Dienstag, 24. Januar 2023

Paradigmenwechsel in der 7. MaRisk-Novelle – auch bei der Bewertung

Immobilienbewertung im Kreditgeschäft nach der Verweismethode – ESG-Risiken immanent zu beachten

Karsten Schröter, HypZert CIS (F) Alumni, SV-Büro Dr. Schröter, Hannover

Einordnung der Thematik

Seit September 2022 wird die 7. MaRisk-Novelle[1] konsultiert. In Kürze wird die Veröffentlichung erwartet. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass es einen Paradigmenwechsel in dieser Novelle geben wird. Bisher wurden Verlautbarungen der EZB und der EBA unter Beachtung des Proportionalitätsprinzips in die MaRisk überführt. Somit waren die MaRisk[2] ein in sich geschlossenes Dokument. Mit der 7. Novelle wird die Verweismethode eingeführt, dass bedeutet, dass auf die Regelungen von EZB-Leitfaden oder EBA-Leitlinien direkt verwiesen wird und diese, zwar unter Beachtung des Proportionalitätsprinzips, direkt auch für die nicht-systemrelevanten Banken gelten. Am Beispiel der Sicherheitenbewertung von Immobilien wird dies im Folgenden verdeutlicht. 

Anforderungen an die Prozesse im Kreditgeschäft (BTO 1.2)

Die Aussagen zur Sicherheitenbewertung sind in den Aussagen zum Kreditprozess enthalten (BTO 1.2). Dabei wird auf die EBA/GL/2020/06[3] Kreditvergabe und -überwachung und auf den EZB-Leitfaden zu Umwelt- und Klimarisiken[4] verwiesen. Der EZB-Leitfaden wird dabei nur insofern erwähnt, als bei dem Verweis auf Risiken immer auch auf die Beachtung der ESG-Risiken hingewiesen wird. In der folgenden Tabelle werden die die Immobilienbewertung betreffenden Ergänzungen des Konsultationspapiers zur 7. MaRisk-Novelle kursiv dargestellt. 

Tabelle 1: Analyse der Verweise in BTO 1.2

Anforderungen an die Prozesse im Kreditgeschäft

 

BTO 1.2 Tz 2

 

 

BTO 1.2 Tz 3

 

 

BTO 1.2 Tz 7

 

BTO 1.2 Tz 8

 

BTO 1.2.1 Tz 1,3

 

 

BTO 1.2.2 Tz 3

 

BTO 1.2.2 Tz 4

 

BTO 1.2.5 Tz 2

 

BTO 1.2.6 Tz 1

 

Festlegung von Sicherheitenarten, Verfahren der Wertermittlung, SfO (EBA/GL/2020/06, Abschn. 7.1.1 und 7.4)

Qualifikation bewertender Personen, Unabhängigkeit, interne Plausibilisierung externer WE (EBA/GL/2020/06, Abschn. 7.3), Rotation

Objekt-/Projektfinanzierungen, Beachtung ESG-Risiken

Regelmäßige Risikobeurteilung, Berücksichtigung von ESG-Risiken, ESG-Score

Prüfung der Werthaltigkeit der Sicherheit vor Kreditvergabe, Beachtung ESG-Risiken (EBA/GL/2020/06, Abschn. 5.2)

Prüfung der Werthaltigkeit der Sicherheit bei Kreditweiterverarbeitung (EBA/GL/2020/06, Abschn. 7.2)

Wertüberprüfung der Sicherheit bei wesentlicher negativer Änderung der Risikoeinschätzung

Überprüfung der Werthaltigkeit bei Überleitung in Sonderkredite

Überprüfung des Sicherheitenwertes bei Risikovorsorge

 


Beispiel BTO 1.2 – Allgemeine Anforderungen 

Nach Tz. 2 sind die vom Institut akzeptierten Sicherheitenarten sowie die Verfahren zur Wertermittlung, Verwaltung und Verwertung dieser Sicherheitenarten festzulegen. Für die hier in Rede stehenden Immobiliensicherheiten sind geeignete Wertermittlungsverfahren festzulegen. Diese sind jährlich zu überprüfen, es sei denn, es handelt sich um sogenannten „normierte Verfahren“ nach BelWertV (Beleihungswert) oder ImmoWertV (Marktwert). 

Erläuternd heißt es im Konsultationspapier: 

„Für die Zwecke der Bewertung von Sicherheiten sind die Anforderungen der EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung (EBA/GL/2020/06), Abschnitt 7.1.1 (Besicherung mit Immobilien) und Abschnitt 7.1.2 (Besicherung mit beweglichen Vermögenswerten) zu beachten. 

Sofern relevant, hat das Institut die Auswirkungen von ESG-Risiken zu berücksichtigen, die den Wert der Sicherheiten beeinflussen, wie z. B. die Energieeffizienz von Gebäuden. 

Werden für die Bewertung von Sicherheiten fortgeschrittene statistische Modelle herangezogen, so sind auch die Anforderungen des Abschnitts 7.4 (Kriterien für fortgeschrittene statistische Bewertungsmodelle) der EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung (EBA/GL/2020/06) zu beachten.“ 

Die Anforderungen aus der EBA/GL/2020/06 wurden in vorhergehenden Veröffentlichungen[5] ausführlich dargestellt. Daher wird an dieser Stelle nur darauf verwiesen. 

Die Inhalte des Kapitels 7.1.1 sind in den Textziffern 209 bis 214 enthalten. Stichwortartig lässt sich feststellen: 

  • Die Bewertung aller Sicherheiten soll durch Gutachter vor Kreditvergabe einschließlich Besichtigung erfolgen.
  • Bei Wohnimmobilien ist in ausgeglichenen Märkten eine Desktopbewertung möglich, statistische Bewertungsmodelle sind möglich.
  • Anforderungen an externe SV an Unabhängigkeit und Qualifikation werden formuliert. 
  • Es werden generelle Unabhängigkeitsanforderungen für interne und externe Sachverständige formuliert. 
  • Inhalt von Bewertungen ausführlich dargelegt – über § 5 BelWertV teilweise hinausgehend. 
  • Plausibilisierung von externen Bewertungen, Nachvollziehbarkeit und Transparenz gefordert.

Die Anwendung fortgeschrittener statistischer Modelle im Sinne einer (teil-)automatisierten Bewertung ist im Kapitel 7.4 geregelt und enthält in den Tz 236 bis 239 folgende Aspekte:

  • Anwendung von fortgeschrittenen statistischen Modellen ist prozessual in den Kreditinstituten festlegen.
  • Anforderungen an Datenqualität und -qualitätssicherung werden beschrieben.
  • Die weiterhin bestehende Verantwortung der Sachverständigen für das Ergebnis und das Verständnis des zugrunde liegenden Modells bleiben erhalten. 
  • Angemessenheit der Verfahren und des Detaillierungsgrades der Daten ist zu sichern. 

In diesem Zusammenhang ist auch auf § 19 Abs. 2 BelWerttV zu verweisen, die diese Öffnungsmöglichkeit für die Anwendung datenbankbasierter Bewertungsmodelle ebenfalls aufgenommen hat. 

Der Verweis auf die Einbeziehung und Beachtung der ESG-Risiken in die Sicherheitenbewertung ist allgegenwärtig. Auch wenn sich die Hinweise zunächst allgemein auf ESG-Risiken bezieht, sind zumindest die energetischen Eigenschaften der Sicherheit besonders hervorgehoben. Die MaRisk-Novelle fordert, die Auswirkungen der ESG-Risiken, z. B. die Energieeffizienz beim Wert der Sicherheit, zu beachten.  

Für die Umsetzung der MaRisk bedeutet dies, dass für die institutsindividuelle Anwendung der MaRisk nicht nur die dort fixierten Aussagen zu beachten sind, sondern darüber hinaus die in der EBA-GL teilweise detaillierteren Festlegungen. Daran ändert auch nicht der Hinweis, dass auch diese EBA-GL nach dem Proportionalitätsprinzip umgesetzt werden sollen. 

Weitere Anforderungen in BTO 1.2.1 Kreditgewährung und BTO 1.2.2 Kreditweiterbearbeitung

Aus den weiteren Anforderungen nach BTO 1.2.1 und 1.2.2 ergeben sich Bezüge zur EBA/GL/2020 und den ESG-Risiken. Die SV können hier wertvolle Hinweise liefern, so in Bezug auf ESG-Risiken bei Projektgutachten, bei der Einschätzung der Nachhaltigkeit von Immobilien durch einen Nachhaltigkeits-Score und bei der Umsetzung der BEA/GL/2020/06 Abschnitt 7.2 bei der Wertüberprüfung.

Neu wird in den MaRisk ein Kapitel zum Immobiliengeschäft (BTO 3) eingefügt. Dies betrifft das Eigengeschäft des Kreditinstituts mit Immobilien. Auch hier sind Aufgaben der Sicherheitenbewertung enthalten. Zu diesem Abschnitt wird an dieser Stelle jedoch keine Aussage getroffen. 

PRAXISTIPPS

  • Die Orga-RL der nicht systemrelevanten Institute sind nach der Veröffentlichung der MaRisk vollständig zu überarbeiten. Dabei sind die Regelungen der EBA/GL/2020/06 auch bei Bewertungen nach § 24 BelWertV zu beachten.
  • Die Bewertung auf Grundlage statistischer Bewertungsmodelle (§ 19 Abs. 2 BelWertV) bzw. fortgeschrittener statistischer Modelle (Abschnitt 7.4 der EBA/GL/2020/06) stellt einen wesentlichen Effizienzvorteil dar. Allerdings sind die Anforderungen an bewertende Person und an das Modell einschließlich Qualitätssicherung akribisch umzusetzen.
  • Die Beachtung von ESG-Risiken wird eine Niveaustufe erhöht. Die ESG-Risiken sind zu benennen und im Sicherheitenwert zu berücksichtigen. Dabei können Nachhaltigkeits-Score-Werte eine Hilfestellung sein. 

[1] 26.09.2022 | Geschäftszeichen BA 54-FR 2210-2022/0001 | Thema Risikomanagement Konsultation 06/2022 – Mindestanforderung an das Risikomanagement – Entwurf der Neufassung des Rundschreibens 10/2021 (BA) – Mindestanforderung an das Risikomanagement – MaRisk.

[2] RS 10/2021 der BaFin vom 16.08.2021: Mindestanforderungen an das Risikomanagement.

[3] EBA/GL/2020/06 Leitlinien zur Kreditvergabe und -überwachung vom 29.05.2020.

[4] EZB-Leitfaden zu Umwelt- und Klima-Risiken November 2020.

 

[5] Schröter, Karsten: Aspekte der Sicherheitenbewertung – Leitlinien der EBA/GL/2020/06 Aspekte der Sicherheitenbewertung – Leitlinien der EBA/GL/2020/06 In: ForderungsPraktiker, FCH Verlag, Teil 1: 09-10/2021 und Teil 2: 11-12/2021.


Beitragsnummer: 22013

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