Mittwoch, 20. März 2024

Abgrenzung AGB/unverbindlicher Hinweis

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart


In letzter Zeit müssen sich Gerichte häufig mit der Frage auseinandersetzen, ob es sich bei der im Rahmen der Erfüllung der Pflicht von Kreditinstituten/Sparkassen nach der erst seit dem 31.10.2018 geltenden Fassung der Norm des § 5 ZKG erteilten vorvertraglichen Entgeltinformationen um AGB handelt oder um unverbindliche, nach dem Gesetz geschuldete Hinweise im Vorfeld des Vertragsabschlusses.

Hintergrund hierfür ist, dass eine Vielzahl von Sparkassen von der Schutzgemeinschaft in den Jahren vor Geltung des § 5 ZKG wegen solcher in deren Preis- und Leistungsverzeichnissen oder in deren Preisaushängen enthaltenen Entgelte abgemahnt wurden und die Sparkasse sich gegenüber der Schutzgemeinschaft in den Unterlassungserklärungen dahingehend verpflichtet hatten, bestimmte Entgelte nur mit einer klarstellenden Fußnote in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen und Preisaushängen aufzunehmen, woran sich die Sparkassen bis heute gehalten haben und nach wie vor halten.

Die Sparkassen haben allerdings nach Einführung von § 5 ZKG unter Verwendung der den Kreditinstituten nach §§ 9, 47 Abs. 2 ZKG zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Pflicht von der BaFin zur Verfügung gestellten Muster sowie unter Beachtung der Anwendungshinweise der BaFin zu den von ihr zur Verfügung gestellten Muster, in welchen in Ziffer I Nr.5 ausdrücklich festgehalten ist, dass eine Übertragung von Fußnoten aus dem Preis- und Leistungsverzeichnis in die vorvertraglichen Entgeltinformation nach § 5 ZKG gerade nicht erforderlich ist, den am Abschluss eines Basiskontovertrages interessierten Kunden ihre vorvertraglichen Entgeltinformationen ohne die klarstellenden Fußnoten erteilt, was die Schutzgemeinschaft als Verstoß gegen die von den Sparkassen vor Jahren im Zusammenhang mit den Abmahnungen der Schutzgemeinschaft abgegebenen Unterlassungserklärung ansieht.

Ohne sich tiefergehend mit der Problematik auseinanderzusetzen, haben mehrere erstinstanzliche Gerichte die vorvertragliche Entgeltinformation als AGB qualifiziert und damit zugleich einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung der jeweiligen Sparkassen angenommen (so LG Frankfurt, Urteil vom 24.02.2023, 2- 27 O 238/22; LG Leipzig, Urteil vom 22.09.2023, 08 O 799/23; LG Stuttgart Urteil vom 06.11.2023, 53 O 161/23; LG Hannover, Urteil vom 20.11.2023, 13 O 101/23 sowie LG Osnabrück, Urteil vom 11.01.2024, 7 O 1817/23).


PRAXISTIPP

Auch wenn einige erstinstanzliche Gerichte den AGB-rechtlichen Charakter der Entgeltinformation nach § 5 ZKG bejaht haben, vermag die von den Gerichten diesbezüglich vertretene Rechtsauffassung nicht zu überzeugen. Dies schon deshalb nicht, weil die damals von den Sparkassen abgegebenen Unterlassungserklärungen ausschließlich solche Entgelte im Auge hatten und demgemäß auch nur solche erfasst haben, die in Preisaushängen und Preis- und Leistungsverzeichnissen der Sparkassen enthalten waren/sind und damit nur solche Entgelte, die in verbindlichen Regelwerken enthalten sind, die erst bei Vertragsabschluss vereinbart werden.

Ist dem aber so, dann können die damals von den Sparkassen abgegebenen Unterlassungserklärungen bereits von ihrem Sinn und Zweck sowie der historischen Sichtweise her nicht auch die vorvertragliche Information nach § 5 ZKG umfassen. Dies gilt erst recht, wenn man bedenkt, dass es den § 5 ZKG erst seit Ende 2018 gibt.

Darüber hinaus haben sich sämtliche Instanzgerichte nicht mit der anerkannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auseinandergesetzt, welcher in einem Fall, in welchen eine Versicherung in Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflicht Verbraucherinformationen erteilt hatte, unmissverständlich klargestellt hat:

„Die „Verbraucherinformation“ ist – wovon auch das BerGer ausgeht – bereits nicht Vertragsbestandteil geworden, da sich weder im Antrag noch im Versicherungsschein noch in den Policenbedingungen ein Hinweis darauf findet, dass diese Informationen als Allgemeine Geschäftsbedingungen den Vertragsinhalt mitbestimmen sollen; ein Einbeziehungshinweis i. S. v. § 305 II Nr. 1 BGB fehlt. Grundlage für die Erteilung einer Verbraucherinformation war § 10 a VAG in der vom 28.12.2000 bis 30.04.2002 gültigen Fassung. Danach dient die Verbraucherinformation allein der Unterrichtung des Versicherungsnehmers über die – anderweitig geregelten – für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen und Rechte, dagegen nicht einer abändernden Ausgestaltung jener Regelungen. Es handelt sich folglich nur um eine allgemeine Information, die allenfalls ergänzend zur Interpretation der Vertragsbedingungen herangezogen werden kann, insbesondere soweit diese erläuterungsbedürftig sein sollten. Die Qualität Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist ihr nicht beizumessen,“ (so BGH, Urteil v. 11.07.2012, IV ZR 164/11, Rn. 33).

Ist dem aber so und haben die Sparkassen nichts anders getan als unter Verwendung der von der BaFin zur Verfügung gestellten Muster ihren Kunden die von ihren nach § 5 ZKG geschuldete unverbindliche Entgeltinformation in ordnungsgemäßer Art und Weise erteilt, dann kann ohne Hinzutreten weiterer Besonderheiten in der Art der Gestaltung, der Präsentation sowie dessen Inhalts in dem unverbindlichen Hinweis nach § 5 ZKG keine rechtsverbindliche Allgemeine Geschäftsbedingung gesehen werden.

Für die hier vertretene Auffassung sprechen auch die von der Rechtsprechung zur Abgrenzung unverbindlicher Hinweise/AGB entwickelten Grundsätze. Denn danach liegt eine rechtsverbindliche Vertragsbedingung und damit eine AGB nur dann vor, wenn der allgemeine Hinweis nach seinem objektiven Wortlaut bei einem verständigen und redlichen Vertragspartner den Eindruck hervorruft, es solle damit der Inhalt eines vertraglichen oder vorvertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden (BGH-Urteil vom 09.04.2014, VIII ZR 404/12, Rn. 24).

Legt man diesen Maßstab zugrunde, dann kann unter keinerlei Umständen in der vorvertraglichen unverbindlichen Entgeltinformation nach § 5 ZKG eine in den Vertrag einzubeziehende und den Vertrag regelnde sowie bestimmende Bedingung oder Regelung gesehen werden. Dies schon deshalb nicht, weil für den verständigen und redlichen Partner offenkundig ist, dass die Sparkasse in der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflicht ihm lediglich unverbindliche Hinweise erteilt und nicht der eventuell später noch abzuschließende Vertrag bereits im Vorfeld dessen Abschlusses geregelt oder sonst wie bestimmt wird.

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, müssten sich die Sparkassen auf den „Musterschutz" berufen können. Dies jedenfalls dann, wenn die Sparkassen, wie vom Gesetzgeber gewollt, das BaFin-Muster verwendet haben. Für die hiesige Sichtweise spricht, dass der Bundesgerichtshof bereits in einem vergleichbaren Fall, in welchem das Kreditinstitut, ohne dass es damals eine dahingehende Pflicht bestand, zur Erteilung der Widerrufsbelehrung das damalige „Verordnungsmuster" verwendete und in welchem der Bundesgerichtshof den Kreditinstituten die Berufung auf die Schutzwirkung des Musters zugestanden hat (BGH-Urteil vom 15.08.2012, VIII ZR. 378/11).

Vor dem Hintergrund vorstehender Ausführungen bleibt abzuwarten, ob die vorstehenden instanzgerichtlichen Entscheidungen in den Berufungsinstanzen Bestand haben und hieran anschließend vom Bundesgerichtshof bestätigt werden.

 


Beitragsnummer: 22551

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