Freitag, 26. August 2022

Herausgeberinterview mit Dr. Michael Wellmann

Einblicke in Strategien, Vorgehensweisen, Prüfungsinhalte/-schwerpunkte von aufsichtlichen Sonderprüfungen

Herausgeber Dr. Michael Wellmann der AWADO GmbH WPG StG im Interview mit Kristin Viereck, Stv. Fachbereichsleiterin Kredit, Immobilien, Sanierung, Insolvenz der FCH GmbH zur Neuerscheinung „Prüfungen nach § 44 KWG und Art. 12 SSM-VO 4. Auflage“.



Kristin Viereck: Hallo Herr Dr. Wellmann. Ein Buchprojekt stellt immer eine große Herausforderung dar, dies in den Alltag zu integrieren. Dies nicht zuletzt durch stetig veränderliche (aufsichts-)rechtliche Anforderungen und Prüfungsvorgaben/-schwerpunkte. Was hat Ihr Interesse geweckt und war für Sie besonders spannend und reizvoll, an diesem Buchprojekt mitzuwirken?

Michael Wellmann: Ein Schwerpunkt meiner beruflichen Tätigkeiten und Erfahrungen liegt in der Begleitung von Kreditinstituten im Rahmen der Vor- und Nachbereitung von Sonderprüfungen. Eine besondere Anforderung ist sicherlich der Umgang mit den aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen, die ja nur zum Teil in Gesetzen und Rundschreiben, wie dem KWG oder der MaRisk, geregelt sind. Hier sind oftmals die Verwaltungspraxis und Auslegungen entscheidend dafür, ob bankindividuelle Prozesse angemessen und wirksam sind oder eben nicht. Antworten hierfür zu geben, unter Berücksichtigung von Aufsichtsrecht aber auch wirtschaftlicher Effizienz, ist mir immer ein wichtiges Anliegen gewesen. Daneben besteht aber vor allem auch oftmals eine Unsicherheit der Institute im Umgang mit Sonderprüfungen, die sich nicht in Regelungen niederschlägt, sondern in persönlichem Empfinden, insoweit also bei den handelnden Personen.

Mit Eingang der Prüfungsankündigung kommt oftmals Aktionismus auf und es werden alle Kräfte gebündelt, um mögliche Feststellungen noch kurzfristig zu vermeiden. Gleichzeitig steigt bei vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aber auch die Sorge vor negativen Prüfungsergebnissen. Dieser Zeitraum, mal länger und mal sehr kurz, ist häufig entscheidend für den Ausgang einer Sonderprüfung und damit auch von einem wichtigen Erfahrungstransfer geprägt. 

Ich hoffe, dass im Rahmen des Buches transparent wird, dass eine Sonderprüfung nicht zwingend eine mit Stress behaftete Ausnahmephase für die Institute darstellt, sondern mit der richtigen Vorbereitung und Herangehensweise auch Chancen bietet. In individuellen Beratungen ist dies oftmals gut transportierbar, im Rahmen des Buches versuchen wir diesen Antritt auch für interessierte Leserinnen und Leser sicherzustellen.

 

Kristin Viereck: Gibt es ein spezielles Thema, welches Ihnen ganz besonders am Herzen lag und warum war Ihnen dieses so wichtig, dass es im Fachbuch nicht fehlen durfte? 

Michael Wellmann: Die Sonderprüfungen der BaFin und EZB können in ihren Schwerpunkten sehr vielseitig ausgestaltet sein. Daher war es mir besonders wichtig, dass sich im Buch möglichst viele (aktuelle und potenzielle) Prüfungsschwerpunkte wiederfinden. Das heißt neben den aktuellen „Schwergewichten“ von Sonderprüfungen im Bereich Gesamtbanksteuerung und Kreditgeschäft freut es mich sehr, dass wir auch potenzielle Prüfungsgebiete aufnehmen konnten. Hier sind insbesondere die Themenbereiche „Klimarisiken“ und „Datenqualität“ zu nennen – wo wir den Instituten einen ersten Einblick in mögliche Prüfungsansätze aber auch praktische Umsetzungstipps mit auf den Weg geben möchten. Die sich in der Konsultation befindliche MaRisk-Novelle macht deutlich, dass es hierzu auch in Zukunft weitere Ausgestaltungsformen geben wird und die aufsichtsrechtliche Prüfungspraxis differenzierter wird. Zu erwarten sind bspw. Prüfungen im Bereich Meldewesen und eine Intensivierung der Geschäftsmodellprüfung. Neben der Vielfalt möglicher Prüfungsschwerpunkte war es uns im Autorenteam besonders wichtig, den Prozess einer Sonderprüfung möglichst vollumfänglich und aus unterschiedlichen Blickwinkeln sowohl aus Sicht der Prüfer, des geprüften Instituts und aus den begleitenden Rollen abzubilden. Mehrere Beiträge beschäftigen sich daher auch prozessual mit den Möglichkeiten, sich auf eine Prüfung gezielt vorzubereiten.

 

Kristin Viereck: Bei welchen Sonderprüfungsthemen sehen Sie die größten Herausforderungen für die Banken und Sparkassen aber auch für Sie als Wirtschaftsprüfer/externe Prüfer?

Michael Wellmann: Die vergangenen zwei Jahre haben die gesamte Volkswirtschaft aber insbesondere auch die Bankenlandschaft vor noch nie dagewesene Herausforderungen gestellt. Die Dynamik und Volatilität von paradigmenwechselnden Einschlägen und Krisen erreicht neue Ausmaße. Hierbei die Steuerung stetig an die bestehenden Herausforderungen anzupassen, den angemessenen Umgang mit Krisen, die richtigen und aufsichtsrechtlich konformen Impulse zu setzen wird von essenzieller Bedeutung für die Institute und im nächsten Schritt natürlich auch für die Funktion der Prüfer. Meine Überzeugung ist leider, dass Institute und deren handelnden Personen zukünftig in einem Umfeld tätig sein werden, dass auf der einen Seite regulatorische Belastungen aber auch wirtschaftliche Turbulenzen beinhalten wird, insoweit eine Anforderung mehr als in der tendenziell ruhigen Niedrigzinsphase mit zwar erodierenden, aber weitgehend stabilen Ergebnissen. Was heißt das jetzt für die Sonderprüfungen? Unsere Erfahrungen und Hilfestellungen waren in der Regel stark regulatorisch geprägt, wie man mit bestimmten Anforderungen umgeht und sie in den Institutsprozessen verankert. Jetzt ist die Regulatorik weiterhin relevant, aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stellen eine noch größere Herausforderung dar. Der Druck beispielsweise ergebniskorrigierende Maßnahmen zu ergreifen wächst, muss aber gleichzeitig aus dem Blickwinkel des Aufsichtsrechts konform und angemessen erfolgen. Diesen Spagat müssen Institute gewährleisten.

 

Kristin Viereck: Gibt es etwas, was Sie den Lesern an dieser Stelle gern noch mit an die Hand geben möchten?

Michael Wellmann: Das Buch stellt den Ablauf einer Sonderprüfung ausführlich dar und ermöglicht den Instituten eine zielgerichtete Vor- und Nachbereitung von Sonderprüfungen. Wir hoffen sehr, dass wir durch die unterschiedlichen Sichtweisen sowohl von geprüften Instituten, Beratern aber auch von Prüfern Ihnen die Sorge vor den Prüfungen zumindest etwas nehmen können. Es ist klar, dass Sonderprüfungen weiterhin ein scharfes Instrument der Bankenaufsicht sein werden, um individuelle Missstände zu adressieren. Es sollte daher stets eine große Aufmerksamkeit durch das Management der Institute sichergestellt werden.


Kristin Viereck: Herr Dr. Wellmann, vielen lieben Dank für den angenehmen Austausch, die ersten Einblicke, Gedankengänge und Ihre Impulse zum Buch für die Leser und Leserinnen!

Michael Wellmann: Ich bedanke mich ebenfalls für das Interesse! Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich nochmals persönlich bei allen Autorinnen und Autoren für die Mitarbeit und Unterstützung bedanken. Außerdem Ihnen, Frau Viereck, für die Begleitung sowie Anne Demuth, unser leitenden Redakteurin, für die sorgfältige Arbeit und wertvollen Impulse.


Beitragsnummer: 21760

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