Donnerstag, 27. Oktober 2022

Kein Verbraucherwiderruf bei selbstständigen Garantieversprechen

Verbrauchereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers

Andrea NeuhofFachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Frankfurt

 

Mit Beschluss vom 26.07.2022, XI ZR 483/21, hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass die §§ 491 ff. BGB auf ein Garantieversprechen eines Verbrauchers weder direkt noch analog anzuwenden seien. Überdies hat er daran erinnert, dass auch der geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH Verbraucher sein kann, wenn er im eigenen Namen der Kreditschuld seiner GmbH beitritt. Maßgebend für die Einstufung als Verbraucher seien dabei nicht die Motive, die der Mithaftungsübernahme zugrunde liegen, sondern vielmehr, ob die Haftung auf einem eigenständigen Willensentschluss des Geschäftsführers als Privatperson beruhe, wobei er für den vorliegenden Fall die Verbrauchereigenschaft des Beklagten verneinte. 

Im Jahre 2017 hatte der Beklagte als Geschäftsführer und mittelbarer Gesellschafter gegenüber einer niederländischen Zweckgesellschaft („Garantienehmerin“) ein selbstständiges Garantieversprechen abgegeben. Da die Hauptschuldnerin bei Fälligkeit nicht leistete, nahm die klagende Gläubigerin den Beklagten als Garantiegeber in Anspruch. Im Rahmen seiner diesbezüglichen Verteidigung erklärte der Beklagte den Widerruf u. a. des Garantievertrags. 

Das Landgericht München I (Urteil v. 03.03.2021 – 3 O 7237/20) hat den Beklagten zur Zahlung von 1,1 Mio. € aus dem Garantieversprechen verurteilt. Das Oberlandesgericht München (Beschluss v. 10.8.2021 – 17 U 1324/21) hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Die hierauf folgende Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wurde seitens des Bundesgerichtshofs zurückgewiesen.

Zur Begründung verwies der BGH zunächst darauf, dass § 491 Abs. 2 Satz 1 BGB den Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag als entgeltlichen Darlehensvertrag zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer definiere. Anders als derjenige, der neben einem Darlehensnehmer den Beitritt zu dessen Schuld erkläre und der demzufolge unmittelbar vom Darlehensgeber aus dem Darlehensvertrag in Anspruch genommen werden könne, werde derjenige, der (wie hier) ein Garantieversprechen gegenüber dem Darlehensgeber abgebe, nicht aus dem Darlehensvertrag verpflichtet. Die für die Garantie charakteristische Leistung habe der Beklagte als Sicherungsgeber (also gerade nicht als Darlehensnehmer) übernommen.

Ohnehin sei der Beklagte vorliegend nicht als Verbraucher einzustufen. Zwar sei (unter Verweis auf BGH, Urteil v. 28.06.2000 – VIII ZR 240/99 – und Urteil v. 24.07.2007 – XI ZR 208/06) auch der geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH Verbraucher, wenn er im eigenen Namen der Kreditschuld seiner GmbH beitrete. Maßgebend für die Einstufung als Verbraucher seien allerdings nicht die Motive für die Mithaftungsübernahme, sondern, ob die Haftung auf einem eigenständigen Willensentschluss des Geschäftsführers als Privatperson beruhe. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Garantieübernahme durch den wirtschaftlichen Eigentümer der Schuldnerin erfolgen musste, nachdem sich die Risikoposition der Darlehensgeberin verändert hatte. Ein eigenständiger Willensentschluss des beklagten Geschäftsführers als Privatperson liege daher nicht vor. Vielmehr sei das Garantieversprechen überwiegend dem Gewerbe zuzuordnen, das der Beklagte als wirtschaftlicher Eigentümer der Schuldnerin betreibe.


PRAXISTIPP

Die Entscheidung ist weder hinsichtlich der möglichen, aber vorliegend nicht erfolgten Einordnung von Geschäftsführern als Verbraucher noch hinsichtlich des nicht bestehenden Widerrufsrechts bei Garantieversprechen überraschend. Angesichts der seitens des Senats im Rahmen seines Beschlusses selbst in Bezug genommenen (z. T. bereits älteren) höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Nichtanwendbarkeit der §§ 491 ff. BGB auf Grundsicherungsgeber (BGH, Urteil v. 28.01.1997 – XI ZR 251/95 zum VerbrKrG) und Bürgen (BGH, Urteil v. 21.04.1998 – IX ZR 258/97 sowie BGH; Urteil v. 22.09.2020 – XI ZR 219/19 zu Fernabsatzverträgen) erscheint der vorliegende Beschluss des Bundesgerichtshofs konsequent und folgerichtig. Zumindest im Bereich der Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge mehren sich jedoch auch hier bereits wieder Stimmen, die eine Vorlage zum Europäischen Gerichtshof fordern (so etwa Maier, VuR 2022, 381). Die weitere Entwicklung sollte daher – wie so oft – nicht aus den Augen verloren werden.


Beitragsnummer: 21874

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