Donnerstag, 9. Juni 2022

Verstärkte Sorgfaltspflichten nach dem GwG

Der Einfluss von Hochrisikoländern

Benedikt Karla, Rechtsanwalt, Internationale Bank in Frankfurt/Main

 

Einleitung

Banken als Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz (GwG) müssen verstärkte Sorgfaltspflichten anwenden, wenn ein höheres Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorliegt. Dann bestimmen die Banken über die erforderlichen Maßnahmen, um das höhere Risiko zu mitigieren. Von besonderer Bedeutung im Zusammenhang mit verstärkten Sorgfaltspflichten sind Hochrisikoländer.

 

Hochrisikoländer

Vorab zu klären ist die Frage, was unter Hochrisikoländern i. S. d. GwG zu verstehen ist. Dabei kommt es darauf an, welchen rechtlichen Anknüpfungspunkt man wählt. Hinsichtlich der verstärkten Sorgfaltspflichten bezieht sich der Gesetzgeber in § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG ausdrücklich auf Drittstaaten, welche ein höheres Geldwäscherisiko aufweisen. Demnach liegt ein höheres Risiko gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG vor, wenn es sich um eine Geschäftsbeziehung oder Transaktion handelt, an der ein von der EU-Kommission nach dem geänderten Art. 9 der Vierten Geldwäscherichtlinie ermittelter Drittstaat mit hohem Risiko oder eine in diesem Drittstaat ansässige natürliche oder juristische Person beteiligt ist.

Um was für Staaten handelt es sich nun konkret, und wie oft wird diese Liste der Drittstaaten aktualisiert? Für Deutschland greifen insoweit nicht die Länder, welche in der Nationalen Risikoanalyse genannt sind. Vielmehr gilt die von der BaFin jeweils aktuell veröffentlichte Liste zu Hochrisikostaaten (https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Meldung/2022/meldung_2022_03_24_RS_Hochrisikostaaten.html). Im aktuellen BaFin-Rundschreiben 04/2022 (GW) werden die aktuellen Hochrisikostaaten benannt, basierend auf EU- und FATF-Länderlisten, wegen Defiziten in der Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und der Finanzierung von Proliferation. Diese BaFin-Liste der Hochrisikostaaten, welche unterjährig mehrfach von der BaFin aktualisiert wird, stellt eine verlässliche Quelle dar und sollte von den Geldwäscheverantwortlichen in den Banken entsprechend berücksichtigt werden (als „mandatory high risk“-Länder).

 

Umfang der verstärkten Sorgfaltspflichten bei Drittstaaten mit hohem Risiko

Der konkrete Umfang, was in solchen Fällen von den Banken zu tun ist, ist gesetzlich in § 15 Abs. 5 GwG klar definiert. § 15 Abs. 5 Nr. 1 GwG sieht in diesen Fällen die Einholung bestimmter Informationen vor (u. a. nachvollziehbare Bestimmung der Herkunft der Vermögenswerte). In der Praxis kann diese Anforderung etwa durch Verwendung eines gesonderten Formulars für verstärkte Sorgfaltspflichten abgedeckt werden. Und nach § 15 Abs. 5 Nr. 2 GwG bedarf es in diesen Fällen u. a. der Zustimmung eines Mitglieds der Führungsebene; neben der Zustimmung durch den Geldwäschebeauftragten. In der Praxis sollte definiert werden, ob alle Mitglieder der Leitungsebene zuzustimmen haben und ob diese Zustimmung systemseitig oder etwa durch eine E-Mail dokumentiert wird. Darüber hinaus ist in diesen Fällen die Geschäftsbeziehung nach § 15 Abs. 5 Nr. 3 GwG in quantitativer und qualitativer Hinsicht einer verstärkten Überprüfung zu unterziehen. In der Praxis werden Kunden bei Drittstaaten mit hohem Risiko ohnehin regelmäßig als Hochrisiko („high risk“) bewertet und unterliegen demzufolge auch kürzeren periodischen Aktualisierungsintervallen (vgl. BaFin AuA AT Nr. 5.5.2) und entsprechenden Kontrollen.

Für Geldwäscheverantwortliche in der Bank stellt sich die Frage, ob sie alles getan haben, wenn sie bei Drittstaaten mit hohem Risiko die in § 15 Abs. 5 GwG genannten Maßnahmen erfüllen. Insoweit geben die BaFin AuA AT Nr. 7.3 eine Antwort. Sie stellen klar, dass die in § 15 Abs. 5 GwG genannten verstärkten Sorgfaltspflichten nur ein „Mindestmaß“ sind, und dass unter Umständen darüber hinausgehende verstärkte Sorgfaltspflichten zu ergreifen sind. Explizit verweist die BaFin auf die neueren EBA-Leitlinien zu AML-Risikofaktoren (aus 2021), wo sich zusätzliche Hinweise zum Umgang mit Hochrisikostaaten und zu möglichen zusätzlichen Sorgfaltspflichten finden. Abschließend hat außerdem die BaFin aufgrund von § 15 Abs. 5a GwG selbst die Befugnis, in den Fällen von Drittstaaten zusätzlich zu den in § 15 Abs. 5 GwG genannten verstärkten Sorgfaltspflichten weitere Maßnahmen anzuordnen.

 

Fazit

Der Einfluss von Hochrisikoländern ist bei der Geldwäschebekämpfung ein wichtiges Thema, besonders vor dem Hintergrund einer personalmäßig aufgestockten Aufsichtsbehörde. Dieses Thema spielt nicht nur bei den verstärkten Sorgfaltspflichten, sondern auch bei der Ausführung der Sorgfaltspflichten durch Dritte (§ 17 GwG) eine Rolle. Denn dort wird u. a. geregelt, wann eine Bank auf Dritte aus einem Drittstaat zurückgreifen darf und dass dies bei Drittstaaten mit hohem Risiko ausgeschlossen ist. Schließlich hat die Hochrisikoländerliste auch bei Auslagerungen und beim Transaktionsmonitoring eine große Bedeutung. Denn in den maßgeblichen BaFin AuA BT KI Nr. 6.2 wird darauf verwiesen, dass auch Länderrisiken (z. B. Verwendung aktueller Länderrisikolisten) im Monitoring abgebildet werden müssen. 

 

PRAXISTIPPS

  • Soweit noch nicht geschehen, sollten Banken ihre internen Richtlinien und Prozesse dahingehend überprüfen, ob sie die gesetzlichen Vorgaben zu Drittstaaten mit hohem Risiko, § 15 Abs. 3 Nr. 2 GwG und § 15 Abs. 5 und 5a GwG, voll erfüllen.
  • Banken können auch ein separates Formular für verstärkte Sorgfaltspflichten verwenden („EDD-Formular“). Dieses kann auch bei der Dokumentation von Kontrollen und insbesondere bei Jahresabschlussprüfungen und bei Stichproben der Prüfer zu Hochrisikokunden helfen.
  • Der Einfluss der neuen EBA AML Risikofaktoren (2021) bleibt abzuwarten. Es ist zu vernehmen, dass die BaFin insoweit ihre BaFin AuA AT unter Umständen (nochmals) anpassen könnte.

Beitragsnummer: 21720

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