Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In seiner Entscheidung vom 02.07.2024, XI ZB 29/21 (WM 2024, 1653), setzt sich der Bundesgerichtshof mit einer Vielzahl von im Zusammenhang mit einem Schiffsfonds gerügten vermeintlichen Prospektfehler auseinander und gelangt zum Ergebnis, dass alle gerügten Prospektfehler nicht vorhanden sind.
In diesem Zusammenhang erinnert der Bundesgerichtshof u. a. daran, dass Prospektverantwortliche zwar der spezialgesetzlichen Prospekthaftung unterfallen, sie allerdings dann, wenn sie aufgrund der von ihnen übernommenen Vertriebsverantwortung besonders persönliches Vertrauen gegenüber den Anlageinteressenten in Anspruch genommen haben, den Anlegern gegenüber neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung auch nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB haften können (Rn. 57), wobei er nachfolgend ausführt, wann eine solche Haftung angenommen werden kann (vgl. hierzu Rn. 58 f.; z. B. bei unrichtigen mündlichen Zusicherungen oder wenn der Prospektverantwortliche dadurch einen zusätzlichen Vertrauenstatbestand setzt, dass er entweder selbst den Vertrieb der Beteiligungen an den Anleger übernimmt oder in sonstiger Weise für den von einem anderen übernommenen Vertrieb die Verantwortung trägt.
Hieran anschließend stellt der Bundesgerichtshof u. a. klar, dass der betroffene Prospekt kein falsches Bild von der Berechnung der Nettopool-Einnahmen enthält (Rn. 65). Zudem kläre der Prospekt hinreichend über die mit der Beteiligung eines Fondsschiffs an einem sogenannten Schiffspool verbundenen wesentlichen Umstände und Risiken auf (67). Ferner stellt der BGH klar, dass der Prospekt nicht deswegen unvollständig sei, weil er nicht darüber aufklärt, dass bei einer Veräußerung des Schiffes der bestehende Chartervertrag sowie die Pool-Mitgliedschaft vom Käufer übernommen werden müssten (Rn. 72 f.). Sodann hält der Bundesgerichtshof fest, dass der Prospekt in ausreichendem Maße über die Volatilität der Charterraten aufklärt (Rn. 86 ff.). Weiter führt der Bundesgerichtshof aus, dass der Vorwurf nicht zutrifft, wonach der Prospekt eine falsche Einnahmeprognose und Liquiditätsprognose ausweise, weil über die gesamte Fondslaufzeit eine Liquiditätsreserve in Millionenhöhe vorgehalten werde und somit eine Manipulation der Anleger möglich sei (Rn. 108 ff.). Hieran anschließend legt der Bundesgerichtshof dar, dass bestehende Interessenskonflikte und etwaige Verflechtungen im Prospekt ausreichend dargelegt seien (Rn. 117 ff.). Sodann führt der BGH aus, dass der Prospekt dadurch, dass er einen Hinweis auf die Pflicht enthält, dass bis zum Zeitpunkt einer Insolvenz zugeflossene, nicht gewinngedeckte Ausschüttungen zurückgezahlt werden müssen, einem durchschnittlichen Anleger klar und unmissverständlich auf das Risiko der Anfechtbarkeit von Leistungen hinweist, welche die Fondsgesellschaft vor deren Insolvenz an ihn erbracht hat. In diesem Zusammenhang wird noch festgehalten, dass der Prospekt auch ausreichend auf das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 AGB hinweist (Rn. 136). Schließlich führt der BGH noch aus, dass und aus welchen Gründen der Prospekt das Wechselkursrisiko vollständig und zutreffend wiedergibt (Rn. 138 ff.).
PRAXISTIPP
Vorstehende Entscheidung ist für diejenigen wenigen Kreditinstitute von Interesse, welche sich nach wie vor mit Anlageberatungsfällen und insbesondere mit Schiffsfonds und darin enthaltenen vermeintlichen Prospektfehlern auseinandersetzen müssen. Insofern lohnt sich für solche Institute eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Entscheidung.
Beitragsnummer: 22740