Tom Hartung, Financial Services, InterSystems
Die Krisen der letzten Jahre haben die Finanzdienstleister gezwungen, ihre Prozesse und Services zu digitalisieren – etwa die Kontoeröffnung oder das kontaktlose Bezahlen. Auch Künstliche Intelligenz (KI) kommt in der Branche zunehmend zum Einsatz. Das zeigt die Studie „State of AI in Financial Services: 2023 Trends“ des KI-Computing-Spezialisten NVIDIA. Demnach will fast jeder zweite Finanzdienstleister in Nord-, Mittel- und Südamerika sowie Europa seinen Umsatz mithilfe von KI um mindestens zehn Prozent steigern. Die Unternehmen versprechen sich vom Einsatz der Technologie u. a. ein genaueres Risikomanagement, eine herausragende Customer Experience sowie mehr Effizienz bei geringen Betriebskosten.
Mit 26 % der Nennungen besonders gefragt sind laut Studie KI-Funktionalitäten wie die Verarbeitung natürlicher Sprache und große Sprachmodelle. Für sehr relevant halten die rund 500 befragten Finanzexpertinnen und -experten auch KI-basierte Empfehlungssysteme/Next-Best-Action im Marketing und die KI-gestützte Portfolio-Optimierung (jeweils 23 % der Nennungen), gefolgt von der Betrugserkennung mithilfe von KI (22 %). Etwa die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass künstliche Intelligenz dazu beitragen kann, den Jahresumsatz ihrer Unternehmen um mindestens zehn Prozent zu steigern. Und mehr als ein Drittel erwartet, dass der KI-Einsatz einen nennenswerten Beitrag zur Kostensenkung leisten wird.
Veraltete IT-Systeme und Analyseanwendungen
Die Hoffnungen, die die Branche in die Technologie setzt, sind nachvollziehbar. Viele Finanzdienstleister haben jedoch nach wie vor Schwierigkeiten, die richtigen Informationen aus ihren großen Datenmengen zu ziehen. Die traditionellen Methoden der Datenverwaltung und Analyse reichen hierfür nicht mehr aus. Auch die veralteten IT-Umgebungen in vielen Banken erschweren den Zugriff auf Daten. Durch Zukäufe und organisches Wachstum sowie durch den Weiterbetrieb von Altsystemen sind heterogene IT-Landschaften entstanden, die zu Inkompatibilitäten und Datensilos geführt haben. Vielerorts sind die Daten über verschiedene Abteilungen verstreut, dadurch ist es schwer, schnell benötigte Informationen zusammenzustellen. Auch eine saubere Datenbasis fehlt häufig. Viele Prozesse laufen nach wie vor manuell ab.
Eine umfassende und vollständige Übersicht über alle Daten, die die wirtschaftliche Gesamtlage einer Bank sowie die Kundensituation widerspiegelt, ist jedoch fundamental für zuverlässige Analysen und belastbare Berichte. Denn auch KI benötigt eine saubere Datenlage. Nur dann sind die Algorithmen in der Lage, Muster und Zusammenhänge zu erkennen und befähigen Finanzdienstleister dazu, ihre Daten effektiv zu analysieren und wertvolle Erkenntnisse daraus abzuleiten. Auf dieser Basis können sie bessere Entscheidungen treffen, Risiken minimieren und die Kundenerfahrung verbessern.
Vereinfachte Analysen mithilfe ganzheitlicher Plattformen
Die Entwicklung, Implementierung und Wartung von echtzeitbasierten, datenintensiven Analyseanwendungen lässt sich mit einer innovativen Datenplattform vereinfachen. Damit können Data Scientists die Daten, die sie für die Erstellung und Abstimmung präziser KI-Modelle und deren Einbindung in Echtzeitgeschäftsprozesse benötigen, schneller erfassen, integrieren und normalisieren. Hinzu kommen flexible Möglichkeiten, die Daten zu transformieren und auf diese Weise die semantischen und Modellunterschiede zwischen Datenquellen, Anwendungen und Services zu überwinden. Ein weiterer Vorteil einer solchen Plattform: Sie legt sich über vorhandene Datensilos und verbindet diese in einer Single Source of Truth. Auf diese Weise lässt sich die bestehende Infrastruktur weiter nutzen („No Rip and Replace“). Die Funktionen für die Datenvorverarbeitung, die KI-Modellierung und die KI-Konfiguration sowie die nahtlose Einbindung der KI-Modelle in die Business-Prozesse sind bestenfalls bereits integriert. Dadurch wird vermieden, dass Daten dupliziert oder zwischen verschiedenen Anwendungen hin und her geschoben werden müssen. Verfügt eine Datenplattform allerdings über entsprechende Interoperabilität, so lassen sich jedoch auch KI-Modelle aus externen Anwendungen von Drittanbietern einfach anbinden.
Datenplattformen mit integrierten KI- und ML-Funktionen können Muster und Anomalien auch in großen Datenbeständen erkennen. Damit eignen sie sich perfekt für Anwendungsbereiche im Finanzwesen, in denen es auf schnelle Reaktionen ankommt – etwa auf Ereignisse, Transaktionen oder Benutzeraktionen. Auch Modelle zur Betrugserkennung sind häufig in Systeme zur Echtzeitverarbeitung von Kreditkartentransaktionen integriert, um betrügerische Aktivitäten schnell erkennen und stoppen zu können.
Fazit
Mit einer KI-gestützten Datenmanagement-Plattform können Finanzdienstleister echtzeitbasierte, datenintensive Analyseanwendungen leichter entwickeln und bereitstellen. Dabei helfen spezielle Funktionen bei der Vorverarbeitung von Daten für die KI-Modellierung und -Konfiguration sowie bei der Einbindung der Modelle in Echtzeit-basierte Geschäftsprozesse. Damit entfällt die Notwendigkeit, verschiedene Technologien zu implementieren und zu integrieren. Die Folge: Die Entwickler benötigen weniger Code, es werden weniger Systemressourcen beansprucht, und es fallen weniger Wartungsaufgaben an. Banken und Versicherer können innovative Dienstleistungen auf Basis von KI und Big Data bereitstellen, neue Umsatzquellen erschließen, Kundenerlebnisse verbessern und Geschäftsprozesse optimieren. All das verbessert letztlich den Return on Investment (ROI) und führt zu einer beschleunigten Wertschöpfung und Wettbewerbsvorteilen.
PRAXISTIPPS
- Definieren Sie den aktuellen Status quo, und legen Sie fest, was mit der Datenmanagement-Lösung erreicht werden soll und für welche Bereiche Sie KI-Unterstützung benötigen.
- Klären Sie, ob Sie Ihre bestehenden Systeme beibehalten oder in eine völlig neue Umgebung investieren wollen. Letzteres ist allerdings aufwändig und kostenintensiv.
- Sofern Sie sich derzeit mit dem Thema Datenmanagement, Analysefunktionen und KI beschäftigen, empfehlen wir Ihnen den „Value Index for Data Platforms 2023“ von Ventana Research als Lektüre.
Beitragsnummer: 22245