Samstag, 19. Februar 2022

Vor-Ort-Prüfungen bei Kredit- und Finanzinstituten durch die FMA

Die Finanzmarktaufsicht kann bei Verpflichteten zur Überprüfung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes Vor-Ort-Maßnahmen durchführen

Mag. Andreas Pawlik, Prüfer in der Abteilung IV/5 Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung der österreichischen Finanzmarktaufsicht

Allgemeines zu Vor-Ort-Maßnahmen

Gemäß § 30 Abs. 1 FM-GwG können die Prüforgane der FMA die Einhaltung der Bestimmungen des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes bei den Verpflichteten (Kredit- und Finanzinstitute sowie Dienstleister in Bezug auf virtuelle Währungen i. S. d. § 1 FM-GwG) jederzeit vor Ort prüfen. Zu diesem Zweck wird im Voraus zu Beginn eines jeden Jahres ein Prüfplan erstellt, in welchem auf risikoorientierter Grundlage jene Institute bzw. Unternehmen angeführt werden, bei welchen Vor-Ort-Maßnahmen vorgesehen sind. Zusätzlich können im Anlassfall auch ad-hoc Prüfungen durchgeführt werden. In diesem Fall ist zu beachten, dass gem. § 30 Abs. 4 FM-GwG die Prüfung zumindest eine Woche vor Beginn anzukündigen ist, sofern dadurch der Zweck der Prüfung nicht vereitelt wird. Bei sämtlichen Vor-Ort-Maßnahmen sind zumindest zwei Prüferinnen anwesend, wobei eine Prüferin als Leiterin tätig ist. Audio- und/oder Videoaufnahmen von Vor-Ort-Maßnahmen durch Verpflichte sind unzulässig.

Bei Vor-Ort-Maßnahmen ist zwischen Vor-Ort-Prüfungen, Einsichtnahmen sowie Managementgesprächen zu unterscheiden. Die einzelnen Vor-Ort-Maßnahmen unterscheiden sich grundlegend voneinander und haben unterschiedliche Schwerpunkte. Nachfolgend soll insbesondere auf Vor-Ort-Prüfungen eingegangen werden.

Vor-Ort-Prüfungen

Bei einer Vor-Ort-Prüfung handelt es sich um die umfangreichste und intensivste Vor-Ort-Maßnahme, die der FMA zur Verfügung steht. Eine Vor-Ort-Prüfung findet grundsätzlich in den Räumlichkeiten des Verpflichteten statt, wobei in Ausnahmefällen die Vor-Ort-Prüfung auch remote durchgeführt werden kann (wie insbesondere zu Beginn der COVID-19-Pandemie). Die Ankündigung einer Vor-Ort-Prüfung erfolgt im Regelfall etwa acht Wochen vor dem eigentlichen Termin. Hauptansprechpartnerin bei einer Vor-Ort-Maßnahme ist stets die Geldwäschereibeauftragte (GWB). Vor-Ort-Prüfungen dauern im Regelfall mindestens eine Woche, können jedoch bei Bedarf jederzeit verlängert werden.

In einem ersten Schritt werden dem Verpflichteten die offizielle Prüfankündigung, ein Fragenkatalog sowie Anforderungen an unterschiedliche Auswertungen übermittelt. Der Fragenkatalog enthält Fragestellungen zu allen relevanten Themenbereichen des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes und ist vom Verpflichteten wahrheitsgemäß und umfassend binnen zwei bis vier Wochen zu beantworten. Der Verpflichtete hat im Weiteren binnen zwei Wochen detaillierte Auswertungen zu Kundinnen sowie zu deren Transaktionen zu übermitteln. Basierend auf den erhaltenen Auswertungen zieht die FMA einzelne Geschäftsbeziehungen als Testfälle. Die ausgewählten Testfälle werden dem Verpflichteten etwa zwei bis drei Wochen vor dem Beginn der Vor-Ort-Prüfung übermittelt, um diese entsprechend vorbereiten zu können. Die vorbereiteten Testfälle sowie der Fragenkatalog inklusive Beilagen sind der Prüfungsleiterin bereits vor Beginn der Prüfung in digitaler Form zur Verfügung zu stellen.

Bei Beginn der Vor-Ort-Prüfung sind gem. § 30 Abs. 4 FM-GwG die Prüfungsorgane mit einem schriftlichen Prüfungsauftrag zu versehen und haben sich vor Beginn der Prüfung unaufgefordert auszuweisen (Dienstausweis) sowie den Prüfungsauftrag vorzuweisen. Der Prüfungsauftrag hat den Gegenstand der Prüfung zu umschreiben. In der Prüfungswoche werden täglich mindestens zwei Gespräche zu je zwei Stunden mit der GWB geführt. In diesen Gesprächen wird überprüft, welche systemischen Vorkehrungen der Verpflichtete hinsichtlich der Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung getroffen hat und wie die entsprechenden Regelungen in der Praxis angewendet werden. Grundlage der Gespräche ist der beantwortete Fragenkatalog. Im Zuge der Vor-Ort-Prüfung werden auch die einzelnen Testfälle besprochen, wobei im Regelfall die Kundenbetreuerinnen zu den Besprechungsterminen hinzugezogen werden. Insbesondere die von der Kundin durchgeführten Transaktionen stellen einen besonderen Schwerpunkt bei der Testfallbesprechung dar.

Nach Beendigung der Vor-Ort-Prüfung und nach Würdigung aller erhaltenen Informationen wird ein Prüfbericht erstellt (im Regelfall binnen drei Monaten), der alle Feststellungen enthält, die im Zuge der Vor-Ort-Prüfung aufgefallen sind. Es kann sich dabei um sonstige aufsichtsrelevante Feststellungen oder Normverletzungen handeln. Der Verpflichtete hat nach Erhalt des Prüfberichts vier bis sechs Wochen Zeit, eine Stellungnahme abzugeben, die im weiteren Verfahren gewürdigt wird. Die Stellungnahme des Verpflichteten sollte auch Ausführungen darüber enthalten, wie der rechtmäßige Zustand in angemessener Zeit hergestellt werden kann.

Einsichtnahmen

Bei Einsichtnahmen (früher: Company Visits) handelt es sich um ein etwa dreistündiges Gespräch, in welchem anhand eines Fragebogens (es handelt sich dabei um den gleichen Fragebogen wie bei Vor-Ort-Prüfungen) seitens der FMA beurteilt wird, ob die Sorgfaltspflichten des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes durch den Verpflichteten eingehalten werden. Die Ankündigung einer Einsichtnahme erfolgt etwa vier bis sechs Wochen vor Beginn der Vor-Ort-Maßnahme. Die Einsichtnahme wird in den Räumlichkeiten des Verpflichteten durchgeführt. Bei Einsichtnahmen wird kein Prüfbericht erstellt. Sollte es zu Auffälligkeiten im Zuge einer Einsichtnahme kommen, kann eine Vor-Ort-Prüfung vorgesehen werden. 

Managementgespräche

Bei Managementgesprächen, die im Regelfall in der FMA stattfinden, werden die Leitungsorgane des Verpflichteten eingeladen, um bestimmte Themen schwerpunktmäßig zu besprechen (z. B. geplante bzw. unzureichende Mängelbehebung vergangener Vor-Ort-Prüfungen, Ausweitung des Geschäftsmodells, Zukauf von Unternehmen im Ausland etc). Bei Managementgesprächen ist kein Prüfbericht vorgesehen.

PRAXISTIPPS

  • Bei Vor-Ort-Maßnahmen der FMA ist zwischen Vor-Ort-Prüfungen, Einsichtnahmen sowie Managementgesprächen zu unterscheiden.
  • Vor-Ort-Prüfungen dauern mindestens eine Woche und können bei Bedarf verlängert werden.
  • Bei jeder Vor-Ort-Prüfung erfolgt eine Testfallprüfung unter Berücksichtigung von konkreten durchgeführten Transaktionen.
  • Ein Prüfbericht ist lediglich nach einer Vor-Ort-Prüfung vorgesehen.
  • Bei Fragen oder Unklarheiten kann sich der Verpflichtete jederzeit an die Prüfungsleiterin wenden.

Beitragsnummer: 20605

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