Donnerstag, 10. Februar 2022

Geldwertstabilität und Finanzpolitik im aktuellen Umfeld

Ein Plädoyer für einen längst überfälligen Kurswechsel

Dr. Jörg Lauer, Rechtsanwalt, langjährige Geschäftsverantwortung im Immobilienfinanzierungsgeschäft im Landesbankenbereich, Lehrbeauftragter an der Akademie der Hochschule Biberach, Hemsbach

I. Einleitung

Die politischen Entscheidungen – namentlich die Flutung der Märkte mit billigem Geld und das historisch niedrige Zinsniveau – hatten seit den Versuchen, die Staatschuldenkrise zu bewältigen, bis in das zweite Jahr der Pandemie eine in Deutschland nie gekannte Renditekompression mit dem Effekt der Vermögenspreis-Inflation ausgelöst. Seit Mitte 2021 kehrte auch die Inflation zurück, verbunden mit der Kaufkraftverminderung der Einkommen und mit einem die Entwertung von Geldvermögen verstärkenden Effekt. Ihren bisherigen Höhepunkt hatten die Inflationsraten im November/Dezember 2021. Was bedeutet diese Gesamtsituation für die Finanzpolitik und die Geldwertstabilität[1]?

II. Staatsverschuldung

Für die Staatsverschuldung gilt innerhalb der EURO-Länder nach dem Maastricht-Vertrag eine Schuldengrenze von jeweils 60 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und eine jährliche Neuverschuldung von 3 % des BIP. Diese Rechtslage wurde schon vor der Pandemie missachtet (Beispiele: Griechenland, Italien, Frankreich). Denn die niedrigen Zinsen haben die Staaten – und das sind nicht nur die wichtigsten Industrienationen – geradezu animiert, die Schuldenspirale exorbitant „nach oben“ zu treiben.

Im EURO-Raum wurden für 2021 folgende Schuldenstände[2] prognostiziert:

  • EURO-Raum gesamt: 98 %, 
  • Deutschland 71,4 %, 
  • Frankreich 114,6 %, 
  • Italien 154,4 %, 
  • Spanien 120,6 % und 
  • Griechenland 202,9 %, 

jeweils bezogen auf BIP, d. h. die Schulden sind – Deutschland hier ausgenommen – höher als die jährliche Wirtschaftskraft, in Griechenland sogar doppelt so hoch. Bis 2023 wird von einer leicht sinkenden Tendenz ausgegangen.

Die Gründe für diese hohen Prozentsätze liegen – über die vor der Pandemie bereits festgestellten Schuldenstände hinaus – in den zusätzlichen Corona-, Konjunktur-, Hilfs- und Unterstützungsleistungen der einzelnen Staaten. In Deutschland waren dies z. B. Kurzarbeitergeld, Staatshilfen für Selbständige, einzelne Branchen (Hotel- und Gaststättengewerbe, Einzelhandel etc.), wobei ein Teil der Hilfen aktuell erneut (undifferenziert) verlängert wurde. 2019 lag der Verschuldungsgrad Deutschlands mit 59,7 % des BIP noch unter dem Maastricht-Kriterium. Allein im Jahr 2020 stieg er um 10,3 Prozentpunkte und erreicht Ende 2021 71,4 %. [...]
Beitragsnummer: 19584

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