Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In seinem Urteil vom 12.04.2022, XI ZR 179/21 (WM 2022, 979 ff.), erinnert der Bundesgerichtshof zunächst daran, dass nach seiner bisherigen Rechtsprechung die Information über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB nicht die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes erforderte.
Im Hinblick auf die am 09.09.2021 ergangene Entscheidung des EuGH (WM 2021, 1986, Rn. 81 ff.) hält der Bundesgerichtshof sodann fest, dass er auf der Grundlage dieser EuGH-Entscheidung im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie und damit allein in Bezug auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge nicht mehr an seiner früheren Rechtsprechung festhält, mit der Konsequenz, dass bei solchen Verträgen der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages geltende Satz der Verzugszinsen in Form eines konkreten Prozentsatzes anzugeben ist. Dies deshalb, weil die nationale Regelung in Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB dem Wortlaut nach auslegungsfähig ist, sodass aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung entsprechend dem Wunsch des EuGH die bloße Wiedergabe der abstrakten gesetzlichen Regelung den Anforderungen der Norm nicht genügt, sondern der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende konkrete Prozentsatz anzugeben ist.
PRAXISTIPP
Dass die Volkswagen Bank-Entscheidung des EuGH vom 09.09.2021 zumindest im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie nicht unerhebliche Auswirkungen auf das deutsche Recht haben wird, war zu erwarten. Während der Bundesgerichtshof bei den nicht von der Verbraucherkreditrichtlinie erfassten Immobiliardarlehensverträge bereits mehrfach deutlich aufgezeigt hat, dass er trotz der von seiner Auffassung abweichenden Meinung des EuGH nicht bereit ist, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, wird es bei den unter die Richtlinie fallenden Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen darauf ankommen, ob die betroffenen streitrelevanten nationalen Vorschriften Raum für eine richtlinienkonforme Auslegung überhaupt zulassen. Sollte dies wiederum wie bei der vorstehend betroffenen Norm des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB der Fall sein, dürfte der Bundesgerichtshof an seiner vom EuGH abweichenden Rechtsauffassung nicht mehr festhalten können (zu den Auswirkungen der EuGH-Rechtsprechung auf die Rechtsprechung des BGH vgl. demnächst Edelmann, in: Banking & Innovation 2022/2023).
Beitragsnummer: 21741