Mittwoch, 19. April 2023

Treuwidrige Kündigung eines Darlehensvertrags

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart/WissMit. Carla Löchel

In einem Falle hatte ein Kreditinstitut ein Teilzahlungsdarlehen wegen rückständiger Darlehensraten nach § 498 Abs. 1 BGB wirksam gekündigt. Als das Kreditinstitut wegen Ihrer Forderung aus dem gekündigten Darlehen aus der ihr zur Sicherung dieses Anspruchs eingeräumten Grundschuld die Zwangsvollstreckung betrieb, erhob die Darlehensnehmerin vor dem Landgericht Aachen Vollstreckungsabwehrklage. Zur Begründung führte die Darlehensnehmerin aus, das Kreditinstitut habe den Übererlös aus dem von ihr, der Darlehensnehmerin, initiierten Verkauf ihrer Immobilie erzielten Kaufpreis in Höhe von ca. 65.500,00 € statt zum Ausgleich der rückständigen Raten aus dem streitgegenständlichen Darlehen eigenmächtig und ohne Rücksprache mit ihr nach freiem Ermessen willkürlich als Sondertilgung für ein anderes Darlehen verwendet, was wiederum dazu führte, dass sie, die Darlehensnehmerin, über keinerlei ausreichendes Vermögen mehr verfügte, um ihre Darlehensraten in Bezug auf das streitgegenständliche Darlehen zu begleichen. Insofern habe das Kreditinstitut als Darlehensgeberin die Voraussetzungen für ihre Zahlungsunfähigkeit selbst herbeigeführt und verschuldet und damit die Ursache für den Ratenrückstand gesetzt.

In seinem Urteil vom 20.12.2022, 10 O 137/22 (BeckRS 2022, 42264 mit Anmerkung Rösler/Lang, BKR 2023, 191 f.) gibt das Landgericht Aachen der Vollstreckungsabwehrklage der Darlehensnehmerin statt. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass dann, wenn die Bank den Kunden durch rechtswidrige Verbuchungen von Sicherheitserlösen in die Zahlungsunfähigkeit treibt, sich die Bank auf ein auf dieser Zahlungsunfähigkeit beruhenden Kündigung nach § 498 Abs. 1 BGB nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht berufen könne.

 

PRAXISTIPP

Vorstehende Entscheidung darf nicht verallgemeinert werden. Denn im konkreten Fall hatte die Bank jedenfalls ausweislich des Tatbestandes des Urteils des Landgerichts Aachen ohne Absprache mit der Darlehensnehmerin nach eigenem Gutdünken einen Übererlös rechtswidrig so verbucht, dass es der Darlehensnehmerin mangels ausreichenden Vermögens nicht mehr möglich war, ihren Ratenzahlungsverpflichtungen nachzukommen. Damit hat die Bank die Ursache für den Ratenrückstand selbst durch rechtswidriges Verhalten herbeigeführt.

Soweit das Landgericht Aachen zwischen den Zeilen den Eindruck erweckt, dass sich allein durch das Nichtanbieten einer Ratenreduzierung oder durch das Nichtanbieten einer Stundung eine Kündigungssperre nach § 242 BGB ergeben könnte, so kann dem nicht gefolgt werden. Denn ein Darlehensgeber ist für gewöhnlich nicht verpflichtet, von sich aus seinem Darlehensnehmer eine Stundung oder eine Ratenreduzierung anzubieten.


Beitragsnummer: 22113

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