Freitag, 2. Februar 2024

Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung (WpIVergV) gilt ab 12.01.2024

Marcus Michel, Vorstand FCH AG

Die BaFin hat die Wertpapierinstituts-Vergütungsverordnung (WpIVergV) am 11.01.2024 im Bundesgesetzblatt verkündet, sie tritt am Folgetag in Kraft. Sie wurde bereits 2021 zur Konsultation gestellt. Da die für andere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute geltende Institutsvergütungsverordnung (IVV) für Wertpapierinstitute nicht anwendbar ist, kommt der Konkretisierung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungsgestaltung für die Praxis erhebliche Bedeutung zu.

Die WpIVergV gilt grundsätzlich nur für die Vergütung von Risikoträgern mittlerer Wertpapierinstitute i. S. v. § 2 Abs. 17 WpIG. Bei der eigenverantwortlichen Ermittlung ihrer Risikoträger haben Wertpapierinstitute die Kriterien der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2154 heranzuziehen. Die Geschäftsleiter der Wertpapierinstitute gelten stets als Risikoträger (§ 2 Abs. 2 WpIVergV).

Die Vergütungssysteme für Risikoträger haben insbesondere sicherzustellen, dass eine deutliche und transparente Unterscheidung zwischen fixer und variabler Vergütung möglich ist. Anders als in der IVV werden Vorgaben dafür gemacht, wofür fixe und wofür variable Vergütungen gezahlt werden sollen. Die fixe Vergütung hat im Wesentlichen die einschlägige Berufserfahrung und die organisatorische Verantwortung im Unternehmen widerzuspiegeln, wie sie als Teil des Anstellungsvertrags in der Tätigkeitsbeschreibung des Risikoträgers festgelegt ist. Die variable Vergütung hat hingegen die nachhaltige und risikobereinigte Leistung des Risikoträgers sowie die Leistungen widerzuspiegeln, die über die Tätigkeitsbeschreibung des Risikoträgers hinausgehen.

Die Vergütungssysteme müssen außerdem geschlechtsneutral sein.

Ferner muss gewährleistet sein, dass bei der Ausgestaltung der variablen Vergütung von Risikoträgern, die in Kontrolleinheiten tätig sind, keine Interessenkonflikte auftreten und die Vergütung der Risikoträger vorwiegend aus fixen Vergütungsbestandteilen besteht.

Abfindungen werden IMMER als variable Vergütung eingeordnet und Wertpapierinstitute verpflichtet, schriftlich oder elektronisch Grundsätze festzulegen, in denen insbesondere ein Höchstbetrag oder die Kriterien für die Bestimmung der Abfindungsbeträge zu regeln sind. Hinsichtlich der sogenannten „privilegierten Abfindung“ bestehen aber deutliche Unterschiede zur IVV, was massiv in den arbeitsrechtlichen Trennungsprozess eingreift und in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten bei Abfindungszahlungen führen wird.

Es werden – vergleichbar mit den Regelungen in der IVV – Kriterien für die Bemessung der variablen Vergütung vorgegeben. Danach wird die Höhe der variablen Vergütung auf Grundlage der individuellen Erfolgsbeiträge des Risikoträgers, der Erfolgsbeiträge des betroffenen Geschäftsbereichs und des Gesamterfolgs des Wertpapierinstituts ermittelt. Im Hinblick auf die individuelle Leistung des Risikoträgers sind dabei sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Parameter zu berücksichtigen; bei Risikoträgern in Kontrolleinheiten können auch ausschließlich nicht-finanzielle Parameter herangezogen werden.

Der Bemessungszeitraum für die Erfolgsbeiträge hat mindestens ein Jahr zu betragen, während die finale Leistungsbemessung einen „zeitlichen Horizont“ von mehr als einem Jahr umfasst.

Für die endgültige, verbindliche Anwendung besteht für die meisten der im Tagesgeschäft wesentlichen „Kernregelungen“ der WpIVergV (u. a. betreffend die Bemessung von Abfindungen, die Zusage garantierter variabler Vergütung, die Ausgestaltung von Bonuskriterien und Bemessungszeiträumen sowie das Erfordernis einer ex-post-Risikoadjustierung) eine Übergangsfrist bis zum 01.01.2025, ihre Vergütungssysteme an die neuen Vorgaben anzupassen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie mit bestehenden Vereinbarungen umzugehen ist, die nicht im Einklang mit der WpIVergV stehen. Hierzu sieht § 16 WpIVergV (analog § 14 IVV) vor, dass die Wertpapierinstitute darauf hinzuwirken haben, dass nicht regelkonforme Vertragswerke, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie betriebliche Übungen unverzüglich angepasst werden, sofern dies rechtlich zulässig ist. Die Anpassung hat dabei auf Grundlage einer für Dritte nachvollziehbaren fundierten juristischen Begutachtung der Rechtslage und unter Berücksichtigung der konkreten Erfolgsaussichten zu erfolgen. Den Personalabteilungen der betroffenen Wertpapierinstitute kann daher nur dringend geraten werden, eine Analyse der Dienst- oder Arbeitsverträge mit den (aktuellen und neu identifizieren) Risikoträgern vorzunehmen und auch etwaige kollektivrechtliche Regelungen zum Thema variable Vergütung zu überprüfen.

PRAXISTIPPS

  • Die WpIVergV stellt eine deutliche Veränderung der Vorgaben zur Vergütungsgestaltung für mittlere Wertpapierinstitute dar, die trotz einer Übergangsfrist erheblichen Aufwand bedeutet und gerade die „Hinwirkungspflicht“ im Bereich der Arbeitsverträge sollte nicht unterschätzt werden.
  • Inhaltlich lehnt sich die WpIVergV stark an die IVV an, so dass nur punktuell wesentliche Unterschiede zur IVV bestehen – diese sind aber u. a. im Bereich der Abfindungsregelungen von erheblicher Bedeutung.

Beitragsnummer: 22472

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