Mittwoch, 22. März 2023

Betrug am Telefon – jeden kann es treffen!

Straftaten via Telefon kommen in immer häufigeren und größeren Wellen. Wie gehen die Betrüger vor und was können wir dagegen tun?

Till Brutzer, Stellvertretender Geldwäschebeauftragter, Mitarbeiter der Complianceabteilung der Sparkasse Freiburg – Nördlicher Breisgau

 

In den Medien liest man immer wieder von den dreisten und leider sehr erfolgreichen Telefonbetrügern. Doch wer sind sie wirklich und was macht sie so erfolgreich? Was können wir in der Betrugsprävention dagegen tun? 


Organisation und Vorgehen der Betrüger

Bei den immer wiederkehrenden Wellen der betrügerischen Anrufe handelt es sich um organisierte Kriminalität. Diese wird aus professionell agierenden Callcentern gesteuert, die sich oft in der Türkei oder Polen befinden. Es geht also nicht um Einzeltäter, sondern teils sehr große, bandenmäßige Strukturen. Die Beteiligten gehen diesen „Aufgaben“ hauptberuflich nach. Grundsätzlich werden drei Beteiligte unterschieden:  

Der Keiler: Er ruft das Opfer an und stellt einen ersten Kontakt her. Wird der Anruf angenommen und kann der Eindruck eines seriösen Anrufs vermittelt werden, beginnt er mit seiner Geschichte.

Der Logistiker: Er unterstützt den Keiler, indem er das Telefonat verfolgt und Kontakt zum Läufer hält.

Der Läufer: Der Läufer, der Name sagt es, ist derjenige, der tatsächlich mit dem Opfer zusammentrifft und Geld oder Wertsachen in Empfang nimmt. Er wird den Kontakt dabei so kurz wie möglich halten und den Übergabeort sofort verlassen. 

Die Betrüger gehen nach bestimmten Mustern vor. Oft werden ganze Straßenzüge in Städten/Gemeinden ausgewählt und systematisch abtelefoniert. Die Betrüger beziehen in den allermeisten Fällen die von ihnen angerufenen Telefonnummern aus Telefonbüchern (Das Örtliche). Hierbei fixieren sie sich auf Namen, die nach der Generation 60+ klingen. Die Keiler sprechen akzentfrei Deutsch und sind technisch perfekt ausgestattet. Sie nutzen alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wie zum Beispiel das call ID spoofing, bei dem dem Opfern jede beliebige Nummer (die 110 der Polizei) ins Display gespielt werden kann. Sie sind auch psychologisch geschult und können die Schwachstellen der Opfer gut erkennen und ausnutzen. 

Die Läufer werden vorher dorthin geschickt. Führt ein Anruf bei einem Opfer zum Erfolg, kann die Beute sehr schnell abgeholt werden. Die Chance des Opfers wird so minimiert. Es hat keine Zeit, nachzudenken. 

Bei allen derartigen Straftaten ist es das Ziel der Anrufer, die natürlichen Instinkte der Opfer anzusprechen. Es wird Angst, Stress, Gier oder auch Mitgefühl erzeugt. Durch ständige Anrufe wird verhindert, dass das Opfer die Situation reflektiert oder mit anderen Personen spricht. Eine objektiv unrealistische Situation wird so als glaubhaft wahrgenommen. 

 

Bekannte Betrugsarten

Der „konventionelle“ Enkeltrick ist zwischenzeitlich durch den Schockanruf fast ersetzt worden. Ein Beispiel für den typischen Start finden Sie hier: https://www.youtube.com/watch?v=Nvk8G3HNdmw

Nach der kurzen Schilderung der Angehörigen, dass ein schlimmer Unfall passiert sei, wird das Telefon sofort an die „Polizei“ oder den „Staatsanwalt“ übergeben. In meiner Praxis habe ich mit Kunden gesprochen, die völlig überzeugt waren, dass sie tatsächlich mit einer Angehörigen gesprochen haben. Daran lässt sich ablesen, wie schnell das logische Denken durch den Stress eingeengt wird. 

Natürlich kommt auch weiterhin der typische Enkeltrick vor. Dieser beginnt fast immer mit der Frage, ob man wisse, wer am Telefon sei. Auch der falsche Polizist wird nach wie vor vorgespielt. Bei dieser Masche werden Opfer von der „Polizei“ informiert, dass in der Nähe Einbrecher gefasst wurden. Ein Bandenmitglied sei entkommen. Auf einer sichergestellten Liste sei auch die eigene Adresse als Einbruchziel genannt. Am Ende wird angeboten, vorhandene Wertsachen und Bargeld durch die „Polizei“ in Sicherheit bringen zu lassen. 

Seltener, doch für die Opfer besonders belastend, ist das sog. Lovescamming (oder Romance Scam). Ein Betrüger kontaktiert das Opfer über soziale Medien oder Dating-Plattformen. Es wird, teils über lange Zeit, eine emotionale Beziehung aufgebaut. Die Opfer berichten später von „ihrem Partner“, obwohl es nie einen persönlichen Kontakt gab. Im Verlauf bitten die Betrüger um Geld für eine medizinische Behandlung oder Flugtickets, um den „Partner“ endlich besuchen zu können. Natürlich soll das Geld umgehend zurückgegeben werden, das eigene Vermögen sei nur gerade langfristig angelegt. 

Zunehmend bedienen sich die Betrüger auch Möglichkeiten wie WhatsApp und spielen darüber einen Angehörigen mit neuem Handy vor. Das Opfer wird dann wegen einer dringenden Zahlung um Hilfe gebeten. 

Die Reihe lässt sich vielfältig fortführen. Die Betrüger sind kreativ und stellen sich sofort auf neue Gegebenheiten (Corona) ein. 

   

PRAXISTIPPS 

  • Erste Pflicht einer Bank sollte es sein, die Mitarbeiter über die Maschen zu informieren. Wann sollte man besonders aufmerksam werden? Wird ein untypisch hoher Betrag verfügt, ist der Kunde sehr nervös, unter Zeitdruck, hat vielleicht das Handy sogar auf dem Schalter abgelegt? In diesem Moment wäre es angebracht, den Kunden über die bekannten Betrugsmaschen zu informieren und Hilfe anzubieten. Soll vielleicht der betroffene Angehörige jetzt angerufen werden? Es besteht keine Pflicht zu einer Information, ggf. lassen wir uns jedoch unterschreiben, dass der Kunde informiert wurde. 
  • Ein guter Kontakt zur Polizei ist ungemein hilfreich. Wir pflegen diesen sowohl zur Prävention wie auch zu den Finanzermittlern, teils bestehen auch spezielle Ermittlungsgruppen zu Telefonstraftaten. Außerdem stellt die Polizei Broschüren zur Verfügung, die den Kunden mitgegeben werden können. Tipps finden Sie hier: https://www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/betrug/
  • Zumindest manchmal lassen sich die Taten durch die GWG-Software erkennen. Es ist allerdings teils mühsam, die Kunden zu überzeugen, dass sie betrogen werden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.

Beitragsnummer: 22047

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