Mittwoch, 30. November 2022

Neue Regeln zum Hinweisgeberschutz

Was Institute jetzt beachten müssen. Interne Meldestelle, Informationspflichten, Fristen – Das Hinweisgeberschutzgesetz zwingt Unternehmen zum Handeln

Dr. Marcus Sonnenberg, Rechtsanwalt im Finanzbereich, Frankfurt am Main

Die Bundesregierung will den Schutz von Hinweisgebern stärken, die Verstöße und Verfehlungen in Unternehmen und Organisationen melden. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt seit September 2022 vor. Noch in diesem Jahr sollen die neuen Regelungen verabschiedet werden. Im Laufe des ersten Quartals 2023 wird das Hinweisgeberschutzgesetz dann für alle Unternehmen verpflichtend.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Zukünftig sind ca. 100.000 Unternehmen und etwa 25.000 öffentliche Stellen dazu verpflichtet, den neuen Hinweisgeberschutz zu beachten. Im Zentrum der neuen Anforderungen steht die Einrichtung und das Betreiben einer internen Hinweisgeberstelle. Diese soll es Beschäftigten ermöglichen, bestimmte Verstöße vertraulich melden zu können. Eine interne Hinweisgeberstelle müssen im Privatsektor alle Unternehmen und Organisationen mit mindestens 50 Beschäftigten einrichten.

Daneben sind eine Reihe von Unternehmen unabhängig von ihrer Beschäftigtenanzahl zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet, insb. Akteure aus dem Finanzsektor wie

  • Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 10 WpHG,
  • Datenbereitstellungsdienste im Sinne des § 2 Abs. 40 WpHG,
  • Börsenträger,
  • Kredit- und Wertpapierinstitute,
  • Kapitalverwaltungsgesellschaften,
  • Versicherungsunternehmen und 
  • Sicherung- sowie Pensionsfonds.

Welche Neuerungen gibt es im Finanzsektor?

Im Finanzbereich gelten schon seit Jahren Vorgaben zum Hinweisgeberschutz. So bestimmen u. a. das Kreditwesengesetz (KWG) und das Geldwäschegesetz (GwG), dass Finanzakteure vertrauliche Hinweisgeberkanäle betreiben müssen.

Die bestehenden Regelungen werden durch das neue Hinweisgeberschutzgesetz nicht aufgehoben. Bereits eingerichtete Meldesysteme müssen aber mit den neuen Vorgaben in Einklang gebracht werden. Dies betrifft insbesondere die Fallbearbeitung, den Verfahrensablauf und die Beachtung der neuen Fristen.

Es muss mindestens ein Meldekanal für die Beschäftigten eingerichtet werden. Dies können beispielsweise eine telefonische Hotline, eine Post- oder E-Mail-Adresse sowie ein extern betriebenes Hinweisgebersystem sein.

Von besonderer Bedeutung ist die Wahrung der Vertraulichkeit im Meldeverfahren. Mitarbeiter von Meldestellen müssen dafür sorgen, dass die Identität der hinweisgebenden Personen und in der Meldung genannte Personen nur ihnen selbst bekannt wird. Auch anonyme Meldungen müssen grundsätzlich angenommen und bearbeitet werden.

Nach Meldeeingang muss ein fristgebundenes Verfahren eingehalten werden. Hierbei ist der Eingang zu bestätigen und spätestens nach drei Monaten eine Rückmeldung zu geben. Während der Untersuchungen muss die Meldestelle den Kontakt mit dem Hinweisgeber aufrechterhalten. Nach Abschluss des Verfahrens ist der Vorgang zwei Jahre aufzubewahren.

Neben einer internen Meldung haben Hinweisgeber auch die Möglichkeit, einen Verstoß bei einer externen Meldestelle zu melden (u. a. bei der BaFin). Auf die externe Meldemöglichkeit sind die Beschäftigten klar und leicht zugänglich hinzuweisen (z. B. über das Intranet oder in Mitarbeiterschulungen).

Welche Anforderungen bestehen für Meldestellenmitarbeiter?

Die mit dem Betrieb der Meldestelle betrauten Mitarbeiter müssen nach dem Hinweisgeberschutzgesetz über die notwendige Fachkunde verfügen. Das betrifft auch externe Dienstleister, die Meldestellen für Unternehmen betreiben. Dieses Erfordernis ist auch für Banken und Versicherungen neu. Bisher bestand hier keine explizite Pflicht zum Nachweis der Qualifikation der Meldestellenmitarbeiter. 

Die Fachkunde umfasst die genaue Kenntnis aller Rechte und Pflichten nach dem Hinweisgeberschutzgesetz. Dies betrifft insbesondere das Meldeverfahren und die Aufgaben von Meldestellenmitarbeitern, aber auch die genaue Kenntnis des Vertraulichkeitsgebots bei der Entgegennahme und Bearbeitung von Meldungen.

Um die Fachkunde auch prüfungsfest nachweisen zu können, wird empfohlen, sich rechtzeitig durch qualifizierte Schulungen fortzubilden.

PRAXISTIPPS

  • Die Einrichtung einer internen Meldestelle, aber auch die Anpassung eines bereits existierenden Hinweisgebersystems erfordert Zeit und die entsprechenden Fachkenntnisse. Mit der Umsetzung sollte daher nicht zu spät begonnen werden!
  • Bei der Umsetzung sollten die betroffenen Funktionen und Bereiche frühzeitig eingebunden werden (insb. Geschäftsführung, Personalabteilung, Betriebs- bzw. Personalrat, IT-Abteilung sowie Geldwäsche- und Datenschutzbeauftragter).
  • Im Zuge der Einführung bzw. Anpassung eines Hinweisgeberschutzsystems, sind eine Reihe an Abläufen und Dokumenten zu überprüfen (insb. Arbeitsanweisungen, Mitarbeiterinformationen, Risikoanalysen, Meldevordrucke, Mitarbeitereinwilligungen, Dienstvereinbarungen etc.). 
  • Meldestellenmitarbeiter (auch Stellvertreter!) sollten rechtzeitig geschult werden (Fachkundenachweis!)
  • Die Beschäftigten sollten nicht nur über die externe, sondern auch über die interne Meldemöglichkeit informiert werden. Der Meldekanal sollte auf die vertrauliche Behandlung von Meldungen explizit hinweisen.

Beitragsnummer: 21865

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