
| Bernd Rüthers: Die unbegrenzte Auslegung. Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus. Mohr Siebeck Verlag, Tübingen, 9. Aufl. 2022. 550 S., 29 €.
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Die Auseinandersetzung mit den Staatsverbrechen der beiden totalitären deutschen Diktaturen gehört erst seit 2021 (!) zum Kanon der Juristenausbildung in Deutschland. Zum Glück hat Prof. em. Dr. Dr. h.c. Bernd Rüthers aber schon Jahrzehnte vorher, u. a. an der Universität Konstanz, dieses Thema zum Gegenstand von äußerst spannenden Vorlesungen gemacht, an deren Besuch sich der Verfasser dieser Rezension mit Ehrfurcht und Bewunderung erinnert. Auch wenn die Sonne noch so schön über dem Campus oberhalb der Insel Mainau und dem blauen Bodensee geschienen hat: Nach diesen Vorlesungen waren alle erst mal betroffen und bedrückt.
Mit der 1968 in erster Auflage erschienenen Habilitationsschrift hat Bernd Rüthers eine Pionierarbeit in der Analyse und Darstellung der Entwicklung des Zivilrechts im Nationalsozialismus vorgelegt. Das nunmehr bereits in 9. Auflage erscheinende Standardwerk trägt auch heute noch unverändert zum notwendigen Diskurs über juristische Methodenfragen bei und ist wichtiger denn je. Es eignet sich auch für Studierende, die sich ein Bild von den rechtsmethodischen »Auslegungsakrobatiken« der NS-Zeit machen wollen. Pflichtlektüre für Juristen. Punkt.
Prof. Dr. Patrick Rösler, Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender FCH Gruppe AG
Beitragsnummer: 21883