Dienstag, 13. Februar 2024

Fit & Proper im neuen EU-Bankenpaket mit CRR III, CRD VI, Enforcement

Neue Anforderungen zur Eignung von Geschäftsleitern, Aufsichtsräten, Schlüsselfunktionen mit fachlicher Begründung zur Positionsbesetzung im neuen Fit & Proper-Reporting

Prof. Dr. Stefan Zeranski, Professor an der Brunswick European Law School (BELS), Gastprofessor für Bankenregulierung an der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe, Bonn

 

Mitglieder von Leitungsorganen und Schlüsselfunktionen müssen in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, mit denen die Sicherheit und Solidität ihres Instituts, ggfs. aber auch des gesamten Bankensektors, gewährleistet werden. Deswegen ist es das erklärte Ziel der Aufsicht, einzelnen Personen, die ein Risiko für den ordnungsgemäßen Betrieb des Instituts darstellen würden, frühzeitig den Eintritt in die Finanzinstitution zu verwehren oder sie bei einem schwerwiegenden Vorfall von der weiteren Ausübung ihrer Funktion abzuhalten.

Das EU-Bankenpaket vom Dezember 2023 stellt alle Leitungs- und Schlüsselfunktionen vor neue Herausforderungen, die deren Fit & Proper-Eignung sowie deren Fit & Proper-Dokumentation betreffen: CRD VI fordert eine konkrete personen- und positionsspezifische Begründung, warum eine Person für die jeweilige Funktion geeignet ist, wozu die dokumentierte Überprüfung der fachlichen Eignung unter Berücksichtigung des Geschäftsmodells sowie der Institutsbesonderheiten gehört. Die BaFin hat diese Anforderungen bereits in drei Fit & Proper-Rundschreiben für die Versicherungswirtschaft übernommen, die sie im Dezember 2023 veröffentlichte.

CRR III stellt erhöhte Fit & Proper-Knowhow-Anforderungen an den Umgang mit Klima- und Umweltrisiken. Die EZB drohte Banken bereits empfindliche Sanktionen an, wozu Strafzahlungen und negative Fit & Proper-Beurteilungen gehören, wenn diese die aufsichtlichen ESG-Erwartungen nicht erfüllen. Die ESAs errichten derzeit ein Fit & Proper-Informationsportal zum Austausch von Fit & Proper-Informationen, um noch früher eingreifen zu können.

Die CRD VI erweitert den Kreis der Schlüsselfunktionen von den internen Kontrollfunktionen auf alle Personen, die einen bedeutenden Einfluss („significant influence“) auf die Führung des Instituts haben. Die Eignung von Inhabern der Schlüsselfunktionen ist von den Instituten zu beurteilen. In großen Instituten werden die Leiter der internen Kontrollfunktionen und der Chief Financial Officer von den Aufsichtsbehörden vorab oder nachträglich beurteilt.

Blicken wir nach Österreich, dann sehen wir dort in den FMA-Jahresberichten über alle Gruppen hinweg eine Vielzahl aufsichtlicher Fit & Proper-(F&P) Prüfungen, die sich auf Geschäftsleiter, Aufsichtsräte und Schlüsselfunktionen beziehen: 418 F&P-Verfahren im Jahr 2019, 598 F&P-Verfahren in 2020, 717 F&P-Verfahren in 2021, 654 F&P-Verfahren in 2022, wobei die Mehrzahl der F&P-Verfahren mittelständische Banken betrifft.

Für Deutschland berichtet die BaFin, dass Institute frühzeitig Kontakt aufnehmen, um Kandidaten vorzustellen. Der SREP fordert zur Governance die sorgfältige interne Prüfung der F&P-Eignung sowie die Sicherstellung der F&P-Eignung mit Nachweisen, insb. zu aktuellen Kenntnissen, was das BaFin-Merkblatt vom 29.12.2020 bereits klarlegte. So überrascht es nicht, wenn die BaFin Kandidaten ablehnt, die zu wenig geprüfte Kenntnisse im Risikomanagement aufweisen.

Das Kreditzweitmarktförderungsgesetz (KrZwMG) vom 29.12.2023 stärkt die F&P-Eingriffsbefugnisse der BaFin. Es sieht die Abberufung von Leitungsorganen vor, wenn diese fachlich nicht geeignet sind, nicht die erforderliche theoretische Sachkunde aufweisen, nicht über angemessene Erfahrung sowie angemessenes Wissen verfügen. Nach einer Verwarnung genügt ein leichtfertiger Verstoß für die Abberufung. Leichtfertigkeit liegt vor, wenn Leitungsorgane und Schlüsselfunktionen relevante regulatorische Neuerungen nicht kennen.

PRAXISTIPPS

Was bedeutet das für Ihr Institut?

(1) Bei schlechter Fit & Proper-Umsetzung wird die Aufsicht Sanktionen aussprechen. Diese betreffen im SREP die Governance sowie das interne Kontrollsystem und bedeuten im Extremfall die Abberufung von Geschäftsleitern, Aufsichts-/Verwaltungsräten und Schlüsselfunktionen, was die CRD VI bei drohenden Schieflagen fordert, um die Solidität des jeweiligen Instituts zu gewährleisten. Die Personalabteilung kann als Impulsgeber z. B. zu den regelmäßigen Fit & Proper-Weiterbildungen helfen, damit es nicht so weit kommt.

(2) Überprüfen Sie den Kreis der Schlüsselfunktionen Ihres Hauses, damit Sie neben den Kontrollfunktionen auch den CFO sowie alle weiteren Personen Ihres Hauses mit hoher Bedeutung („significant influence“) für die Unternehmensführung in die regelmäßigen Fit & Proper-Schulungen zu den regulatorischen Neuerungen einbeziehen. Mit dem erweiterten Kreis der Schlüsselfunktionen eröffnen sich Möglichkeiten zur Förderung von Nachwuchskräften als Teil der F&P-konformen Personalentwicklung. Bitte berücksichtigen Sie F&P auch bei Auslagerungen.

(3) Die kollektive und individuelle Eignung ist laufend sicherzustellen und angemessen detailliert zu dokumentierten. Dazu gehören Nachweise zur Reflexion des neuen Wissens für alle Leitungsorgane und Schlüsselfunktionen. In diesem Kontext hat die BaFin bereits klargestellt, dass „einfache Seminarbesuche“ ohne dokumentierte Reflexion des vermittelten Wissens nicht ausreichen.

(4) Überprüfen Sie das Fit & Proper-Reporting Ihres Hauses, damit darin aussagekräftige personen- und institutsspezifische Begründungen zur Fit & Proper-Eignung der Leitungsorgane und Schlüsselfunktionen enthalten sind, wozu eine frühzeitige Nachfolgeplanung unter Beachtung der aufsichtlichen Fit & Proper-Anforderungen gehört.

(5) Betriebswirtschaftliche Ratio ist bankaufsichtliches Gebot: Banken können mit einer angemessenen Fit & Proper-Umsetzung vielfältige Vorteile realisieren, da sie ihre Geschäftsmodelle mit „richtigem Wissen“ besser an die disruptiven Herausforderungen aus der Digitalisierung und dem Klimawandel anpassen können.


Beitragsnummer: 22496

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