Dirk Wolff-Simon, Wirtschaftsmediator (BMWA®), Bankdirektor Kreditrisikomanagement[1]
I. Neue Impulse durch das StaRUG
Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts wurde 2021 erstmalig ein Rechtsrahmen für Restrukturierungen von Unternehmen eingeführt, mit dem Insolvenzen abgewendet werden können. Das hierin beinhaltete Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG)[2] umfasst ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren und steht Unternehmen offen, die von der Zahlungsunfähigkeit bedroht sind.
Ein wichtiges Instrument des Restrukturierungsrahmens ist der Restrukturierungsplan. Der Restrukturierungsplan ist in seiner inhaltlichen Struktur ähnlich den Vorschriften des Insolvenzplans ausgestaltet.[3] Die Abstimmung über ihn erfolgt – im Gegensatz zum Insolvenzplan – jedoch nur durch die Planbetroffenen. Dieses können alle Gläubiger sein, jedoch können in den Restrukturierungsplan auch nur ausgewählte Gläubiger einbezogen werden. Mit diesem Plan soll es für Unternehmen künftig möglich sein, die Insolvenz zu verhindern. Insbesondere wird damit die Möglichkeit eröffnet, nur einzelne Gläubiger in den Plan einzubinden und sich mit Zustimmung einer Mehrheit der Gläubiger zu sanieren.
Parallelen zum Insolvenzplanverfahren sind nicht zufällig, sondern vom Gesetzgeber gewollt. Mit dem StaRUG hat der Gesetzgeber eine vergleichbare Rechtsfigur geschaffen, den sogenannten „Restrukturierungsbeauftragten“. In seiner Funktion zum Insolvenzverwalter unterscheidet sich jedoch der Restrukturierungsbeauftragte ganz wesentlich. Hierbei kommt dem Beauftragten „in erster Linie die Aufgabe zu, das Vorliegen und Fortbestehen der Zugangsvoraussetzungen zu überprüfen und gegebenenfalls die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahrens als Gutachter zu prüfen.“[4] [5] Ergänzend zum Restrukturierungsbeauftragten wurde durch den deutschen Gesetzgeber die Rolle des Sanierungsmoderators geschaffen, die in den §§ 94–99 StaRUG zugrunde gelegt ist.
Doch was ist unter einer Sanierungsmoderation überhaupt zu verstehen? Öffnet sich hier die Tür zur lang ersehnten Sanierungsmediation, die in anderen Rechtsordnungen bereits etabliert ist? Oder ist die vom Gesetzgeber über das StaRUG eingeführte „Sanierungsmoderation“ faktisch mit einer Sanierungsmediation gleichzusetzen? In diesem Zusammenhang stellt sich für den Praktiker auch die Frage, ob hier jeder berufene Sanierungsspezialist eine solche Sanierungsmoderation bzw. Sanierungsmediation durchführen kann. Mit Blick auf das Medium der Mediation soll auch beleuchtet werden, inwieweit sich dieses Konfliktlösungsmedium auch für vergleichbare Konflikte im wirtschaftlichen Umfeld eignet, die der strategischen Krise wesentlich vorgelagert sind.
II. Der Konflikt und die Krise
Konflikte treten im Zusammenleben von Menschen und in der Interaktion von juristischen Personen im Wirtschaftsleben immer wieder auf und stellen eine gewisse „Normalität“ dar. Zur Definition des Begriffs „Konflikt“ wird in der Literatur eine große Bandbreite angeboten. Zusammengefasst lässt sich der Konflikt begrifflich wie folgt definieren: „Mit dem Begriff „Konflikt“ fassen wir eine Beziehung zusammen, in der unterschiedliche Akteure unterschiedliche Ziele verfolgen, von denen sie zu Recht oder zu Unrecht vermuten, dass sich diese nicht gemeinsam erreichen lassen, sondern im Widerspruch zueinander stehen“.[6]
Der Begriff Krise leitet sich aus dem griechischen Wort κρίση (krises) ab und bedeutet einen Bruch mit einer bisher kontinuierlichen Entwicklung, eine Art Wendepunkt oder schwierige Lage.[7] Vom Entstehen einer Krise kann gesprochen werden, wenn zu den bloßen Willensunterschieden auch Gefühlsgegensätze und unvereinbare Vorstellungen kommen.[8] Dieser als Krise bezeichnete Zustand tritt nicht plötzlich ein. Er stellt vielmehr eine Eskalation von kritischen Ereignissen – Problemen, Schwierigkeiten oder unbewältigten Konflikten – dar, die von den Konfliktparteien zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr toleriert oder ignoriert werden können und einer dringend notwendigen Handlungsentscheidung bedürfen, damit das Gefühl der Bedrohung, Unsicherheit oder Skepsis im Hinblick auf eine kalkulierbare Zukunft beseitigt wird. [...]
Beitragsnummer: 21768
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