Dr. iur. Friedrich L. Cranshaw, Rechtsanwalt, vorm. Banksyndikus/Direktor, Mannheim/Mutterstadt, Depré RECHTSANWALTS AG, Mannheim
Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Bank- und Finanzmanagement an der Hochschule Emden/Leer[1]
I. Einleitung
„Rettungserwerb“ bedeutet den Erwerb einer Immobilie aus dem Vermögen eines in der ökonomischen Krise befindlichen Kreditnehmers durch die kreditgebende Bank, die durch geeignete Grundpfandrechte an der zu übernehmenden Immobilie besichert ist. Ziel eines Rettungserwerbs ist die Vermeidung bzw. Reduzierung des Verlustes aus dem Kreditengagement, ökonomisch durch spätere Veräußerung der erworbenen Immobilie zu einem über den Erwerbskosten und den „Haltekosten“ der Bank während der Innehabung der Immobilie liegenden Preis im Rahmen einer barwertigen Betrachtung.
Der vorliegende Beitrag schließt an den früheren Beitrag der Verfasser (Beitragsnummer: 22749) an, der sich bereits mit systematischen Fragen des Rettungserwerbs und mit dem Ablauf des Zwangsversteigerungsverfahrens befasst. Nachfolgend stehen aufsichtsrechtliche Einflüsse (MaRisk 06/2024) im Mittelpunkt, ein Kalkulationsmodell „zum Rettungserwerb aus Bankensicht“ wird vorgestellt und anhand eines von den Verfassern strukturierten Beispiels (Krise einer Hotelimmobilie als Folge der Krise des Hotelbetriebs als Pächter der Immobilie) mit den dortigen Parametern durchgerechnet. Zentral ist die „Vorteilhaftigkeitsrechnung“, eine Barwertrechnung, deren Ergebnis Aufschluss darüber gibt, ob der Rettungserwerb ökonomisch sinnvoll ist. Eine Würdigung des Ergebnisses schließt sich an. Beleuchtet wird in diesem Beitrag der Rettungserwerb gewerblicher Immobilien. Dabei weist jeder Typus (wie Kaufhausimmobilien, Logistikimmobilien, Hotels, Büroimmobilien, Ärztehäuser, landwirtschaftliche Betriebsflächen, gemischtgenutzte Immobilien, wohnwirtschaftlich und Gewerbe) zu beachtende Besonderheiten auf, die bei der Vorteilhaftigkeitsrechnung und insbesondere der späteren Marktgängigkeit zu berücksichtigen sind.
II. Bestimmungen der MaRisk zum Rettungserwerb[2]
1. MaRisk AT 4.2 Strategien und Regelungen zum Rettungserwerb
Der Rettungserwerb sollte bei einer Bank genau dann über eine Richtlinie gemäß MaRisk BTO 1.2.5 Tz. 8 geregelt sein, wenn dieser in der Praxis häufiger umgesetzt wird. Dieses wird bereits in AT 4.2 zur Erarbeitung einer ökonomischen und nachhaltigen Geschäftsstrategie eines Instituts durch die Geschäftsleitung gefordert. So umfasst die geschäftliche Strategie auch den Risikoappetit und die Zielsetzung für das Non Performing Exposure/Non performing Loan (NPE/NPL) wie in den Erläuterungen zu MaRisk[3] AT 4.2 in Tz. 3 erwähnt: [...]
Beitragsnummer: 22750