Montag, 22. April 2024

Multikrisen als Herausforderung für Banken und deren Resilienz

Worauf ist zur Sicherstellung ausreichender Resilienz in einer Zeit unvorhersehbarer Ereignisse (z. B. makroökonomische Unsicherheiten, Zinswende, ESG-Risiken) zu achten?

Stefan Millinger, Bereichsleitung Risikomanagement, Bankhaus Spängler

 

Um auf die Herausforderungen der heutigen Zeit vor Hintergrund der Bewahrung der bankeigenen Resilienz vorbereitet zu sein, sollte man sich der eigenen Handlungsfelder in mehreren Dimensionen bewusst sein. Zu beachtende Dimensionen sind ICAAP, ILAAP, Mitarbeiter und Geschäftsmodell. Naturgemäß ergeben sich in den möglichen Handlungsfeldern von Institut zu Institut erhebliche Unterschiede. Daher sind die folgenden Ausführungen deutlich verallgemeinert.

 

In der Dimension des ICAAP ist die Aktualisierung der Risikoinventur unter Berücksichtigung der institutsspezifischen „Pain Points“ zu beachten. Es ist auch zu berücksichtigen, ob es Auswirkungen auf die Risikodeckungspotentiale gibt. Krisen können aber auch eine Auswirkung auf die ICAAP Governance (z. B. Art und Umfang der Berichterstattung) haben. Nicht außer Acht lassen darf man strategische Festlegungen im Rahmen des Risk Assessment Framework (RAF), die ggf. in einer Krise nicht mehr gültig und womöglich im Rahmen der (Stress-) Szenario-Betrachtung der Mehr-Jahres-Planung nicht ausreichende berücksichtigt worden sind.

 

Bei der Betrachtung des ILAAP ist ggf. eine notwendige Änderung der Liquiditätsplanung von zentraler Bedeutung. Unter Umständen kann sich der Preis für Liquidität krisenbedingt massiv ändern. Auch im Rahmen des ILAAP kommt der Berichterstattung und deren Anpassung an neue Gegebenheiten eine zentrale Bedeutung zu. Zu beachten ist jedenfalls auch das institutsspezifische Kontrahentenlimitsystem und ein etwaiger dortiger Anpassungsbedarf. Krisen können auch einen erheblichen Einfluss auf die Liquiditätsveranlagung eines Kreditinstituts haben (u. a. auf die Durationsteuerung oder Ertragserwartungen an die Eigenveranlagung).

 

Multikrisen beeinflussen zum Teil massiv die Dimension der Mitarbeiter. Beispiele für einen derartigen Einfluss sind ggf. notwendige neue Betriebsvereinbarungen (z. B. Home-Office, neue arbeitsrechtliche Aspekte) sowie vor allem auch Sicherheitsmaßnahmen. Die Bedeutung von Arbeitsflexibilisierung kann durch Krisen deutlich an Fahrt aufnehmen und Organisationen vor neue, komplexe Herausforderungen stellen.

 

Multikrisen können aber auch weitreichende Implikationen für das Geschäftsmodell eines Instituts haben. Hierbei ist es wichtig, die Sicht sowohl auf die Institutsebene als auch die Kundenebene zu richten. Gerade die Kundensicht ist, ob der Heterogenität möglicher Betroffenheiten durch Multikrisen, sehr herausfordernd. Oft genügt hier der bloße Blick auf die Branche nicht. Das macht Portfolioanalysen herausfordernd. Es ist zentral, die Betroffenheit also auf mehreren Ebenen zu analysieren. Fehlende Daten könnten dabei bspw. durch Szenarien oder wohlbegründete Expertenschätzungen ergänzt werden.

 

Auf Institutsebene bietet sich an, u. a. mit Notfalltests und Wiederanlaufplänen zu arbeiten und diese entsprechend in die Prozesse und/oder in die Business Continuity-Planung einzuarbeiten. In dieser Dimension ist es wesentlich, sich mit Risikokonzentrationen und Wirkungszusammenhängen durch entsprechende Datenmigration zu befassen.

 

Multiple Krisen bringen vielschichtige Herausforderungen für die risikobasierte Banksteuerung und neue Anforderungen an die Resilienz eines Institutes. Zur Gewährleistung eben dieser, in Zeiten multipler Krisen und deren unterschiedlicher Wirkung, ist die Kenntnis möglicher Handlungsfelder über mehrere Dimensionen hinweg entscheidend. Es gilt u. a. die gewählten Methoden, Szenarien bzw. Parameter tourlich zu hinterfragen und stetig weiterzuentwickeln.

 


PRAXISTIPPS

  • Implementierung eines integrierten Risk Assessment Framework (RAF) als zentrales Element
  • Aufeinander abgestimmte Ansätze für Stress-, adverse Szenarien und Sanierungsplanung, die logisch und widerspruchsfrei sind
  • Regelmäßiges Hinterfragen – wo endet der Normalzustand und wo beginnt eine Krise? Ist die „normale Aufbau- und Ablauforganisation“ dazu geeignet, die neue Situation zu bewältigen?
  • Regelmäßiges Befassen mit institutsspezifischen Pain Points.

Beitragsnummer: 22440

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