Dienstag, 17. Januar 2023

Kündigung Bausparvertrag durch Bausparkasse

Wirksamkeit der Kündigungen nach § 5 Abs. 3 ABB bei Nichterbringung der monatlichen Sparbeiträge trotz Zuteilung

Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In seinem Urteil vom 14.12.2022, 4 S 66/22, in welchem das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 25.03.2022, 5 C 965/21, bestätigt wird, hält das Landgericht Stuttgart fest, dass die betroffene Bausparkasse im Hinblick darauf, dass der Bausparer trotz Aufforderung durch die Bausparkasse seine zurückliegenden Regel-Sparbeiträge nicht zahlte, den Bausparvertrag rechtswirksam nach § 5 Abs. 3 ABB kündigen konnte und auch durfte. In diesem Zusammenhang hält das Landgericht Stuttgart entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts Ludwigsburg weiter fest, dass die in § 5 Abs. 3 ABB vorgesehene Kündigungsklausel weder überraschend noch mehrdeutig ist. Diese Regelung sei vielmehr vom Wortlaut her eindeutig und würde zudem unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines Bausparvertrages einen angemessenen Interessenausgleich herstellen. Schließlich führt das Landgericht Stuttgart aus, dass die Beklagte ihr Kündigungsrecht nach § 5 Abs. 3 ABB auch nicht dadurch verwirkt habe, dass sie zunächst die Nichtzahlung der Regelsparbeiträge durch den Bausparer hinnimmt und er erst nach mehreren Jahren die offenen Sparbeiträge einfordert. Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass derjenige, der sich selbst aufgrund Nichterbringung der Regelsparbeiträge nicht vertragsgetreu verhält, sich nicht auf Verwirkung berufen könne.


PRAXISTIPP

Dass eine Bausparkasse bei Nichterbringung der rückständigen Regelsparbeiträge trotz Aufforderung rechtswirksam nach § 5 Abs. 3 ABB kündigen darf, entspricht, soweit ersichtlich, der einhelligen Rechtsprechung (vgl. hierzu LG Aachen, OLG Köln sowie des BGH vom 18.02.2020; BGH, Urteil vom 21.02.2017, XI ZR 185/16, Rn. 25 und 27 f.; OLG Bamberg, Urteil vom 10.08.2016, 8 U 24/16, Rn. 71; OLG Stuttgart, Urteil vom 30.03.2016, 9 U 171/15, Rn. 33 f., 66, 74; LG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2017, 6 O 45/16, AG Nürnberg, Urteil vom 24.10.2019, 239 C 18/19; AG Aachen, Urteil vom 11.04.2018, 121 C 251/17.) Darüber hinaus hat das Landgericht Stuttgart völlig überzeugend und zu Recht dargelegt, dass die Bausparkasse ihr Kündigungsrecht nach § 5 Abs. 3 ABB nicht verwirkt hat, weil sich der Bausparer selbst jahrelang vertragswidrig verhalten hat, indem er die Regelsparbeiträge selbst nicht zahlte, weswegen ein schützenswertes Interesse des Bausparers i. S. d. Umstandsmomentes nicht bestand und demgemäß auch kein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben vorliegt, was ebenfalls, soweit ersichtlich, der einhelligen und anerkannten Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs als auch der Instanzrechtsprechung entspricht (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 18.02.2020, XI ZR 390/19, mit welchem der Bundesgerichtshof sowohl die erstinstanzliche Entscheidung des LG Aachen vom 18.07.2017, 10 O 158/17, als auch die Berufungsentscheidung des OLG Köln vom 11.07.2019, 12 U 243/17, bestätigte.)

In diesem Zusammenhang hat das Landgericht Stuttgart auch völlig zu Recht festgehalten, dass die Möglichkeit der Kündigung nach § 5 Abs. 3 ABB unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bausparvertrages einen angemessenen Interessenausgleich herbeiführt. Dies deshalb, weil § 5 Abs. 3 ABB eine rechtswirksame Möglichkeit der Kündigung für die Bausparkasse gerade dann eröffnet, wenn sich der Bausparer vertragswidrig verhält und seine Regelsparbeiträge nicht erbringt. Beispielhaft seien in diesem Zusammenhang nur die Ausführungen des OLG Bamberg aus der Entscheidung vom 10.08.2016, 8 U 24/16, unter Rn. 71 wie folgt wiedergegeben.

„Der Eintritt der Zuteilungsreife verschafft dem Bausparer also nicht jene von der Beklagten behauptete besondere Rechtsposition, mit der er die Bausparkasse unangemessen lange an einen bereits bei Vertragsschluss fest vereinbarten Guthabenszinssatz binden kann. Die ABB sehen kein Recht des Bausparers vor, die Regelbesparung bei Zuteilungsreife oder Zuteilung einzustellen... § 5 Abs. 1 AGB enthält die Verpflichtung des Bausparers, über den Eintritt der Zuteilungsreife hinaus und sogar noch nach der Annahme der Zuteilung die Regelsparbeiträge bis zum ersten Auszahlungszeitpunkt zu bezahlen. Kommt er dem nicht nach, so verhält er sich vertragswidrig und gibt der Bausparkasse gemäß § 5 Abs. 3 AGB die Möglichkeit, sich nach erfolgloser Aufforderung zur Zahlung durch Kündigung vom Vertrag zu lösen. Der Bausparkasse steht somit ein wirksames Instrument zur Verfügung, mit dem sie den Kunden zur Einhaltung der Leistungspflichten anhalten kann. Die Beklagte hätte somit in den streitgegenständlichen Verträgen entweder bereits die Voraussetzungen für eine Kündigung gemäß § 5 Abs. 3 AGB herbeiführen können, falls die Kläger trotz Aufforderung ihren Leistungspflichten nicht nachgekommen wären oder anderenfalls eine Kündigung gemäß § 488 Abs. 3 wegen erfolgter Vollbesparung aussprechen können. Es lag und es liegt noch in der Hand der Bausparkasse, das faktische Ruhen des Vertrages durch die Aufforderung zur Wiederaufnahme der Zahlungen und durch Ausgleich von Rückständen zu beenden.“

Gerade vorstehende Ausführungen sowie die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 21.02.2017, XI ZR 185/16, in Rn. 25 und 27 f. machen deutlich, dass die einhellige Rechtsprechung davon ausgeht, dass § 5 Abs. 3 ABB gerade dafür da ist, der Bausparkasse die Möglichkeit einzuräumen, auch nach Zuteilung des Bausparvertrages rückständige Regelsparbeiträge einzufordern mit der Konsequenz, den „faktischen Ruhezustandes des Vertrags" zu beenden und bei Nichtzahlung eine Kündigung nach § 5 Abs. 3 ABB auszusprechen.

Ergänzend zu den Ausführungen des Landgerichts Stuttgart ist noch darauf hinzuweisen, dass der Kündigung nach § 5 Abs. 3 ABB auch nicht ein etwaiges Anerkenntnis der Jahresschlusssalden durch die Bausparkasse entgegen steht. 

So hat das Landgericht Aachen bereits in seiner Entscheidung vom 18.07.2017, 10 O 158/17, in Rn. 31 zu dieser Problematik Folgendes ausgeführt:

„Die Beklagte ist auch nicht aufgrund eines etwaigen Anerkenntnisses der Jahresschlusssalden gehindert, rückständige Regelsparbeiträge geltend zu machen. Es liegt schon kein irgendwie geartetes Anerkenntnis vor. Die Regelung in § 29 ABB über die Kontoführung des Bausparkontos als Kontokorrentkonto, wonach der Kontostand als anerkannt gilt, wenn der Bausparer nicht innerhalb von zwei Wochen widerspricht, ist allein auf Einwendungen des Bausparers bezogen und ist nicht darauf gerichtet, Nachforderungen der Bausparkasse auszuschließen. Es wird eben nur der Saldo anerkannt, d. h., allenfalls Forderungen aus dem Kontokorrent, könnten nicht mehr geltend gemacht werden. Es ist nicht ersichtlich, warum dies Nachforderungen von Regelsparbeiträgen durch die Bausparkasse ausschließen soll. Die Beklagte macht eben keine Forderungen aus dem Kontokorrent geltend, sondern hat zur Zahlung rückständiger Regelsparbeiträge aufgefordert.“

In Rn. 32 führt das Landgericht Aachen ergänzend aus:

„Die Beklagte hat ­ entgegen der Ansicht des Klägers ­ auch nicht auf die Nachforderung der Sparbeiträge verzichtet... Die Übersendung des Kontoauszuges stellt, unter Berücksichtigung der Regelung des § 29 ABB schon kein Angebot auf Abschluss eines Verzichtsvertrages dar. Selbst wenn dem so wäre, hätte der Kläger ein solches Angebot nicht angenommen. Allein das Schweigen auf die Übersendung der Kontoauszüge stellt keine schlüssige Annahme dar. Das Schweigen bewirkt nur, dass der Kläger eventuelle Einwendungen gegenüber der Bausparkasse nicht mehr geltend machen kann bzw. dass eine Beweislastumkehr eintritt.“

Mit diesen Ausführungen hat sich die Berufungsinstanz des OLG Köln auseinandergesetzt und in seinem Urteil vom 11.07.2019, 12 U 243/17, in Rn. 31 hierzu wie folgt ausgeführt:

„Im Übrigen, insbesondere zu den Aspekten der Bedeutung der Jahresabschlusssalden sowie des Verzichts und der Verwirkung… wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen, denen der Senat folgt, und die auch durch Würdigung des Berufungsvorbringens einer weitergehenden Ergänzung durch den Senat nicht bedürfen.“

Diese tatsächlichen und rechtlich zutreffenden Ausführungen hat sich der Bundesgerichtshof in seinem Hinweisbeschluss vom 18.02.2020, XI ZR 390/19, angeschlossen. Auch das Landgericht Stuttgart hat sich in seinem Beschluss vom 22.09.2017, 6 O 45/16, der Rechtsauffassung des Landgerichts Aachen angeschlossen und in Rn. 18 ausgeführt:

„Ein solcher Verzicht ergibt sich insbesondere nicht aufgrund eines Saldoanerkenntnisses auf Grundlage von § 29 ABB. Gemäß der in § 29 ABB getroffenen Kontokorrentabrede sollten auf dem Bausparkonto sämtliche für den Bausparer bestimmten Geldeingänge, einschließlich der von dem Bausparer zu vergütenden Beträge, gutgeschrieben werden. Auf der anderen Seite sollten sämtliche den Bausparer betreffenden Auszahlungen, Gebühren, Kosten sowie Versicherungsbeiträge und ihm zu berechnende sonstige Beträge, belastet werden. Auf diese einzustellenden Rechnungsposten bezog sich die Kontokorrentabrede. Danach ergibt sich, dass Regelsparbeiträge nach § 5 Abs. 1 ABB in das Kontokorrentverhältnis nicht einzustellen waren und deshalb auch nicht als Sollbuchungen aufzuführen waren. Schon allein deshalb kann aus dem Umstand, dass in den Jahreskontoauszügen die Regelsparbeiträge als Sollbuchungen nicht aufgeführt sind, nicht darauf geschlossen werden, dass auf diese verzichtet wird.“

Entgegen der gelegentlich von Bausparern vertretenen Auffassung ist schließlich darauf hinzuweisen, dass auch die Norm des § 5 Abs. 4 ABB einer Kündigung nach § 5 Abs. 3 ABB nicht entgegen steht. So hat sich bereits das Oberlandesgericht Stuttgart in seiner Entscheidung vom 30.03.2016, 9 U 171/15, umfassend mit dieser Thematik auseinandergesetzt und klargestellt hat, dass § 5 Abs. 4 ABB nur und erst dann zum Tragen kommt, wenn die Zuteilung seitens des Bausparers angenommen wird, was sich im Übrigen unmissverständlich auch aus den §§ 12, 13 und 14 ABB ergibt. Was wiederum die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB anbelangt, so hat das OLG Stuttgart in seiner Entscheidung vom 30.03.2016, 9 U 171/15, in Rn. 33 f. hierzu wie folgt ausgeführt:

„Die Bestimmung des § 5 Abs. 4 ABB führt nicht dazu, dass die Bausparsumme erreicht ist. Nach dieser Vorschrift tritt an die Stelle des Rechts der Bausparkasse, den Bausparvertrag im Falle der Nichtzahlung der Regelsparbeiträge gemäß § 5 Abs. 3 ABB zu kündigen, das dem Bausparer bereitgestellte (§ 13 a ABB) oder bereitzustellende (§ 14 ABB) Bauspardarlehen um die rückständigen Bausparbeiträge samt deren Zinsen zu kürzen. Es kann dahinstehen, in welcher Höhe Rückstände aufgelaufen sind. Denn das Vorliegen dieser Voraussetzungen macht die Beklagte, die sich für die Berechtigung ihrer Kündigung gerade nicht auf § 5 Abs. 3 AGB stützt, weder geltend, noch sind sie sonst ersichtlich. § 5 Abs. 3 AGB erfordert eine vorherige schriftliche, erfolglose Aufforderung der Bausparkasse, die nicht geleisteten Bausparbeiträge zu entrichten; dazu ist nichts vorgetragen.

Im Übrigen findet § 5 Abs. 4 ABB nur bei zugeteilten Bausparverträgen Anwendung. Die Zuteilung nach § 1 Abs. 5 Bausparkassengesetz liegt erst mit ihrer Annahme durch den Bausparer gemäß § 12 Abs. 1 ABB vor. Erst dann wird das Bauspardarlehen nach § 13 Abs. 1 ABB bereitgestellt oder ist es im Falle des § 14 Abs. 2 ABB bereitzustellen.“

Insgesamt dürfte nunmehr feststehen, dass die Bausparkassen ihre Bausparverträge auch dann rechtswirksam kündigen können, wenn der Bausparer trotz Aufforderung seine rückständigen Regelsparbeiträge nicht erbringt.


Beitragsnummer: 21992

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