Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In seiner Entscheidung vom 20.02.2024, XI ZB 33/21 (BKR 2024, 536 m. Anm. Zoller), musste sich der Bundesgerichtshof mit den sogenannten Lignum-Fonds auseinandersetzen, deren Inhalt und Gegenstand verkürzt ausgedrückt der Kauf von Edelhölzern ist, die in Bulgarien aufgeforstet und nach einer Laufzeit zwischen 8 und 24 Jahren verkauft werden. Dabei musste der Bundesgerichtshof entscheiden, ob man bei einem Prospekt den Begriff des Totalverlustrisikos wörtlich verwenden muss, um das Totalverlustrisiko dem Anleger ausreichend deutlich vor Augen zu führen, was der Bundesgerichtshof verneinte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist es nämlich ausreichend, wenn dem Anleger durch die Ausführungen im Gesamtkontext des Prospektes deutlich vor Augen geführt wird, dass er einen Totalverlust erleiden kann, wenn das von ihm erworbene Edelholz weder verwertet noch geliefert wird (Rn. 40).
Sodann musste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinandersetzen, ob in den Verkaufsprospekten der Lignum-Fonds die für den Anleger wesentlichen Umstände in Bezug auf das Sicherungs-Pfandrecht ausreichend beschrieben sind, was der Bundesgerichtshof bejahte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes musste dem Anleger nach der Lektüre des Verkaufsprospektes bewusst sein, dass das von ihm erworbene Edelholz in Bulgarien aufgeforstet und durch das sich nach bulgarischem Recht richtende, in einem öffentlichen Register in Bulgarien einzutragende Pfandrecht abgesichert wird. Darüber hinaus sei für den Anleger verständlich in den Verkaufsprospekten klargestellt, dass die mit der Sicherung des Bestandes und der Verwertung des besonderen Pfandrechts beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihren Sitz in Bulgarien hat (Rn. 46). Der Umstand, dass das Pfandrecht ggf. in Bulgarien außergerichtlich und gerichtlich durchgesetzt werden muss, habe, so der BGH, für die Werthaltigkeit der Sicherheit keine Bedeutung. Die Werthaltigkeit des besonderen Pfandrechts bemesse sich vielmehr nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nach den gesetzlichen Vorgaben und einem funktionierenden Register- und Justizwesen, welches nicht substantiiert infrage gestellt worden sei (Rn. 47).
Schließlich stellte der Bundesgerichtshof noch klar, dass die mit der Aufstockung der Edelhölzer verbundenen forstwirtschaftliche Risiken wie etwa mangelnde Eignung der Flächen, Unwetter, Wildverbiss, Schädigungsbefall oder Brandgefahren allgemeiner Natur und daher dem Anleger regelmäßig bekannt seien, weswegen über diese zum Allgemeinwissen gehörende Risiken nicht besonders aufzuklären sei (Rn. 52).
PRAXISTIPP
Es ist zu begrüßen, dass der Bundesgerichtshof klarstellt, dass es einer wörtlichen Wiedergabe des Wortes „Totalverlustrisiko" nicht bedarf, um dem interessierten Kapitalanleger das ihn treffende maximale Verlustrisiko vor Augen zu führen, es vielmehr ausreichend ist, wenn dem Kapitalanleger durch die Ausführungen im Prospekt sein maximales Verlustrisiko deutlich, zutreffend, verständlich und vollständig aufgezeigt wird. Ungeachtet dessen sollte jedoch der Begriff des Totalverlustrisikos sicherheitshalber in jedem Prospekt aufgenommen werden, um nicht das Risiko einzugehen, dass der Bundesgerichtshof in dem dann konkret betroffenen Fall die Erwähnung des Begriffs des Totalverlustrisikos vor dem Hintergrund der sonstigen Ausführungen im Prospekt für zwingend erachtet.
Was wiederum die Werthaltigkeit des Pfandrechts anbelangt, so gelangt der Bundesgerichtshof zwar zum Ergebnis, dass der Umstand, dass das Pfandrecht gegebenenfalls in Bulgarien außergerichtlich und gerichtlich durchgesetzt werden muss, für die Werthaltigkeit der Sicherheit keine Bedeutung hat. Allerdings hat der Bundesgerichtshof auch ausgeführt, dass die Musterklägerin im konkreten Fall die Funktionsfähigkeit der bulgarischen Gerichte sowie das Register- und Justizwesen nicht substantiiert infrage gestellt hatte. Insofern empfiehlt es sich auch hier darauf hinzuweisen, dass auch die außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung der vereinbarten Sicherheiten wie das Pfandrecht im Ausland mit gewissen Risiken verbunden sein kann.
Beitragsnummer: 22708