Tim-Oliver Engelke, Leiter Risikocontrolling und stellvertretende Risikocontrolling-Funktion, Kreissparkasse Düsseldorf.
Sina Wurster, Studentin Duale Hochschule BWL-Bank, Kreissparkasse Freudenstadt
Für die Kreditinstitute ist die Steuerung des zumeist knappen Guts Eigenkapital eine der maßgeblichen Aufgaben. Die Finalisierung des internationalen Reformpakets „Basel III“ sowie die europäische Umsetzung in CRR III ergänzt dieses Spannungsfeld durch verschärfte Eigenmittelanforderungen, sodass den Instituten ein ausgeprägter RWA-Anstieg bevorsteht. Die Neufassungen treten größtenteils zum 01.01.2025 in Kraft, wodurch nur noch wenige Monate für die Vorbereitungen verbleiben.
Um in dieser Entwicklung einem Eigenkapitalengpass in der normativen Perspektive zu begegnen, das Kreditwachstum zu finanzieren und die Rentabilität zu steigern, ist die langfristige Implementierung eines RWA-Steuerungskonzeptes unabdingbar.
Hierfür ist eine zukunftsorientierte Verankerung der Kapitalquoten in der Geschäftsstrategie ein erster zielführender Schritt für die Institute. Ein wichtiger Bestandteil stellt die Schaffung von Transparenz in der Ausgangslage dar, wodurch der RWA-Verbrauch und die jeweiligen Treiber zu identifizieren sind. Im strategischen Planungszeitraum ist es anschließend sinnvoll, ein Ambitionsniveau festzulegen, welches als zukünftiger Maßstab für die verschiedenen Geschäftssegmente dient.
Um diese theoretischen Überlegungen in der Praxis umzusetzen und die strategischen Ziele zu operationalisieren, ist die Anwendung eines risikoorientierten Performancemaßes notwendig. Zur Messung der Rentabilität der jeweiligen Geschäfte werden Erträge bzw. Nettomargen ins Verhältnis zu risikoadjustierten Größen gesetzt. In der EBA-Leitlinie zur Kreditvergabe und -überwachung, welche in die MaRisk 05/2023 übernommen wurden, sind diese Leitungsindikatoren tiefergehend konkretisiert. Während sich die Kennzahl RORAC (Return on Risk-Adjusted Capital) unter Einbeziehung der ökonomischen Perspektive beispielsweise primär für die Optimierung im Eigengeschäft eignet, bietet sich die Steuerungsgröße RORWA (Return on Risk-Weighted Assets) für eine integrierte Volumen- und Margenplanung im Kundengeschäft an (EBA/GL/2020/06, Tz. 203). Entscheidend ist jedoch immer, wo in der Risikotragfähigkeit der primäre Engpass besteht. Der Schnittpunkt dieser Vorgehensweise zur Gesamtbanksteuerung setzt sich aus der Verzahnung von Vor- und Nachkalkulation sowie Mittelfristplanung zusammen.
In der Vorkalkulation ist u. a. die Berücksichtigung der Kapitalkosten sowohl in aufsichtlicher als auch in ökonomischer Hinsicht vorgeschrieben (EBA/GL/2020/06, Tz. 202). Bereits an dieser Stelle ist es darüber hinaus notwendig, eine gezielte RWA-orientierte Bepreisung der Geschäfte unter Einbeziehung des Ambitionsniveaus durchzuführen. Im Zuge dessen sind in diesem Schritt Preisuntergrenzen, bspw. für das standardisierte und großvolumigere Geschäft, zu definieren oder ggf. zu verschärfen. Im Rahmen des Mindestanspruchs entsteht eine risikoadjustierte Bepreisung.
Im Bestandsgeschäft sind lediglich Optimierungen durch Kreditrisikominderungstechniken möglich, wohingegen das Neugeschäft durch Adjustierungen in der Mittelfristplanung passgenau zu allokieren ist. Es gilt, das Volumen weitestgehend nach RWA-Effizienz umzuschichten. Das Maß der Effizienz stellt das festgelegte Ambitionsniveau dar. Ferner trägt ein Anheben der Marge zur Verbesserung des RORWA eines Geschäfts bei. Insbesondere ist dies bei der Fortführung RWA-lastigen Neugeschäfts zu forcieren. Im Bereich des großvolumigen Einzelgeschäfts eignet sich die Steuerungsgröße RORWA zur Sensibilisierung der Auswirkungen auf die RWA-Belastung und die Eigenmittelentwicklung.
Anschließend folgt im Rahmen der Nachkalkulation eine Auswertung des Soll-Ist-Vergleichs. Obgleich bereits eine Parametrisierung in der Vorkalkulation stattfindet, kann z. B. die Vergabe von Sonderkonditionen Einfluss auf das Ertrags-/Risiko-Verhältnis nehmen. Durch die Prüfung der Einhaltung der Steuerungsgröße können bei Fehlentwicklungen frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden. Ein regelmäßiges Reporting der Auswirkungen im Vergleich zur Ausgangslage verdeutlicht die Entwicklung. In einem ganzheitlichen Steuerungskreislauf verbinden sich schlussendlich prozessual die Impulse aus der Nachkalkulation mit den Instrumenten der Vorkalkulation.
Eine aufsichtliche Verpflichtung zur Umsetzung des RWA-Produktivitätsanspruches im Hinblick auf einen Steuerungskreislauf besteht nicht. Die Notwendigkeit resultiert aus der betriebswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit. Je nach Ausmaß eines potenziellen Eigenkapitalengpasses ist eine unterschiedliche Tiefe der Steuerungsgrößen möglich, um verschiedene Handlungsimpulse abzuleiten.
PRAXISTIPPS
- Nutzen Sie die Verfahrensweise des Ambitionsniveaus als Sensibilisierung für RORWA-Effizienz in der Kreditvergabe
- Schaffen Sie eine geeignete regelmäßige Kommunikation zwischen den verschiedenen Schnittpunkten in Ihrem Institut wie z. B. Markt, Controlling und Meldewesen
- Betrachten Sie die Volumens- und Margenplanung im Kundengeschäft integriert aus einer RWA- bzw. RORWA-Perspektive
- Eine verknüpfte und gelebte Vorkalkulation, Ergebnisvorschaurechnung und Nachkalkulation kann konkrete Steuerungsimpulse aus dem Controlling in den Markt übertragen
- Eine transparente und ertragsorientierte Konditionsgestaltung ermöglicht die nachhaltige Stabilisierung der Kapitalquoten
- Legen Sie sich ex-ante auf eine Ziel-Kapitalquote fest – Nur so kann eine RORWA-Planung über verschiedene Planungsperioden sinnvoll umgesetzt werden
Beitragsnummer: 22669