Montag, 23. September 2024

Notwendige Angaben zur Berechnung der VFE

Carsten Sieper, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Frankfurt a. M.

 

Fortlaufend werden Prozesse um vermeintlich nicht zu leistende Vorfälligkeitsentschädigungen gem. § 502 Abs. 1 BGB geführt. Dabei wird vornehmlich um die Frage hinreichender Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Darlehensvertrag gestritten, da ohne hinreichende Angaben ein Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung gem. § 502 Abs. 1 BGB nicht besteht, § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Betreffend die nötigen Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sieht Art. 247 § 7 Abs. 2 EGBGB unter anderem vor, dass ein Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag klar und verständlich formulierte Angaben zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung enthalten muss, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt. Art. 247 § 7 Abs. 2 EGBGB führt aber einleitend zu den nachfolgend dort genannten weiteren Angaben auch aus „soweit sie für den Vertrag bedeutsam sind”. 

Nun entbrennt nicht selten Streit darüber, wann für den Vertrag bedeutsame Angaben zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung vorliegen. So wird teilweise die Ansicht vertreten, dass Umstände, die wesentliche Parameter der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung grundsätzlich darstellen können, stets in den Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu nennen seien, auch dann, wenn sie im vorliegenden Vertrag mangels Vereinbarung schlicht keine Relevanz haben. Begründet wird dies beispielsweise mit einem angeblichen AGB-Charakter der Angaben.

Konkret entschieden hat nun das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 30.08.2024 (I-14 U 103/23, n. v.) einen Fall, bei dem der Darlehensnehmer die umstrittene Auffassung vertrat, dass Sondertilgungsmöglichkeiten per se wesentliche Parameter der in Grundzügen darzustellenden Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung seien. Er vertrat des Weiteren die Auffassung, dass im konkreten Fall in den Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auch diese Sondertilgungsmöglichkeiten hätten erwähnt werden müssen, auch wenn unstreitig im dortigen Fall solche überhaupt nicht zum Vertrag vereinbart waren.

Das OLG Düsseldorf vertrat auf den Wortlaut des Art. 247 §7 Abs. 2 EGBGB aufbauend jedoch die Auffassung, dass dann, wenn im Einzelfall keine solche besonderen Umstände (konkret: Sondertilgungsrechte) vereinbart sind, jedenfalls dann dazu auch in den Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung keine entsprechende Information nötig sei. Art. 247 §7 Abs. 2 EGBGB fordere nur Angaben, soweit diese für den Vertrag bedeutsam seien. Wenn Sondertilgungsrechte nicht vereinbart sind, können diese nicht für den Vertrag im Sinn der vorbezeichneten Norm bedeutsam sein, so der Senat.

In seiner Entscheidung vom 30.08.2024 führt das Oberlandesgericht Düsseldorf weiter aus, dass die von den Klägern beanstandeten Angabe in dem Darlehensvertrag, dass die Beklagte bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung die „Rendite, die sich aus einer … Wiederanlage der frei gewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt“ zugrunde legt, den Anforderungen an die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung genügt, auch wenn nicht näher erläutert wird, um welche Kapitalmarkttitel es sich genau handelt. 

In diesem Zusammenhang führt das OLG Düsseldorf noch aus, dass es entgegen der Ansicht der Kläger über die gemachten Angaben hinaus keines gesonderten Hinweises auf eine angemessene Begrenzung der Vorfälligkeitsentschädigung bedurfte. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut von § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB, Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB, wonach lediglich die „Berechnungsmethode“ bzw. die „Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung" anzugeben ist.

Schließend hält das OLG Düsseldorf fest, dass die Informationen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auch nicht deswegen unzureichend sind, weil in den Darlehensbedingungen darauf hingewiesen wurde, dass in der der Bank gesetzlich zustehenden Vorfälligkeitsentschädigung eine Kostenpauschale für den mit der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung verbundenen Verwaltungsaufwand einzurechnen ist. Dabei vertritt das OLG Düsseldorf die Auffassung, dass auch nach der Einfügung von § 493 Abs. 5 BGB mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie es sich ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/5922, S. 91, 3. Abs.) bei dem Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung weiterhin um einen schadensersatzrechtlichen Anspruch handelt. Demgemäß könne die Darlehensgeberin alle mit der Schadensentstehung einhergehenden, angemessenen Kosten ersetzt verlangen, weswegen die Darlehensgeberin auch ein angemessenes, ggf. pauschaliertes Entgelt, für den mit der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung verbundenen Verwaltungsaufwand beanspruchen kann. In diesem Zusammenhang stellt das OLG Düsseldorf noch klar, dass dieser Anspruch erst dann entsteht, wenn sich der Darlehensnehmer nach vorangegangener, kostenlos zu erteilende Information gemäß § 493 Abs. 5 BGB und dabei zunächst kostenlos zu berechnender Vorfälligkeitsentschädigung tatsächlich zur vorzeitigen Darlehensrückführung entscheidet.

 

PRAXISTIPP

Der besprochene Beschluss überzeugt und kann als Unterstützung der eigenen diesbezüglichen Rechtsansicht herangezogen werden. Denn es leuchtet ein, dass wenn die Norm des Art. 247 § 7 Abs. 2 EGBGB weitere Angaben für den Vertrag fordert, soweit sie für diesen bedeutsam sind, damit der Gesetzgeber keine Pflicht zur Belehrung über sämtliche denkbaren hypothetischen Konstellationen begründen wollte, sondern eine Pflicht zur Belehrung über die Situation den konkreten Vertrag betreffend (so auch OLG Frankfurt/M., Urteil vom 27.04.2022 – 17 U 107/21, n. v.). Überzeugend sind darüber hinaus auch die zutreffenden rechtlichen Ausführungen des OLG Düsseldorf zu den Angaben zum Wiederanlagezins sowie zur Kostenpauschale.


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