Marcus Michel, Vorstand FCH Gruppe AG
Die Entwicklungen im Arbeitsrecht werden wie immer geprägt durch die laufende Arbeitsrechtsprechung und somit lohnt es sich, gelegentlich einen Blick auf die aktuellen Entscheidungen zu werfen.
Was darf, soll ein Betriebsrat verdienen?
Diese Frage beschäftigt auch die Banken regelmäßig, insbesondere nach einem interessanten Urteil des Landgerichtes Braunschweig im vergangenen Jahr. Hier wurden Personalverantwortliche wegen zu hohen Bezahlungen von Betriebsräten, der Untreue schuldig gesprochen. Das dem BGH vorliegende Revisionsverfahren wurde mit Spannung erwartet.
Nun muss sich der BGH mit diesem Urteil beschäftigen; besonders interessant für den Bankenbereich ist dabei auch die Urteilsbegründung: „Vollzeit-Jobs im Betriebsrat seien letztlich Ehrenämter, die selbst bei Erwerb besonderer Kenntnisse und Erfahrungen nicht mit Aufgaben im höheren Management zu vergleichen sind.“ Basis der Entscheidung über die Gehaltshöhe eines Betriebsrats müsse somit stets die „betriebsübliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer“ sein.
Wann verjähren eigentlich Urlaubsansprüche?
Die Diskussion zur Verjährung von Urlaubsansprüchen ist auch in der Bankpraxis regelmäßig zu führen und zu prüfen. Gilt hier die normale Verjährungsfrist und was ist mit der Verjährung bei Langzeiterkrankungen?
Der EuGH hat sich aktuell mit dem Thema beschäftigt und damit auch ein Urteil des BAG aus 2019 bestätigt. Das Bundesarbeitsgericht hat den EuGH gebeten, zu klären, ob die in Deutschland geltende dreijährige Verjährungsfrist mit dem Europarecht vereinbar ist. Insbesondere sollte geklärt werden, ob es mit Europarecht vereinbar ist, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach dem Bundesurlaubsgesetz verfallen konnte, der Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch unterliegt. In seinem Urteil wies der EuGH darauf hin, dass der Anspruch von Beschäftigten auf bezahlten Urlaub zwar grundsätzlich einer dreijährigen Verjährung unterliegen könne. Arbeitgeber müssten aber nach Unionsrecht dafür sorgen, dass Beschäftigte den Urlaubsanspruch wahrnehmen können. Daher sei auch hier die Mitwirkung des Arbeitgebers unerlässlich dafür, dass Urlaubstage erlöschen.
Wie ist das aber bei länger andauernder Krankheit?
Nach BAG-Rechtsprechung verfallen die Urlaubsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nach 15 Monaten. Aber auch hier kommt es nach Meinung des EuGH auf die Mitwirkung an!!! Der EuGH hat entschieden, dass der Urlaubsanspruch auch bei Langezeiterkrankung oder Erwerbsminderung nicht einfach so nach 15 Monaten verfallen darf. Er wies erneut auf die Bedeutung des Urlaubsanspruchs und die entsprechende Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers hin. Für den Fall, dass der Arbeitgeber es versäumt, Beschäftigte auf den Urlaub und den möglichen Verfall hinzuweisen, dürfe der gesetzliche Urlaubsanspruch von Mitarbeitenden aus dem Jahr, in dem sie zunächst gearbeitet haben und Urlaub hätten nehmen können, nicht einfach verfallen, wenn sie in diesem Jahr erkranken oder die Erwerbsminderung eintritt. Eine dahingehende nationale Regelung widerspreche Europarecht.
Quelle: EuGH-Urt. v. 22.09.2022 in den Rechtssachen C-518-20 und C-727/20; Verfall des Urlaubs bei Erwerbsminderung: BAG, Urt. v. 07.07.2020, Az: 9 AZR 245/19.
PRAXISTIPPS
- Prüfen Sie insbesondere bei Langzeiterkrankungen regelmäßig den Urlaubsstand.
- Informieren Sie betroffene Mitarbeiter mit einem ausreichenden Vorlauf bei einem anstehenden Verfall der Urlaubstage – der/die Mitarbeiter/-in muss die Möglichkeit, den zustehenden Urlaub zu nehmen, auch zeitlich haben.
Beitragsnummer: 21816