Sascha Sychov, Bereichsleiter IT & Digitalisierung, FCH AG, Heidelberg
Die fortschreitende Digitalisierung und die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) haben tiefgreifende Auswirkungen auf den Finanzsektor. Finanzdienstleister nutzen zunehmend KI-Technologien, um ihre Risikobewertungen zu optimieren und effizientere sowie präzisere Entscheidungen zu treffen[1]. Darüber hinaus ermöglicht das Verständnis der spezifischen Auswirkungen von KI auf diesen Prozess eine gezielte Implementierung der Technologie, um sowohl regulatorische Anforderungen als auch ethische Standards zu erfüllen.
KI ist ein Begriff, der computerbasierte Systeme umfasst, welche in der Lage sind, Aufgaben auszuführen, die traditionell durch die kognitive Funktion des Menschen erledigt werden. Die Ursprünge dieser Technologie lassen sich auf Studien aus den 1950er Jahren zurückführen, welche sich mittlerweile zu anspruchsvollen Bereichen wie maschinellem Lernen (ML), tiefen neuronalen Netzen und Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP) entwickelt haben[2]. Im Finanzwesen hilft KI dabei, große Datenmengen zu lesen und Muster zu erkennen, sodass auf der Grundlage der analysierten Informationen rationale Entscheidungen getroffen werden können[3].
Die Anfänge der KI im Finanzwesen bestanden darin, einfache Aufgaben zu automatisieren, wie z. B. der Einsatz von Robotic Process Automation (RPA) zur Verarbeitung von Kreditkartenanträgen[4]. In solchen Prozessen durchlaufen Kreditkartenanträge normalerweise mehrere Stufen: Überprüfung der Identitätsdaten, Bestätigung der Bonität, Vergleich mit internen und externen Datenbanken und Genehmigung oder Ablehnung[5]. Diese Technologien helfen Kreditinstituten, effizienter zu arbeiten, indem sie Entscheidungen anhand von Analysedaten treffen, die weit über das hinausgehen, was ein menschlicher Analyst umsetzen könnte. Mithilfe von KI können Finanzinstitute bei der Risikobewertung viele verschiedene Arten von Informationen aus unterschiedlichen Quellen nutzen, um Risiken genau zu analysieren.
Solche Systeme helfen bei der Quantifizierung finanzieller Risiken, indem sie Muster und Anomalien in Daten identifizieren[6]. Beispielsweise nutzen Banken maschinelle Lernmodelle, um Muster aus umfangreichen historischen Kundendaten und aktuellen Kontoaktivitäten zu erkennen, die auf ein erhöhtes Risiko für Kreditausfälle hindeuten könnten.
Ein wichtiger regulatorischer Rahmen, welcher die Entwicklung und Anwendung von KI beeinflusst, ist der EU-AI-Act. Dieser Gesetzesvorschlag der Europäischen Union zielt darauf ab, harmonisierte Regeln für die Entwicklung, Vermarktung und Nutzung von KI-Systemen in Europa zu schaffen. Der EU-AI-Act unterscheidet verschiedene Risikostufen für KI-Anwendungen, von minimalen bis hin zu unannehmbaren Risiken, und legt entsprechende Anforderungen fest. Für KI-Anwendungen im Finanzsektor, die als „hochriskant" eingestuft werden können, fordert der EU-AI-Act strenge Anforderungen an Transparenz, Robustheit und ethische Standards. Finanzinstitute müssen sicherstellen, dass ihre KI-Modelle sicher, transparent und diskriminierungsfrei sind. Dies umfasst regelmäßige Audits und die Implementierung von Maßnahmen zur Risikominderung[7]. Der EU-AI-Act stellt somit sicher, dass KI-Anwendungen im Finanzwesen sowohl innovativ als auch verantwortungsvoll eingesetzt werden. Die Integration des EU-AI-Act in die Praxis der Risikobewertung bedeutet für Finanzinstitute, dass sie ihre KI-Modelle kontinuierlich überwachen und anpassen müssen. Dies gewährleistet die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und stärkt das Vertrauen von Kunden und Regulierungsbehörden in die Technologie[8].
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Beitragsnummer: 22723
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