Dienstag, 22. März 2022

Beweislastgrundsätze bei nicht entwertetem Sparbuch

Hervé EdelmannFachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In seiner Entscheidung vom 18.01.2022, Az. XI ZR 380/20 (WM 2022, 376), erinnert der Bundesgerichtshof daran, dass dann, wenn ein nicht entwertetes Sparbuch vorgelegt wird und streitig ist, ob der Anspruch auf Auszahlung des darin aufgeführten Guthabens von dem Kreditinstitut bereits erfüllt worden ist, das Kreditinstitut grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung des Auszahlungsanspruchs trägt und dass eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Auszahlung nicht allein deshalb in Betracht kommt, weil der Inhaber des Sparbuchs über Jahrzehnte keine Eintragungen vornehmen ließ oder die handelsrechtliche Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist (Rn. 31). Sodann verweist der BGH darauf, dass sich an dieser Beweislastverteilung nichts dadurch ändert, wenn das Sparbuch im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt worden ist. Allerdings müsse im Rahmen der Gesamtwürdigung der Einzelfall-Umstände berücksichtigt werden, dass der Anspruchsteller das Sparbuch nicht im Original, sondern nur einen Ausschließungsbeschluss vorlegt, mit dem das Sparbuch für kraftlos erklärt worden ist. Dies deshalb, weil in der bisherigen Rechtsprechung die Ablehnung einer Beweislastumkehr maßgeblich darauf gestützt wird, dass der jeweilige Anspruchsteller das nicht entwertete Sparbuch in den Händen hatte und keine Umstände dargetan oder ersichtlich waren, die darauf schließen ließen, das beklagte Kreditinstitut sei aus Gründen, die dem Anspruchsteller zuzurechnen sind, an der Entwertung gehindert gewesen (Rn. 32). Lege aber der Anspruchsteller das Sparbuch nicht im Original, sondern nur einen Ausschließungsbeschluss vor, mit dem das Sparbuch für kraftlos erklärt worden ist, so sei dies ein starkes Indiz für eine infolge der Auszahlung des Sparguthabens erfolgte Entwertung oder Vernichtung des Sparbuchs; dies gilt nach Meinung des BGH unabhängig davon, ob das Kreditinstitut sich an dem Aufgebotsverfahren beteiligt hat oder nicht (Rn. 32).

 

PRAXISTIPP

Vorstehende Entscheidung zeigt einmal mehr, dass dann, wenn das auf Auszahlung des Sparguthabens aus einem nicht entwerteten Sparbuch in Anspruch genommene Institut darlegen kann, dass es aus Gründen, die dem Anspruchsteller zuzurechnen sind, an der Entwertung des Sparbuchs gehindert gewesen ist, eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Kreditinstituts durchaus in Betracht kommt. Neben dem Fall der Kraftloserklärung eines Sparbuchs dürfte auch der Fall der Verlustanzeige als wesentliches Indiz für eine Beweislastumkehr in Betracht kommen.


Beitragsnummer: 20635

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