Mittwoch, 6. April 2022

Die drei Phasen der Geldwäsche: ein Auslaufmodell?

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem dreigliedrigen Phasenmodell der Geldwäsche

Maik Bdeiwi, AML-Experte, Head of Investigative Reporting und stellv. GwB einer international tätigen Großbank

Das Drei-Phasen-Modell der Geldwäsche

Das in den 1980er Jahren von der amerikanischen Zollbehörde entwickelte dreigliedrige Phasenmodell (siehe Abbildung 1) hat sich sowohl in der Fachliteratur als auch in entsprechenden Schulungsveranstaltungen etabliert und trifft in erster Linie auf diejenigen Fälle zu, in denen bei der Begehung von Straftaten hohe Bargeldsummen anfallen, deren Herkunft dann zu verschleiern ist.

Abbildung 1: Das Drei-Phasen-Modell der Geldwäsche (Quelle: Eigene Darstellung)

Demnach setzt das Modell im Wesentlichen das Vorhandensein von erheblichen Mengen aus Straftaten stammender Bargeldbestände voraus, die in Buchgeld oder in einen anderen Wertträger umgewandelt werden sollen, was sich insbesondere dadurch erklären lässt, dass das Modell vor dem Hintergrund des in den 1980er Jahren in einem großen Ausmaß statthabenden Drogenhandels entwickelt worden ist. 

So dürfte das Drei-Phasen-Modell der Geldwäsche vor allem bargeldintensive Delikte berücksichtigen wie beispielsweise Drogenhandel, illegale Prostitution, Menschenhandel, illegales Glücksspiel, illegaler Waffenhandel sowie Schutzgelderpressung.

Obwohl nach Auffassung des Autors das Modell nach wie vor durchaus geeignet ist, die wesentlichen Prozessschritte einer Geldwäschehandlung abzubilden, ist es kritisch zu hinterfragen. Vor allem wird kritisiert, dass das Modell aktuelle Entwicklungen nicht ausreichend berücksichtigt und zudem eine Beschränkung der Geldwäschehandlungen auf das Modell der Vielfältigkeit und Komplexität des Geldwäsche-Prozesses nicht gerecht wird. 

Zudem kann eine starre Reduzierung des Geldwäscheprozesses auf die aufgezeigten drei Phasen der Geldwäsche dazu führen, dass Geldwäschehandlungen und entsprechende Red Flags als solche nicht identifiziert werden. 

Zuletzt scheint dieses Modell insbesondere in Bezug auf die Bestimmung von geeigneten präventiven Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung limitiert zu sein.

Das Dividing-Line-Modell

Die Notwendigkeit, den Blick auch auf andere Modelle des Geldwäscheprozesses zu richten, zeigt sich darin, dass davon ausgegangen werden muss, dass sich das Modell nicht nur im Finanzsektor, sondern auch im Nichtfinanzsektor und sogar in den Strafverfolgungsbehörden als fester Bestandteil von Trainings und Schulungen etabliert hat. 

Wegen der über Jahre und Jahrzehnte hinweg andauernden Vermittlung des Drei-Phasen-Modells der Geldwäsche kann nicht ausgeschlossen werden, dass Geldwäschehandlungen möglicherweise deshalb nicht erkannt bzw. gemeldet wurden, weil eine Zuordnung zu einer der drei klassischen Phasen der Geldwäsche – Platzierung, Verschleierung und Integration – nicht möglich war, was die Notwendigkeit eines Modells unterstreicht, das sich nicht starr an den drei Phasen orientiert.

Das Dividing-Line-Modell, dies sei an dieser Stelle voranzustellen, richtet den Blick, trotz gemeinsamer Schnittmengen von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, überwiegend auf Geldwäschehandlungen im Bereich der Organisierten Kriminalität, da im Bereich Terrorismus in der Regel Straftaten begangen werden, um politische Ziele zu erreichen, wohingegen die Organisierte Kriminalität andere Ziele verfolgt. 

Für die Nachvollziehbarkeit und Anwendbarkeit des Dividing-Line-Modells, das auf einem Prozess-Modell von Professor Stephan Platt, einem international anerkannten Experten auf dem Gebiet der Finanzkriminalität, aufsetzt, ist es unerlässlich, die folgenden vier Ziele der Organisierten Kriminalität als gegeben anzunehmen.

  1. Die erfolgreiche Begehung einer Straftat.
  2. Unentdeckt/anonym bleiben.
  3. Einen Nutzen aus der Straftat ziehen.
  4. Von dem Nutzen langfristig profitieren.  

Zur Zielerreichung der jeweiligen Ziele ist es für die Organisierte Kriminalität zwingend erforderlich, die in der Abbildung 2 dargestellten Verbindungen zwischen der Straftat und der Organisierten Kriminalität, der Organisierten Kriminalität und dem Vermögen sowie dem Vermögen und der Straftat zu unterbrechen. 

Abbildung 2: Das Dividing-Line-Modell (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Platt, Criminal Capital, 2015)

Welchen Stellenwert die Durchtrennung der jeweiligen Verbindungen für die an dem Prozess der Geldwäsche beteiligten Akteure hat und wie gleichzeitig die Strafverfolgungs- bzw. Ermittlungsbehörden vor enormen Herausforderungen stehen, zeigt sich aktuell an der schwierigen Durchsetzung von Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Russland-Krieg. Schätzungen zufolge wird etwa eine Billion Euro anonymes Offshore-Vermögen von Russen gehalten, davon grob geschätzt etwa 20–50 Mrd. Euro in Deutschland. Dies umfasst vor allem Immobilien und Unternehmensbeteiligungen unter der Meldeschwelle, aber nachweislich auch Yachten.

Den Akteuren ist es in vielen Fällen gelungen, die aufgezeigten Verbindungen zu trennen und somit das Risiko, dass die durch die Akteure erworbenen Luxusgüter, beispielsweise hochpreisige Yachten, mit den ursprünglichen Straftaten in Verbindung gebracht werden, zu senken. Denkbar wäre hier, den Erwerb der Yacht über einen Trust, der von einer privaten Treuhandgesellschaft verwaltet wird, abzuwickeln, wobei die Treuhänder wiederum eine Gesellschaft besitzen, die als rechtmäßig eingetragener Eigentümer der Yacht fungiert.

PRAXISTIPPS

  • Überarbeitung der vorhandenen Schulungsunterlagen. 
  • Durch Erweiterung des Fachwissens ist eine Reduzierung des Beurteilungsspielraums in Bezug auf die Abgabe einer Verdachtsmeldung gem. § 43 GwG möglich.

Beitragsnummer: 20663

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