Mittwoch, 13. Juli 2022

Neues Betreuungsrecht 2023 – Neuerungen für Banken

Thomas O. Günther, Chefsyndikus/Rechtsanwalt LL.M. oec, Beauftragte und Recht, Volksbank Köln Bonn eG

Mit der Betreuungsrechtsreform zum 01.01.2023 wird das bisherige Betreuungsrecht umfassend geändert und neu strukturiert. 

Auch wenn die Rechte der zu betreuenden Personen durch die Reform nochmals gestärkt wurden, bleiben die wesentlichen Grundsätze im Betreuungsrecht bestehen, zumal bisherige Gesetzeslücken oder Unklarheiten durch die Gerichte geschlossen wurden und die Reform einige dieser gerichtlichen Leitplanken nunmehr nur in Gesetzestexte umgesetzt hat. Insofern sind von den Neuregelungen der Reform vor allem auch Kreditinstitute betroffen, die Konten von betreuten Personen führen. 

Neben einer Erweiterung der Gruppe befreiter Betreuer (Geschwister) werden vor allem neue Anforderungen bei Geldanlagegeschäften für Betreuer durch die Reform eingeführt, die auch nicht unerhebliche Haftungsrisiken für Kreditinstitute darstellen.

So wird die Vermögensverwaltung moderner gestaltet; das Gesetz wird vom bargeldlosen Zahlungsverkehr ausgehen (§ 1840 BGB). Es werden erstmals im Gesetz Begriffsbestimmungen für das Anlage- und Verfügungsgeld zu finden sein. Verfügungsgeld, das der Betreuer für die laufenden Aufgaben benötigt, ist auf einem Girokonto bereitzuhalten (§ 1839 BGB). Dagegen hat der Betreuer das Anlagegeld, das „nicht für die Ausgaben nach § 1839 BGB benötigt wird“, anzulegen (§ 1841 BGB) und Wertpapiere bei einem Kreditinstitut in einem Depot oder Schließfach verwahren zu lassen (§ 1843 BGB). 

Bei Geldanlagen und Wertpapieren ist der Betreuer zu einer Vereinbarung mit Kreditinstituten verpflichtet, wonach er darüber nur nach der betreuungsgerichtlichen Genehmigung verfügen bzw. das Schließfach öffnen kann (§ 1845 BGB). „Wertgegenstände“, womit der Begriff der „Kostbarkeiten“ modernisiert wird, können auf Anordnung des Betreuungsgerichts hinterlegt werden (§ 1844 BGB, § 1818 BGB). 

Der bloße Mitwirkungsvorbehalt des Gerichts aus § 1810 BGB wird durch umfangreiche Anzeigepflichten des Betreuers ersetzt (§§ 1846 f. BGB) – so bei der Eröffnung von Giro- und Anlagekonten und Depots einschließlich der Angabe u. a. von Sperrvereinbarungen und bei neuen Erwerbsgeschäften des Betreuten.

Auch die neuen Befugnisse bzw. Einschränkungen der Betreuer sind für die Kreditinstitute von großer Relevanz, insbesondere im Hinblick auf Haftungsfragen. Die sog. Kontrollbetreuung, die bislang in § 1896 Abs. 3 BGB nur als besonderer Aufgabenkreis des Betreuers geregelt war, hat nun einschließlich deren Voraussetzungen in § 1820 Abs. 3 BGB n. F. eine eigenständige Regelung gefunden. § 1820 Abs. 5 BGB n. F. betrifft den Widerruf der Vorsorgevollmacht, wobei das Widerrufsrecht künftig jedem Betreuer (nicht nur dem Kontrollbetreuer) im Rahmen seines Aufgabenkreises – und ohne dass dies explizit ausgesprochen werden müsste – zustehen soll. Der Widerruf durch einen Betreuer, der nach dem Gesetz nur unter engen Voraussetzungen zulässig ist, bedarf nun erstmals der (vorherigen) betreuungsgerichtlichen Genehmigung (S. 2).

Völlig neu ist auch die in § 1820 Abs. 4 BGB n. F. vorgesehene Möglichkeit des Betreuungsgerichts, eine Vorsorgevollmacht vorläufig zu „suspendieren“. 

Um eine hohe Betreuungsqualität sicherzustellen, müssen sich berufliche Betreuerinnen und Betreuer künftig registrieren lassen und in einem formalen Verfahren ihre persönliche und fachliche Eignung nachweisen. Dafür wird ein Betreuungsregister eingeführt, in das nur berufliche Betreuer mit entsprechenden Fähigkeiten eingetragen werden sollen. Auch hier ergeben sich für Kreditinstitute neue Probleme, ob eine Einsichtnahmepflicht in dieses Register für Banken statuiert wurde.

Die Vertretungsmöglichkeiten für Ehegatten wurden nochmals erweitert. Neu ist ein auf zeitlich drei Monate befristetes Notvertretungsrecht, wenn ein Partner aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine gesundheitlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. Allerdings gelten die gesetzlich festgehaltenen Fallkonstellationen nur für gesundheitliche Notsituationen. Eine gesetzliche Ausweitung auf den Bereich der Vermögenssorge wurde nicht getroffen. 

 

PRAXISTIPPS

  • Die Kreditinstitute haben die durch die Reform neu geschaffenen Befugnisse bzw. Einschränkungen der Betreuer insbesondere im Hinblick auf Haftungsfragen zu beachten.
  • Die vorläufige „Suspendierung“ der Vollmacht ist Neuland und ist prozessmäßig von den Kreditinstituten neu umzusetzen.
  • Die Gruppe der sog. „befreiten Betreuer“ wurde erweitert und ist auch für die tägliche Praxis der Kreditinstitute von Relevanz.

Beitragsnummer: 21754

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