Dienstag, 20. September 2022

Kein Auskunftsanspruch des Treugeber-Kommanditisten gegen Fondsgesell.

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In seiner Entscheidung vom 29.10.2021, 15 S 3255/19 (Beck RS 2021, 35515 mit Anm. Wirtz, BKR 2022, 56 ff.) hält das Landgericht Nürnberg-Fürth unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH, NZG 2020, 381; BGH NJW 2013, 2190; BGH NJW 2011, 921; BGH NJW – RR 2009, 254) zunächst fest, dass einem Anleger, der selbst nicht unmittelbar, sondern im Rahmen eines Treuhandverhältnisses mittelbar an einer Fondsgesellschaft (Publikumsgesellschaft) beteiligt ist, ein Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch zustehen kann, wobei für einen direkten Auskunftsanspruch gegen die Fondsgesellschaft die schuldrechtliche Beziehung zum Treuhänder über den Treuhandvertrag allein nicht ausreicht (vgl. hierzu Wirtz, BKR 2022, 56 ff.). Voraussetzung für einen solchen direkten Auskunftsanspruch sei vielmehr, dass die mittelbar beteiligten Treugeber entweder im Innenverhältnis nach den Regelungen des Treuhand- und Gesellschaftsvertrages unmittelbar beteiligten Gesellschaftern gleichgestellt sind oder nach den im Einzelfall getroffenen vertraglichen Vereinbarungen im Innenverhältnis eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts bilden. Demgemäß bedürfe es einer Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag selbst, und zwar in der Weise, dass dem Treuhänder hierin bestimmte Rechte und Pflichten (wie z. B. ein Stimm- und Kontrollrecht) mit der Folge eingeräumt und auferlegt werden, dass der Treuhänder im Verhältnis zur Gesellschaft vertraglich dazu berechtigt und verpflichtet ist, den Treugeber wie einen Gesellschafter in das Rechtsverhältnis zur Gesellschaft einzubeziehen (Rn. 25).

Nachdem die Prüfung des konkreten Einzelfalles auf der Grundlage des Gesellschafts- und Treuhandvertrages sowie des Gesamtkonzepts durch das Landgericht Nürnberg ergab, dass eine Gleichstellung des die Auskunft verlangenden Treugebers mit einem Direktgesellschafter nicht gegeben ist, wurde der Auskunftsanspruch auf Herausgabe von Name und Anschrift von weiteren Treugebern gegen die Fondsgesellschaft abgelehnt. Dabei stellte das Landgericht Nürnberg noch klar, dass sich an diesem Ergebnis auch dann nichts ändert, wenn der Treugeber im Verlauf des Verfahrens von seinem Recht Gebrauch macht, sich nachträglich als Direktkommanditist im Handelsregister eintragen zu lassen (Rn. 34).

 

PRAXISTIPP

Die Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth sowie das dieser Entscheidung vorangegangene erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Erlangen vom 17.04.2019 (BeckRS 2019, 57636) machen deutlich, dass der Auskunftsanspruch des Treugebers gegen eine Fondsgesellschaft (Publikumsgesellschaft) auf Herausgabe von Daten weiterer Treugeber nicht ohne weiteres besteht, sondern an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist, deren Vorliegen in jedem konkreten Einzelfall geprüft und festgestellt werden müssen. Insofern sollte eine Fondsgesellschaft, wenn sie auf Auskunft verklagt wird, stets in die konkreten Vertragsdokumente Einblick nehmen und entsprechende, gegen die Gleichstellung des Treugebers mit einem Gesellschafter sprechenden Umstände im gerichtlichen Verfahren vortragen (vgl. zu solchen „Negativ-Merkmalen" Wirtz, BKR 2022, 56, 59).


Beitragsnummer: 21829

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