Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In einem Fall, in welchem ein Kreditinstitut den Bürgen ihres Kunden für einen an diesen gewährten und noch nicht zurückgezahlten Kredit in Anspruch genommen hatte und in welchem der Bürge gegen seine Inanspruchnahme u. a. auch Einwendungen des Hauptschuldners und Darlehensnehmers hinsichtlich des Bestands und der Höhe des Anspruchs des Kreditinstituts erhoben hatte und bei welchem das Berufungsgericht entschieden hatte, dass der Erhebung der Einwendungen § 676b Abs. 2 BGB entgegenstünde, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 11.07.2023, XI ZR 111/22 (WM 2023, 1638 ff.) festgehalten, dass § 676b Abs. 2 Satz 1 BGB nur Einwendungen umfasst, mit denen sich der Bürge auf eine fehlende Autorisierung der Zahlungsvorgänge beruft. Einwendungen, mit denen der Bürge wiederum geltend macht, dass die vom Kreditinstitut als Darlehensgeberin beanspruchten Gebühren-, Zins- und Provisionsansprüche nicht oder nicht in der geforderten Höhe feststehen, würden daher nicht unter § 656b Abs. 2 BGB fallen. Hierbei beruft sich der Bundesgerichtshof sowohl auf den Wortlaut des § 676b Abs. 2 Satz 1 BGB als auch auf Sinn und Zweck der Vorschrift (Rn. 24–26). Dies gilt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn Zahlungsdienstleister und Zahlungsempfänger identisch sind (Rn. 27).
Soweit die Einwendungen von § 676b Abs. 2 BGB umfasst sind, muss sich der Bürge nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die vom Zahlungsdienstnutzer als Hauptschuldner nicht beanstandeten unautorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgänge gegen sich gelten lassen, wenn die Ansprüche und Einwendungen des Hauptschuldners wegen Fristablauf nach § 676b Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeschlossen sind (Rn. 29–31).
Bleibt wiederum der Zahlungsdienstnutzer nach einem nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang untätig, so stellt dies nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch keinen Verzicht i. S. v. § 768 Abs. 2 BGB dar. Dies deshalb, weil die Untätigkeit des Zahlungsdienstnutzers auf einen nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang nicht als rechtsgeschäftlichen Verzicht auf eine Einrede i. S. v. § 768 Abs. 2 BGB angesehen werden kann (Rn. 32–34).
Schließlich hält der Bundesgerichtshof fest, dass die vom Zahlungsdienstleister gemäß § 676b Abs. 2 Satz 2 BGB zu erbringende Unterrichtung des Zahlungsdienstnutzers bei einem Zahlungsdienstrahmenvertrag gemäß Art. 248 § 7 EGBGB als Mitteilung zu erfolgen hat. Dies bedeutet, dass der Zahlungsdienstleister die erforderlichen Informationen von sich aus übermitteln muss, ohne dass der Zahlungsdienstnutzer diese anfordert. Ein bloßes Zugänglichmachen der Informationen reicht wiederum nur dann aus, wenn dies der Zahlungsdienstnutzer und der Zahlungsdienstleister gemäß Art. 248 § 10 EGBGB vereinbart haben, was im konkreten Fall das Berufungsgericht nicht festgestellt hatte (Rn. 41).
PRAXISTIPP
Aufgrund vorstehender BGH-Entscheidung steht nunmehr fest, dass die 13-monatige Ausschlussfrist des § 676b Abs. 2 Satz 1 BGB nur die Einwendungen umfasst, mit denen sich der Betroffene auf eine fehlende Autorisierung der Zahlungsvorgänge beruft. Zudem steht fest, dass der Einwendungsausschluss des § 676b Abs. 2 Satz 1 BGB auch gegenüber dem Bürgen wirkt, und dass § 768 Abs. 2 BGB nicht auch bei Untätigkeit des Zahlungsdienstnutzers auf einen nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang Anwendung findet. Schließlich steht fest, dass eine Mitteilung i. S. v. Art. 248 § 7 EGBGB nur dann vorliegt, wenn eine Informationsübermittlung erfolgt. Ein bloßes Zugänglichmachen reicht hierfür wiederum nicht aus.
Beitragsnummer: 22306