Dr. Anna Izzo-Wagner, LL.M, Partnerin und Rechtsanwältin bei Annerton, Frankfurt am Main[1]
Till Christopher Otto, Rechtsanwalt, bei Annerton, Frankfurt am Main
Dr. Paul Schultess, Rechtsanwalt, bei Annerton, Frankfurt am Main
I. Hintergrund und Status quo
Die EU-Kommission hat am 28.06.2023 ihr umfassendes Gesetzgebungspaket mit dem klangvollen Arbeitsnamen „Financial data access and payments“ vorgestellt.[2] Dieses sieht zum einen eine Totalrevision der europäischen Aufsichtsvorgaben für den Payment-Bereich vor (Third Payment Services Directive – PSD3[3]; Payment Services Regulation – PSR[4]). Andererseits enthält es den Verordnungsentwurf (COM/2023/360 final – im Folgenden: FIDA), welcher ein Rahmenwerk für den Zugang zu Finanzdaten (Framework for Financial Data Access – FIDA) schaffen soll.[5]
1. Aus alt mach neu – von PSD2 zu PSD3 und PSR
Für eine funktionierende Regulatorik innerhalb (inter-)nationaler Rechtspraxen sind in Europa die Europäischen Richtlinien, aufgearbeitet durch die EU-Kommission, von großer Bedeutung. Dabei geriet im Rahmen des Finanzsektors besonders eine Richtlinie in den letzten Jahren immer mehr in den Vordergrund: die zweite Zahlungsdiensterichtlinie (Second Payment Services Directive – „PSD2“[6]).[7] Die PSD2 gibt u. a. klare Regeln für die Nutzung von Zahlungsauslösediensten für das Initiieren von Überweisungen im Onlinebanking oder von Kontoinformationsdiensten zur Abfrage und Auswertung von Kontodaten vor. Jenes Konzept soll nun modifiziert und ersetzt werden. Dies geschieht durch den direkten Nachfolger der PSD2, die PSD3, in Kooperation mit der neuen Verordnung über Zahlungsdienste (PSR). Die bisherige PSD2-Richtlinie soll also in zwei nebeneinanderstehende Regelungen aufgespalten werden; wobei die PSD3 die Aufsicht speziell über Zahlungsinstitute regeln und die PSR aufsichts- und zivilrechtliche Vorgaben für alle Zahlungsdienstleister vorschreiben soll.[8] Zudem sollen die Regelungen für E-Geld in der PSD3 und PSR integriert werden, wodurch die zweite E-Geld-Richtlinie (Second Electronic Money Directive, „EMD 2“)[9] damit aufgehoben werden soll, um so Unklarheiten zwischen E-Geld-Produkten und Zahlungsdiensten zu vermeiden.[10] Den aktuellen Entwürfen zur PSD3 und PSR ging eine geplante Überprüfung der PSD2 voraus, welche im Jahr 2022 durchgeführt wurde.[11] Während dieser Überprüfung konnten Marktteilnehmer ihre Meinung äußern und Änderungsvorschläge einreichen. Die Ergebnisse der Überprüfung zeigten, dass insbesondere folgende Bereiche einer Verbesserung bedürfen: Der Schutz und das Vertrauen der Nutzer in Zahlungssysteme, die Wettbewerbsfähigkeit von Open-Banking-Diensten, die Durchsetzung und Umsetzung in den Mitgliedstaaten sowie der Zugang zu Bankkonten für nicht-bankeninterne Zahlungsdienstleister.[12] Die Vorschläge der Europäischen Kommission zur PSD3 und PSR setzen genau dort an, um entsprechende Verbesserungen zu erreichen.
Während die PSD3 als EU-Richtlinie von den Mitgliedstaaten erst in nationales Recht umgesetzt werden muss, wird die PSR als EU-Verordnung in den Mitgliedsstaaten unmittelbar gelten. Die EU-Kommission wollte durch eine solche Trennung von PSD3 und PSR3 eine einheitliche, fließende Anwendung der Vorschriften sicherstellen.[13] Zudem wollte man dem sog. „Forum Shopping“, bei welchem sich Zahlungsdienstleister das Land mit den für sie günstigsten (Umsetzungs-)Vorschriften aussuchen, entgegenwirken.[14]
2. Von „Open Banking“ zu „Open Finance“
Die mit der PSD2 geschaffenen regulatorischen Grundlagen markieren den Anknüpfungspunkt für FIDA: Im Payment-Bereich wurden mit der PSD2 die Rahmenumstände dafür geschaffen, dass technische Schnittstellen zum Abruf und Austausch von Zahlungsverkehrsdaten eingerichtet und genutzt werden können („Open Banking“).[15] Auf den bereits vorhandenen Open-Banking-Strukturen sollen nun die durch FIDA eingeführten, in ihrer Reichweite viel umfassenderen Open-Finance-Vorgaben zum Austausch von Finanzdaten aufsetzen. [...]
Beitragsnummer: 22674