Thomas Wandel, Director Digital Unit, PS Team ESG GmbH
Prolog
In einer Ära, in der der Klimawandel und nachhaltiges Wirtschaften im Mittelpunkt globaler Diskussionen stehen, wird von Unternehmen erwartet, dass sie nicht nur wirtschaftlich agieren, sondern auch ihre ökologische und soziale Verantwortung ernst nehmen. Besonders für Leasing- und Factoring-Unternehmen stellt sich die Herausforderung, durch effektives ESG-Datenmanagement (Environmental, Social, Governance) ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und transparent zu kommunizieren. Ein zentraler Aspekt dieses Managements ist das CO2-Reporting, welches im Zuge neuer regulatorischer Anforderungen wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) an Bedeutung gewinnt.
Neue regulatorische Rahmenbedingungen
Die CSRD und die ESRS setzen neue Maßstäbe für die Berichterstattung von Nachhaltigkeitsdaten. Diese neuen Anforderungen zielen darauf ab, Unternehmen zu verpflichten, detaillierte und präzise Informationen über ihre Umwelt-, Sozial- und Governance-Praktiken zu veröffentlichen. Besonders im Bereich der Umweltberichterstattung werden Leasing- und Factoring-Unternehmen vor deutlich höhere Anforderungen gestellt. Diese umfassen die detaillierte Erfassung, Verarbeitung und Publikation von Umweltdaten, insbesondere von CO2-Emissionen ihrer Finanzierungen (Objekte bzw. Wirtschaftssektoren). Die Anforderungen sind nicht nur vielfältig, sondern auch technisch anspruchsvoll, da sie eine tiefgehende Analyse der finanzierten Objekte und der damit verbundenen Emissionen verlangen.
Die Herausforderung des CO2-Reportings
Das Thema CO2-Reporting ist komplex, insbesondere wenn es um die Zuordnung und Berechnung von indirekten Emissionen (Scope 3) geht, die durch die Nutzung finanzierter Objekte entstehen. Scope 3-Emissionen umfassen alle indirekten Emissionen, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen, einschließlich der Emissionen, die durch die Nutzung der Leasingobjekte oder finanzierten Projekte verursacht werden. Leasing-Unternehmen müssen hierfür umfangreiche Daten sammeln und analysieren, um die CO2-Fußabdrücke ihrer Leasingobjekte oder finanzierten Projekte präzise zu bestimmen. Dazu zählen Daten über den Lebenszyklus der Objekte, deren Nutzungseffizienz und die jeweiligen Emissionsfaktoren.
Die Herausforderung besteht nicht nur in der Erfassung der Daten, sondern auch in deren Validierung und Verifizierung. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Daten genau und zuverlässig sind, da Fehler in der CO2-Berichterstattung zu erheblichen regulatorischen und reputativen Risiken führen können. Darüber hinaus müssen Unternehmen in der Lage sein, diese Daten in einem verständlichen und transparenten Format zu präsentieren, um den Anforderungen der Prüfer gerecht zu werden.
Datenmanagement als Grundlage
Effektives CO2-Reporting basiert auf einem robusten ESG-Datenmanagement. Die Sammlung und Analyse der Daten erfordern ausgeklügelte Systeme und Prozesse, die in der Lage sind, große Datenmengen aus verschiedenen Quellen zu integrieren und zu verarbeiten. Dazu gehören nicht nur interne Daten, sondern auch solche, die von Kunden, Partnern und aus öffentlichen Datenbanken stammen. Das Datenmanagement muss dabei nicht nur aktuell und präzise sein, sondern auch die Vertraulichkeit und Sicherheit der Daten gewährleisten.
Ein weiterer zentraler Aspekt des ESG-Datenmanagements ist die Integration verschiedener Datenquellen. Unternehmen müssen in der Lage sein, die Daten aus den unterschiedlichen Systemen und Formaten zu konsolidieren, um ein vollständiges Bild ihrer CO2-Emissionen zu erhalten. Dies erfordert nicht nur technologische Lösungen, sondern auch organisatorische Anpassungen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Abteilungen und Stakeholder in den Datenmanagementprozess eingebunden sind.
Anforderungen der THG-Bilanzierung für Objekte
Eine der zentralen Herausforderungen für Leasing-Unternehmen in der Berichterstattung gemäß CSRD ist die Ermittlung der Daten zu den Treibhausgasemissionen der finanzierten Leasing-Objekte. Um die Anforderungen der CSRD für die Treibhausgas (THG)-Bilanzierung erfüllen zu können, ist grundsätzlich der Standard des Greenhouse Gas Protocols (GHG) zu verwenden. Inwiefern eine THG-Bilanzierung gemäß dem Standard der Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF) erfolgen kann, kann aktuell noch nicht abschließend beantwortet werden.
Für die THG-Bilanzierung waren die derzeitigen Datenhaushalte beziehungsweise Objektdatenbanken nur bedingt geeignet, um die erhöhten Anforderungen zu erfüllen. Die Erfassung detaillierter und präziser Daten ist notwendig, um eine vollständige und genaue Bilanzierung zu gewährleisten.
Ganz konkret sind folgende Daten erforderlich, um die THG-Bilanzierung von Leasing-Gesellschaften durchzuführen:
- Produkt: Angaben zum Leasing oder Mietkauf
- Vertragsart: Unterscheidung zwischen Finance Lease und Operating Lease
- Zustand des Objektes: Objekte werden als neu oder gebraucht kategorisiert
- Laufzeit des Vertrages und Abschreibungszeit des Objektes: Informationen über die Dauer des Vertrags und die Abschreibungsdauer des Objekts
- Gewöhnlicher Standort des Objektes: Der Standort, an dem das Objekt typischerweise eingesetzt wird
- Eindeutigkeit der Zuordenbarkeit von Vertrag und Objekt: Sicherstellung, dass jedes Objekt eindeutig einem Vertrag zugeordnet werden kann
- Mit dem Hauptobjekt verbundene Objekte: z. B. Sattelzugmaschinen und Auflieger oder E-/D-Lok und Eisenbahnwaggons
- Objektveränderungen: Informationen über Zugänge, vorzeitige Verkäufe oder Austausch von Objekten
- Vertragsbeginn: Zeitpunkt der Inmietsetzung des Objekts
- Verbrauch pro Einheit: Angaben zu Verbrauchswerten wie Liter pro 100 km/Betriebsstunde, kWh, Laufleistung, Energieeinsatz, Maschinenstunden, Strommix
- Emissionsfaktor: Angabe der Emissionen in g CO2e/kWh oder g CO2e/l
- Schichtbetrieb für das Objekt: Informationen darüber, ob das Objekt im Schichtbetrieb genutzt wird
- Bewertung für die Datenquellen: z. B. Bewertung gemäß den Scores (1–5) gemäß dem PCAF-Standard
Anhand dieser beispielhaften Aufzählung ist ersichtlich, dass die heutigen Systeme, Data Warehouses oder Objektdatenbanken diese Granularität der Daten typischerweise (noch) nicht beinhalten.
Ein strukturiertes ESG-Datenmanagement erfordert die Implementierung neuer Prozesse und Systeme, die in der Lage sind, die erforderlichen Daten in der notwendigen Granularität zu erfassen und zu verwalten. Dies schließt zukünftig die Integration von Telematik-Technologien ein, um Echtzeitdaten über den Energieverbrauch und die Emissionen der Objekte zu sammeln.
Operative Maßnahmen für Leasing-Unternehmen
Die Umsetzung der Anforderungen der CSRD erfordert von Leasing-Unternehmen eine systematische Herangehensweise, insbesondere im Bereich des Datenmanagements. Neben der eigentlichen Umsetzung der Anforderungen ist die Etablierung dauerhafter Reportingprozesse gemäß CSRD unabdingbar.
Erstellung einer ESG-Datenbeschaffungsstrategie
Zunächst müssen Unternehmen eine ESG-Datenbeschaffungsstrategie entwickeln. Diese sollte klare Antworten auf folgende Fragen geben:
- Welche Daten werden wann und von wem zur Verfügung gestellt?
- Wie wird die Datenbeschaffungsstrategie kontinuierlich angepasst?
- Gibt es Mechanismen zur Datenvalidierung?
- Wer ist für die Datensicherheit zuständig?
- Wie werden die Verfügbarkeit, Integrität, Vertraulichkeit und Authentizität der Daten sichergestellt?
Bestandserhebung und Datenbewertung
Eine umfassende Bestandserhebung ist notwendig, um vorhandene und benötigte Daten zu identifizieren. Dies umfasst einen Soll-Ist-Abgleich mit einer Gap-Analyse, um festzustellen, welche Daten (noch) nicht vorhanden sind und wie sie bereitgestellt werden können. Unternehmen müssen klären, wie mit Daten umgegangen wird, die nicht beschafft werden können.
Vorgehen zur Schließung von Datenlücken
Unternehmen müssen festlegen, welche Daten intern ermittelt werden können und wofür externe Dienstleister benötigt werden. Dabei sind die Mindestanforderungen an externe Daten zu definieren und die Kosten für extern beschaffte Daten zu berücksichtigen.
Überprüfung vorhandener Datensysteme
Die Überprüfung und gegebenenfalls die Neuanschaffung und Erweiterung von Datensystemen ist entscheidend. Es muss festgelegt werden, wer in den Anpassungsprozess einbezogen wird und welche Kriterien bei der Entscheidung über die Erweiterung oder Neuanschaffung von Systemen berücksichtigt werden. Besondere Funktionen wie Revision, Compliance und Risikocontrolling spielen hierbei eine wichtige Rolle.
Beachtung regulatorischer Anforderungen
Unternehmen müssen klarstellen, wer für die Erfüllung regulatorischer Anforderungen im Kontext des ESG-Datenmanagements zuständig ist – Risikomanagement oder Nachhaltigkeitsmanagement. Es sind zusätzliche Anforderungen zu beachten, die über Datenmanagement und -qualität (AT 4.3.4 der MaRisk) hinausgehen.
Fachlicher und technischer Aufbau der Datenhaltung
Der Aufbau der Datenhaltung muss eine hohe Performanz und Aktualität der Daten sicherstellen. Eine automatische und digitale Verarbeitung der Daten ohne Medienbrüche ist entscheidend. Unternehmen müssen entscheiden, ob die Konzeption eigenständig über Business Intelligence, Strategieabteilung oder das Nachhaltigkeitsmanagement erfolgt.
Konsistenz der Daten in der internen Steuerung und externen Reporting
Eine hohe Konsistenz der Daten ist für die interne Steuerung und das externe Reporting essenziell. Dies erfordert eine Datenvalidierung und ein Backtesting von Ist- und Plandaten. Unternehmen müssen sicherstellen, dass relevante ESG-Daten aus verschiedenen Quellsystemen erfasst und verarbeitet werden können. Dabei sind Aktualität, Verlässlichkeit, Vollständigkeit, Klarheit und Standardisierung in der Ermittlung entscheidend. Dies erfordert eine hohe Sorgfalt der Datenquellen und die Implementierung von Datenvalidierungs- und Datenqualitätsprüfungen.
Integration und Verantwortung
Leasing-Unternehmen sollten darauf achten, dass unterschiedliche Datenformate und -strukturen vereinheitlicht werden, um eine hohe Integrität der Daten zu erzielen. Es bedarf klarer Zuständigkeiten und Process Owner, um sicherzustellen, dass die in der schriftlich fixierten Ordnung definierten Prozesse auch gelebt werden.
Um ESG-bezogene Analysen und eine konsistente ESG-Berichterstattung durchzuführen, ist eine hohe Datenqualität zwingend erforderlich. Institute müssen sicherstellen, dass relevante ESG-Daten aus verschiedenen Quellsystemen erfasst und verarbeitet werden können. Die Anforderungen an Risikodaten wie Aktualität, Verlässlichkeit, Vollständigkeit, Klarheit und Standardisierung sind auch im ESG-Kontext relevant.
Praktische Umsetzung und Tools
Für die praktische Umsetzung des CO2-Reportings müssten Unternehmen spezialisierte Software und IT-Systeme nutzen, die eine automatisierte Datenerfassung und -analyse ermöglichen. Diese Tools unterstützen bei der Berechnung der CO2-Emissionen, indem sie Daten über den Energieverbrauch und andere relevante Umweltparameter systematisch erfassen und auswerten. Die Einbindung von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen kann hier weiter zur Verfeinerung der Datenanalyse und zur Prognose von Emissionsabbaupfaden beitragen.
Ein Beispiel ist ein solches Tool der PS Team ESG GmbH zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die es Unternehmen ermöglichen, Daten in Echtzeit zu sammeln und zu analysieren. Dieses Tool bietet integrierte Funktionen zur Emissionsberechnung, zur Berichterstattung und zur Erstellung von ganzen CO2-Reportings. Durch die Nutzung dieses Tools können Unternehmen nicht nur ihre CO2-Berichterstattung verbessern, sondern auch ihre gesamte Nachhaltigkeitsstrategie optimieren.
Die Zukunft des CO2-Reportings
Die Anforderungen an das CO2-Reporting werden sich weiter verschärfen, da der regulatorische Druck zunimmt und auch die Erwartungen von Kunden und Investoren steigen. Unternehmen, die frühzeitig in effektives ESG-Datenmanagement und speziell in CO2-Reporting investieren, werden nicht nur regulatorische Risiken minimieren, sondern auch Wettbewerbsvorteile erzielen.
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass das CO2-Reporting ein entscheidender Baustein des ESG-Datenmanagements in Leasing-Unternehmen ist. Durch die konsequente Umsetzung der neuen Anforderungen können diese Unternehmen nicht nur ihre Compliance sicherstellen, sondern auch aktiv zum Klimaschutz beitragen und ihre Marktposition in einer zunehmend umweltbewussten Wirtschaftswelt stärken. Investitionen in Technologien und Prozesse, die eine genaue und transparente CO2-Berichterstattung ermöglichen, sind daher nicht nur eine regulatorische Notwendigkeit, sondern auch eine strategische Chance, um langfristig erfolgreich zu sein.
PRAXISTIPPS
- Entwicklung einer umfassenden ESG-Datenbeschaffungsstrategie: Erstellen Sie eine klare und detaillierte Strategie zur Beschaffung und Verwaltung von ESG-Daten. Definieren Sie, welche Daten benötigt werden, wie und von wem sie erhoben werden sollen und welche Validierungsmechanismen notwendig sind. Dies umfasst nicht nur interne Daten, sondern auch Informationen von Kunden, Partnern und öffentlichen Datenbanken. Ein gut strukturierter Plan hilft, Datenlücken zu identifizieren und zu schließen, und sorgt für die kontinuierliche Anpassung der Datenstrategie an sich ändernde regulatorische Anforderungen.
- Implementierung robuster Datenmanagementsysteme: Investieren Sie in spezialisierte Software und IT-Systeme, die eine automatisierte Erfassung, Analyse und Berichterstattung von ESG-Daten ermöglichen. Nutzen Sie Tools, die Daten aus verschiedenen Quellen integrieren und verarbeiten können, und stellen Sie sicher, dass diese Systeme sowohl aktuell als auch sicher sind. Systeme mit Funktionen zur Emissionsberechnung und zur Erstellung von CO2-Reportings können die Genauigkeit und Zuverlässigkeit Ihrer Berichte erheblich verbessern.
- Schulung und Integration von Mitarbeitern und Stakeholdern: Binden Sie alle relevanten Abteilungen und Stakeholder in den ESG-Datenmanagementprozess ein. Schulungen und klare Zuständigkeiten sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die neuen Prozesse und Systeme effektiv genutzt werden. Klare Kommunikation und die Etablierung von Verantwortlichkeiten (Process Owner) helfen dabei, die Integrität der Daten zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die ESG-Daten konsistent und transparent erfasst und verarbeitet werden.
Beitragsnummer: 22687