelle Autos

Heidi Bois, Generalbevollmächtigte, FCH AG

 

Ellen Schneider-Lenné war ohne Frage eine Pionierin in der deutschen Finanzwelt, und ihre Ernennung 1988 – hier war sie gerade einmal 45 Jahre alt – zum Vorstandsmitglied der Deutschen Bank durch Alfred Herrhausen, der später von der RAF ermordete Vorstandschef, war ein Meilenstein in der Bankengeschichte. Sie war die erste Frau, die es in die Chefetage eines DAX-notierten Unternehmens schaffte, was zur damaligen Zeit hohe Wellen schlug. Als Herrhausen ihr den Posten anbot, erwiderte sie mit einem Augenzwinkern: „Sind Sie wirklich schon so weit?" Natürlich erzählte sich damals der ein oder andere, Herrhausen hätte sie nur zum Vorstand gemacht, weil sie eine Frau sei, und weil dies gut rüberkäme. Aber das legte sich schnell.

 

Das entscheidende Argument für ihre Berufung: ihre internationale Erfahrung. Geboren in Berlin, begann sie 1967 bei der Bank und arbeitete sich rasch nach oben. Sie begann 1967 bei der Deutschen Bank in Düsseldorf und Hamm als Sachbearbeiterin im Kreditgeschäft. Bereits 1971 wurde sie nach New York versetzt und Mitte der 1970er Jahre Assistentin des damaligen Vorstandssprechers Franz Heinrich Ulrich. Nach fünf Jahren in der Londoner Filiale kehrte sie nach Düsseldorf zurück und übernahm 1985 in Frankfurt das Ressort Internationale Handelsfinanzierung. Im Vorstand übernahm sie das weltweite Kreditrisikomanagement. Anfangs verdiente sie 300.000 Mark im Jahr, später eine halbe Million, genauso viel wie die anderen Vorstände, inklusive Vorstandssprecher.

 

Sie prägte ihre Zeit mit Entscheidungsstärke, Selbstbewusstsein und Humor. Bekannt für ihre klare Haltung und ihr Durchsetzungsvermögen, meisterte sie auch schwierige Situationen. Sie hatte keine Familie und pflegte dafür umso mehr enge Beziehungen zu ihren Kollegen und liebte schnelle Autos. Ihre Mitarbeiter schätzten sie für ihre Führungsqualitäten und das Vertrauen, das sie ihnen entgegenbrachte. Diese Anteilnahme war keine Einbahnstraße: Als Schneider-Lenné schwer krank wurde, brachte ihr ihre Sekretärin Martina Lauermann regelmäßig Essen ins Krankenhaus und kümmerte sich um alles. „Sie war unser bester Mann im Vorstand“, beschrieb sie Hilmar Kopper, damaliger Vorstandssprecher.

 

Ellen Schneider-Lenné blieb bis zu ihrem Lebensende außerordentlich engagiert. Sie verstarb Weihnachten 1996 im Alter von 54 Jahren im Krankenhaus. Eine Woche vorher hatte sie noch an einer Vorstandssitzung teilgenommen.

 

Die Tatsache, dass Schneider-Lenné über zwei Jahrzehnte später immer noch als eine der wenigen Frauen in Erinnerung bleibt, die einen so hohen Posten in einer der größten Banken Europas erreichte, zeigt, dass der Wandel in der Branche schleppend verläuft. Der Fortschritt, den ihre Ernennung versprach, wurde nicht in gleichem Maße weitergeführt. Bis heute kämpfen Frauen in der Finanzwelt gegen stereotype Rollenzuschreibungen, gläserne Decken und fehlende Netzwerke. Umso wichtiger sind Frauennetzwerke wie FCH BankHer.

 


Beitragsnummer: 22759

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