Montag, 23. September 2024

Umfang des Folgenbeseitigungsanspruchs nach § 8 UWG

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In einem Verfahren, in welchem es um die Rückzahlung aufgrund unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen einbehaltener Geldbeträge an die betroffenen Verbraucher ging, hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 11.09.2024, I ZR 168/23, klargestellt, dass dem Kläger, dem Dachverband Deutscher Verbraucherzentralen, ein Beseitigungsanspruch auf Rückzahlung der einbehaltenen Entgelte an die betroffenen Verbraucher gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gem. §§ 3, 3a UWG i. V. m. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nicht zusteht. Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof in seiner Pressemitteilung aus:

„Ein solcher Anspruch steht mit der Systematik des kollektiven Rechtsschutzes nach dem geltenden Recht nicht im Einklang. Der Gesetzgeber hat im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb einen verschuldensabhängigen Gewinnabschöpfungsanspruch zugunsten des Bundeshaushalts und einen ebenfalls verschuldensabhängigen Verbraucherschadensersatz vorgesehen. Im Jahr 2023 hat der Gesetzgeber durch das Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz die Abhilfeklage eingeführt, mit der qualifizierte Verbraucherverbände gegen Unternehmer gerichtete Ansprüche von Verbrauchern auf Leistung geltend machen können. Das sich daraus ergebende Konzept des kollektiven Rechtsschutzes würde durch einen aus § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UWG abgeleiteten verschuldensunabhängigen Beseitigungsanspruch von qualifizierten Verbraucherverbänden unterlaufen, mit dem ein Unternehmer zur Rückzahlung der von ihm zu Lasten einer Vielzahl von Verbraucher einbehaltenen Geldbeträge an die betroffenen Verbraucher verpflichtet werden könnte.“

 

PRAXISTIPP

Es ist sehr zu begrüßen, dass der Bundesgerichtshof, soweit ersichtlich, erstmals Ausführungen zum Umfang des Folgenbeseitigungsanspruchs gemäß § 8 UWG getätigt und insbesondere festgehalten hat, dass der Folgenbeseitigungsanspruch nach §  8 UWG keinen Entgeltrückforderungsanspruch aufgrund unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen einbehaltener oder gezahlter Geldbeträge umfasst (so auch OLG Düsseldorf, Urteil v. 30.03.2023, 20 U 16/22, ZIP 2023, 902, 905, n. rechtskräftig Az. BGH XI ZR 65/23; Schultheiß, WM 2019. 9 ff.; Schultheiß, WuB 2018, 481 ff.; Kruis, ZIP 2019, 393 ff.; Baldus/Siedler, BKR 2018, 412 ff.; Edelmann, in Münchener Anwaltsbuch, Bank- und Kapitalrecht, 3. Aufl. 2024, § 4 Rn. 105 ff.; derselb. in Banken-Times SPEZIAL Bankrecht (BTS) Ausg. November 2023, S. 98 f.). Dies hatten mehrere Instanzgerichte in der Vergangenheit anders gesehen, ohne sich allerdings mit der Problematik ernsthaft auseinanderzusetzen.

Nunmehr bleibt abzuwarten, ob sich auch der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (Bankensenat) bei den bankrechtlichen Entgeltrückforderungsfällen dieser überzeugenden Auffassung des I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs anschließen wird, wovon auszugehen ist.


Beitragsnummer: 22737

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