Montag, 3. April 2023

Update Arbeitsrecht für das 1. Quartal 2023

Familienstartzeit, Höchstbetragsregeln in Sozialplänen, Hinweisgeberschutzgesetz

Marcus Michel, Vorstand FCH Gruppe AG

10 Arbeitstage Familienstartzeit – in Ergänzung zur Elternzeit

Wenn ein Kind auf die Welt kommt, soll der Partner der Frau zwei Wochen bezahlt frei nehmen können. Wer sich bislang nach der Geburt frei nehmen wollte, musste dafür Urlaub einreichen oder Elternzeit beantragen.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die entstehenden Kosten nicht die Arbeitgebenden tragen, sondern sie sollen durch ein Umlageverfahren finanziert werden. Arbeitgebende erhalten mit Aufwendungen für den Partnerschaftslohn einen Erstattungsanspruch. Arbeitgebende sollen laut dem Gesetzesentwurf einen Erstattungsanspruch für die Lohnfortzahlungen erhalten. 

Ergänzende Sozialplanabfindung für Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung – Verstoß der Höchstbetragsregelung gegen Gleichbehandlungsgrundsatz

Vereinbaren die Betriebsparteien in einem Sozialplan für Beschäftigte mit Schwerbehinderung grundsätzlich eine zusätzliche Abfindung, die aber bei älteren Beschäftigten mit Schwerbehinderung wegen einer zugleich getroffenen Höchstbetragsregelung faktisch nicht ausgezahlt wird, verstößt dies nach Meinung des BAG (Urteil vom 11.10.2022 – 1 AZR 129/21) gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Höchstbetragsklausel sei, soweit sie sich auf den zusätzlichen Abfindungsanspruch erstrecke, wegen Verstoßes gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 BetrVG unwirksam. Zwar könnte eine Ungleichbehandlung, die durch Höchstbetragsklauseln entstehen kann, grundsätzlich durch den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit und den begrenzten Sozialplanmitteln gerechtfertigt werden. Erstrecke sich jedoch die Höchstbetragsklausel auf zusätzliche Abfindungen für Beschäftigte mit Schwebehinderung, benachteilige die Klausel ältere Beschäftigte mit Schwerbehinderung unangemessen gegenüber jüngeren. Das Risiko der älteren Beschäftigten, nach dem Verlust des Arbeitsplatzes keine Anschlussbeschäftigung zu finden, sei im Allgemeinen allerdings größer als bei Jüngeren. Zudem würden sich in der Regel mit zunehmendem Alter auch die unabweisbaren Aufwendungen, denen Beschäftigte mit Schwerbehinderung im Zusammenhang mit ihren Einschränkungen ausgesetzt seien, erhöhen. Die Ungleichbehandlung könne daher nicht gerechtfertigt werden.

Update zum Hinweisgeberschutzgesetz

Der Bundesrat hat am 10.02.2023 das Hinweisgeberschutzgesetz gestoppt, mit dem die europäische Whistleblower-Richtlinie (RL (EU) 2019/1937) in Deutschland umgesetzt werden sollte. Das noch im Dezember vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz fand im Bundesrat, insbesondere von den CDU/CSU geführten Bundesländern, keine Zustimmung.

Maßgeblicher Kritikpunkt war, dass der vorliegende Gesetzesentwurf weit über die EU-Vorgaben hinausgeht, da der sachliche Anwendungsbereich erheblich ausgedehnt und die Einrichtung einer internen Meldestelle, die auch zur Entgegennahme anonymer Hinweise verpflichtet ist, zwingend vorgegeben wird. Dies führe gerade für kleine und mittlere Unternehmen zu einer erheblichen bürokratischen Mehrbelastung.

Damit scheiterte bereits der zweite Regierungsentwurf zur Umsetzung der europäischen Whistleblower-Richtlinie in Deutschland und das bereits eingeleitete förmliche EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland geht in die nächste Runde. Denn die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland und sieben weitere Mitgliedstaaten (Tschechien, Estland, Spanien, Italien, Luxemburg, Ungarn und Polen) vor dem EuGH zu verklagen, weil diese Länder die Richtlinie nicht vollständig umgesetzt und die Umsetzungsmaßnahmen nicht mitgeteilt haben.

Die Zustimmung des Bundestages zum Hinweisgeberschutzgesetz 2.0 erfolgte aufgrund einer Stel­lungnahme des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 27.03.2023 nun doch nicht am 30.03.2023. Möglicherweise kommt das Hinweisgeberschutzgesetz mit Ausnahme der zustimmungs­pflichtigen Reglung für die Landesbeamten aber dennoch schnell zu einem Abschluss. Da für betrof­fene Unternehmen die ursprüngliche Übergangsfrist von drei auf einen Monat verkürzt wurde, be­steht akuter Handlungsbedarf, ein entsprechendes Meldesystem im Unternehmen zu verankern.


Beitragsnummer: 22088

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