Freitag, 4. März 2022

Aktuelle Entwicklung im Bereich der Marktpreisrisiken (IRRBB & CSRBB)

Dominik, Leichinger[1], Prüfungsleiter, Referat Bankgeschäftliche Prüfungen 2, Hauptverwaltung in NRW, Deutsche Bundesbank

Das seit mehr als einer Dekade anhaltende Niedrigzinsumfeld hat die Institute – auf der Suche nach Investitionsmöglichkeiten mit noch auskömmlichen Renditeerwartungen – dazu bewegt, teils in Papiere bonitätsschwächerer Emittenten zu investieren. Sowohl die verstärkte Nachfrage nach entsprechenden Investments als auch die wirtschaftlichen Stützungsmaßnahmen der Staaten im Kontext der Covid-19-Pandemie hatten Überbewertungstendenzen und damit ein weiteres Absinken der Renditen zur Folge. Zudem ist in diesem Zusammenhang die Staatsverschuldung verschiedener Länder auf historische Höchststände angestiegen.

Nach vielen Jahren der expansiven Geldpolitik zeichnen sich am aktuellen Rand erste Anzeichen einer möglichen Zinswende ab. Während in den USA die Leitzinsen bereits seit Ende 2015 sukzessive erhöht wurden, in 2020 jedoch deutlich gesenkt wurden, insbesondere um den wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu begegnen, hält der Notenbankchef der Federal Reserve eine Erhöhung der Leitzinsen in 2022 für angemessen.[2] Hintergrund für die potenzielle Straffung der Geldpolitik ist vor allem ein Anstieg der Inflation. Während diese Anfang 2022 mit 7,5 % auf ein 40-Jahres-Hoch in den USA kletterte, stieg die Inflationsrate in der EU im Januar 2022 auf durchschnittlich 5,6 % gegenüber dem Vorjahr. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die EZB in ihren nächsten Terminen zu Zinsentscheidungen positioniert.

Dies vorausgeschickt erscheint es wenig überraschend, dass die EZB in ihren veröffentlichten Aufsichtsprioritäten für die Jahre 2022 bis 2024 Anfälligkeiten für Zins- und Credit-Spread-Schocks unter die Priorität Nr. 1 gefasst hat. Im Rahmen „gezielter Überprüfungen“[3] soll aufsichtlich beurteilt werden, wie Institute Zinsänderungs- und Credit-Spread-Risiken bewerten, überwachen und steuern.

Auch die BaFin stuft in Ihrer Publikation „Risiken im Fokus der BaFin 2022“ Risiken aus dem Niedrigzinsumfeld als ein Hauptrisiko – neben fünf weiteren – ein, denen die Bankenlandschaft in Deutschland ausgesetzt ist.

Mit Blick auf die aufsichtlichen Anforderungen und Erwartungen im Umgang mit Zinsänderungs- und Credit-Spread-Risiken im Anlagebuch hat die EBA am 02.12.2021 ein Konsultationspapier (EBA/CP/2021/37) hierzu veröffentlicht. Die Konsultation zielt darauf ab, die EBA-Leitlinien aus 2018 zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos bei Geschäften des Anlagebuchs (EBA/GL/2018/02) abzulösen und zu aktualisieren.

Gegenüber den less significant institutions (LSIs) in Deutschland werdend die aufsichtlichen Anforderungen zum Umgang mit Zinsänderungsrisiken – neben den Verlautbarungen der MaRisk – insbesondere über ein separates Rundschreiben (aktuell Rundschreiben 06/2019 (BA)) der BaFin adressiert.

Gleichzeitig hat die EBA ein Konsultationspapier bezüglich eines Standardansatzes für die Bewertung von IRRBB veröffentlicht (EBA/CP/2021/38) sowie eine Konsultation der Neufassung des aufsichtlichen Ausreißertests für IRRBB (EBA/CP/2021/36).

 

Im Vergleich zu den bestehenden Regelungen widmet sich das Konsultationspapier (EBA/CP/2021/37) deutlich stärker als bisher dem Risikomanagement (Risikoidentifizierung, -bewertung und -überwachung) von Credit-Spread-Risiken des Anlagebuchs (CSRBB). Analog zu den IRRBB wird auch für die Beurteilung und Bewertung des CSRBB eine barwertige und eine periodische Perspektive gefordert.

 

Bezüglich des Risikomanagements von Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch (IRRBB) sieht die EBA in ihrem Konsultationspapier insbesondere die Etablierung von Kriterien vor, anhand derer festgestellt werden soll, ob die von den Instituten zur Bewertung des IRRBB eingesetzten internen Methoden und Verfahren als nicht angemessen einzustufen sind. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn nicht alle relevanten Ausprägungen des IRRBB von den in den Instituten eingesetzten Risikomessverfahren berücksichtigt werden. Werden die internen Verfahren zur Beurteilung von IRRBB als nicht angemessen eingestuft, hätte dies die Anwendung der Standardmethode zur Folge. Dem zugehörigen Konsultationspapier (EBA/CP/2021/38) folgend, basiert die Standardmethode stark auf den Arbeiten des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zu IRRBB aus April 2016.

Zusätzlich zum bekannten barwertigen Kriterium sieht das Konsultationspapier (EBA/CP/2021/36) für den aufsichtlichen Ausreißertest die Erweiterung um eine periodenorientierte Ertragsperspektive vor.

 

PRAXISTIPPS

  • Frühzeitige Auseinandersetzung mit den in den Konsultationspapieren aufgegriffenen Neuregelungen.
  • Regelmäßige und im Bedarfsfall anlassbezogene Überprüfung der Angemessenheit der Risikomessverfahren zur Vermeidung der Anwendung des Standardansatzes für IRRBB.
  • Konsequente Beurteilung und Bewertung von IRRBB und CRSBB aus barwertiger und periodischer Perspektive.

[1]  Die in dieser Publikation vertretenen Auffassungen geben die persönliche Meinung des Autors wieder und sind nicht notwendigerweise Positionen der Deutschen Bundesbank oder einer anderen Bankenaufsichtsbehörde.

[3]  EZB-Bankenaufsicht, Aufsichtsprioritäten für die Jahre 2022-2024.

 


Beitragsnummer: 19548

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