Marcus Michel, Vorstand FCH AG
Abfindungen sind im Arbeitsrecht ein gängiges Instrument zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen, insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen oder Aufhebungsverträgen. Im Bankenbereich unterliegen Abfindungen jedoch besonderen Regelungen, die in der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) festgelegt sind. Diese Verordnung zielt darauf ab, risikoorientierte Vergütungspraktiken zu fördern und Fehlanreize zu vermeiden. Insbesondere die neuen FAQ zur Institutsvergütungsverordnung der BaFin vom Juni 2024 klären wichtige Detailfragen zu Abfindungsregelungen und bieten praktische Leitlinien für deren Anwendung.
Abfindungen im Rahmen der Institutsvergütungsverordnung
Die InstitutsVergV regelt umfassend, wie Banken und Finanzinstitute mit variablen Vergütungen, einschließlich Abfindungen, umgehen müssen. Das Ziel der Verordnung ist es, Vergütungsstrukturen zu schaffen, die risikoadäquat und nachhaltig sind. Dies betrifft sowohl die aktive Bezahlung von Leistungen als auch Abfindungen, die in vielen Fällen als Teil von Aufhebungsverträgen oder Trennungsvereinbarungen gezahlt werden.
Regelungen zu Abfindungen in der InstitutsVergV
Abfindungen werden in der InstitutsVergV als Teil der „besonderen Vergütung“ behandelt. Diese Zahlungen dürfen nicht als Anreiz für ein risikobehaftetes Verhalten dienen. Das bedeutet, dass auch Abfindungen im Einklang mit der Risikostrategie der Bank stehen müssen und keine Fehlanreize für ausscheidende Mitarbeiter setzen dürfen. Besonders bedeutende Institute, die als systemrelevant gelten, müssen strengere Regeln beachten.
Risikoorientierung und Prüfung der Angemessenheit
Die InstitutsVergV fordert, dass Abfindungen auf ihre Angemessenheit geprüft werden. Dies gilt besonders für „Risikoträger“, also Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Position wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil der Bank haben. Abfindungen dürfen nicht zu unverhältnismäßig hohen Beträgen führen und müssen im Einklang mit der langfristigen Interessenwahrung des Instituts stehen. Die Risikoorientierung bedeutet, dass Banken Abfindungen genau dokumentieren und nachweisen müssen, dass diese keine negativen Auswirkungen auf die Risikotragfähigkeit des Instituts haben.
Einfluss der variablen Vergütung auf Abfindungen
Die Höhe und Struktur einer Abfindung kann teilweise von den Regeln zur variablen Vergütung beeinflusst werden. In der Regel müssen variable Vergütungselemente anteilig zurückgestellt und erst nachträglich ausgezahlt werden, um sicherzustellen, dass mögliche Fehlentscheidungen oder Risiken über einen längeren Zeitraum erkannt werden. Bei Abfindungen können ähnliche Mechanismen greifen, wenn variable Vergütungsteile betroffen sind.
Neue BaFin-FAQ zur Institutsvergütungsverordnung
Die FAQ zur Institutsvergütungsverordnung, die im Juni 2024 von der BaFin veröffentlicht wurden, bieten wichtige Klarstellungen zu Abfindungen. Diese neuen Ausführungen sind besonders für Banken relevant, die regelmäßig mit hoch vergüteten Risikoträgern zu tun haben.
Abfindungen als variable Vergütung
Die FAQ stellen klar, dass Abfindungen grundsätzlich als variable Vergütung anzusehen sind, wenn sie in Verbindung mit Leistungen oder vertraglichen Zielvereinbarungen stehen. Das bedeutet, dass auch für Abfindungen die strengen Vorschriften für variable Vergütungen gelten können, wie beispielsweise Zurückstellungen oder Malus- und Clawback-Regelungen.
Angemessenheitsprüfung und Genehmigung
Laut den FAQ müssen Institute sicherstellen, dass Abfindungen angemessen sind und nicht als „Belohnung“ für Risikoverhalten verstanden werden können. Besonders hohe Abfindungsbeträge sind kritisch zu hinterfragen und bedürfen einer sorgfältigen Prüfung. Die FAQ betonen außerdem, dass Institute in bestimmten Fällen eine Genehmigung der Abfindungen durch das Vergütungskontrollgremium einholen müssen, um sicherzustellen, dass die Risikostrategie nicht beeinträchtigt wird.
Clawback-Regelungen
Ein wichtiger Punkt der neuen FAQ ist die Betonung der Clawback-Regelungen. Das bedeutet, dass bereits ausgezahlte Abfindungen unter bestimmten Umständen zurückgefordert werden können, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Empfänger in unerwünschtes Verhalten verwickelt war oder wesentliche Risiken für die Bank verursacht hat. Diese Regelung soll verhindern, dass ausscheidende Mitarbeiter für risikobehaftete Entscheidungen belohnt werden, die sich erst später negativ auf die Bank auswirken.
Praxistipps für den Umgang mit Abfindungen
Die Anforderungen der InstitutsVergV und die neuen BaFin-FAQ machen deutlich, dass Abfindungen sorgfältig gestaltet und geprüft werden müssen. Um rechtliche Risiken zu minimieren und den regulatorischen Anforderungen zu entsprechen, sollten Banken folgende Maßnahmen umsetzen:
Sorgfältige Dokumentation und Risikobewertung
Institute sollten jede Abfindung sorgfältig dokumentieren und eine Risikobewertung vornehmen. Besonders bei Risikoträgern ist es wichtig, die Angemessenheit der Abfindung zu prüfen und nachzuweisen, dass keine Fehlanreize für risikobehaftetes Verhalten geschaffen werden. Eine genaue Dokumentation hilft, im Falle einer Prüfung durch die Aufsichtsbehörden rechtssicher zu agieren.
Implementierung von Malus- und Clawback-Regelungen
Banken sollten sicherstellen, dass ihre Abfindungsregelungen Malus- und Clawback-Klauseln enthalten. Diese Mechanismen ermöglichen es, variable Vergütungen und Abfindungen zurückzufordern, wenn sich nachträglich Risiken realisieren oder Fehlverhalten bekannt wird. Eine solche Regelung ist insbesondere bei hohen Abfindungen oder bei Risikoträgern unerlässlich, um rechtliche und finanzielle Risiken zu minimieren.
Enge Zusammenarbeit mit dem Vergütungskontrollgremium
Eine enge Abstimmung mit dem Vergütungskontrollgremium ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Vergütungspolitik – einschließlich Abfindungen – mit den regulatorischen Vorgaben übereinstimmt. Regelmäßige Schulungen und Workshops zu den neuen Anforderungen der BaFin-FAQ können helfen, das Gremium für diese wichtigen Themen zu sensibilisieren und sicherzustellen, dass Entscheidungen zur Abfindung mit der Risikostrategie des Instituts im Einklang stehen.
Beitragsnummer: 22733