Hans-Jürgen Wieczorrek, Firmenkundenberater Sanierung, Kreissparkasse Köln
Unter dem Eindruck der seit 2022 spürbar gestiegenen Inflation in Deutschland hatte die Bundesregierung Hilfe für die Arbeitnehmer zugesagt. Im Rahmen des „Gesetz[es] zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ wurde im dritten Teil des Entlastungspakets vom 03.09.2022 beschlossen, dass die Arbeitgeber ab dem 26.10.2022 jährlich zusätzlich einen Betrag von höchstens EUR 3.000 an ihre Arbeitnehmer steuer- und sozialabgabenfrei zahlen können. Es war ausdrücklich vorgesehen, dass dieser steuerliche Freibetrag auch in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt werden kann. Die Zahlung dieses Betrages war zunächst bis zum 31.12.2024 befristet.
Mit seinem Urteil vom 25.04.2024 hatte der Bundesgerichtshof (AZ IX ZB 55/23) die Frage geklärt, ob die Zahlungen der Inflationsausgleichsprämie pfändbar sind. Der im zugrunde liegenden Fall in abhängiger Stellung beschäftigte Schuldner hatte einen Anspruch auf Zahlung der Inflationsausgleichsprämie von jährlich EUR 1.500, jeweils zum 30.06.2023 und 30.06.2024 zahlbar. Der in die Insolvenz gefallene Schuldner wollte mit Schreiben vom 09.06.2023 bei der gerichtlichen Vorinstanz die Unpfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie feststellen lassen.
Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass die vom Arbeitgeber gezahlte Inflationsausgleichsprämie Arbeitseinkommen und damit pfändbar ist. In Übereinstimmung mit dem vorinstanzlichen Urteil des LG Bielefeld wurden folgende Kernpunkte herausgestellt:
- Die Inflationsausgleichsprämie ist Arbeitseinkommen und nach Maßgabe des § 850c ZPO pfändbar.
- Anders als bei der Energiepreispauschale hat der Gesetzgeber keine Unpfändbarkeit der Prämie angeordnet.
- Mangels Zweckbindung ist die Prämie nicht nach § 851 ZPO unpfändbar.
- Sie stellt keine Erschwerniszulage im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO dar.
- Die Prämie ist Teil des wiederkehrend zahlbaren Arbeitseinkommens.
- Die Pfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie bedeutet keine unbillige Härte im Sinne des § 765a ZPO. Denn aufgrund der regelmäßigen Arbeitseinkünfte des Schuldners und seiner Unterhaltspflichten ist nach der Tabelle zu § 850c ZPO nur die Hälfte der Inflationsausgleichsprämie pfändbar.
Mit Blick auf die allgemeine Entwicklung in den Jahren 2023 bzw. 2024 ist davon auszugehen, dass die bestehende Regelung über den 31.12.2024 hinaus nicht verlängert wird. Insofern besteht bis auf Weiteres nur noch für einen begrenzten Zeitraum die Möglichkeit, Ansprüche auf Zahlung der Inflationsausgleichsprämie zu pfänden. Auch wenn die Erträge mit dem weiteren Zeitablauf schwinden, so können sie durchaus einen kleinen Zusatzertrag für den Gläubiger bedeuten.
Beitragsnummer: 22679