Sonntag, 24. Januar 2021

Haftungsrisiken für Mitglieder im Gläubigerausschuss/Gläubigerbeirat

Die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für die Mitglieder im Gläubigerausschuss/Gläubigerbeirat

Torsten Steinwachs, Geschäftsführender Gesellschafter, SAV Aval- und Versicherungsvermittlung GmbH

Robin Steinwachs, Werksstudent, SAV Aval- und Versicherungsvermittlung GmbH

Die Mitgliedschaft im Gläubigerausschuss/Gläubigerbeirat bindet weitreichende wirtschaftliche Gestaltungsrechte und ist von haftungsrechtlichen Fragestellungen begleitet. 

Die Novität des Rechts im Zuge des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) hat die Mitwirkungsrechte der Gläubiger wesentlich verstärkt, so dass den genannten Organen eine größere Bedeutung als in der Vergangenheit zukommt. Insofern trägt die Novellierung nicht nur eine Erweiterung des Aufgabenkreises in sich, sondern auch die vermehrte haftungsrechtliche Verantwortung des Gläubigerausschussmitgliedes. 

Eine Haftung wird immer dann relevant, wenn eine haftungsauslösende Pflichtverletzung vorliegt. Eine Pflichtverletzung ergibt sich vorrangig aus der Vernachlässigung von Überwachungs- und Kontrollpflichten. 

Der Gläubigerausschuss hat die Geschäftsführung des Insolvenzverwalters zu unterstützen und zu überwachen (§ 69 InsO). Die mangelhafte Ausführung dieses Aufgabenkreises kann eine Haftung auslösen, wenn schuldhaft die obliegenden Pflichten verletzt werden (§ 71 InsO). 

Der Verwalter reduziert das Risiko durch die eigene Berufshaftpflichtversicherung als Berufsträger. Unterdessen verbleibt das Risiko als Gläubigerausschussmitglied selbst in Anspruch genommen zu werden, was gerade nicht dadurch ausscheidet, dass das pflichtwidrig handelnde Gläubigerausschussmitglied gesamtschuldnerisch neben dem pflichtwidrig handelnden Insolvenzverwalter haftet, denn der Eintritt der Berufshaftpflichtversicherung im Schadensfall umfasst mitunter keine Tätigkeit als Insolvenzverwalter. Überdies schließt vorsätzliches oder wissentliches Fehlverhalten des Insolvenzverwalters den Eintritt der Berufshaftpflichtversicherung per se aus.

In der Folge liege das Bestehen des eigenen Versicherungsschutzes weit außerhalb des eigenen Einflussbereichs, was wiederum nicht im Sinne des Gläubigerausschussmitgliedes sein kann. Auf die extendierende Wirkung des Versicherungsschutzes der Berufshaftpflichtversicherung des Verwalters innerhalb des schadensverursachenden Sachverhalts kann sich nicht verlassen werden.

Die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung bezieht sich grundsätzlich auf Vermögensschäden und definiert sich wie folgt: „Vermögensschaden sind solche Schäden, die weder Personenschäden (Tötung, Verletzung des Körpers oder Schädigung der Gesundheit von Menschen) noch Sachschäden (Beschädigung, Verderben, Vernichtung oder Abhandenkommen von Sachen, insbesondere auch von Geld und geldwerten Zeichen) sind, noch sich aus solchen Schäden herleiten.“ Nach § 100 VVG wird ein zweifacher Schutz gewährt. Zum einen bestehend aus der Ausgleichsfunktion bzw. Freistellungsverpflichtung, sprich der Freistellung berechtigter Ansprüche sowie der Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche (zu den Grundsätzen der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung R. Steinwachs/T. Steinwachs in Steinwachs/Vallender/Cranshaw (Hrsg.): Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden, Rz. 1096 ff.).

Der Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ist unumstößlich und angezeigt, denn ein direkter Anspruch gegen die Insolvenzmasse als ausreichende Absicherung ist ungenügend und lediglich guter Glaube gegen eine in der Insolvenzpraxis vorkommende Untreue zum Nachteil der Masse. Gesetz dieses Falles findet der Geschädigte gerade keine Insolvenzmasse mehr vor. 

Richtigerweise ist der Anspruch des Gläubigerausschusses auf Abschluss einer Haftpflichtversicherung auch vom BGH judiziert worden. Der BGH geht so weit, dass er dem einzelnen Gläubigerausschussmitglied zugesteht aus dem Amt auszuscheiden, sobald Prämien für eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nicht geleistet werden.

Selbige Empfehlung auf Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung muss auch für das Gläubigerbeiratsmitglied nach StaRUG ausgesprochen werden. 

Strittig ist, welche Aufgabenbereiche die Gläubigerbeiratsmitglieder haben. Es spricht sehr viel dafür, dass Aufgaben und Haftungsverfassung dem Gläubigerausschuss ähnlich sind (R. Steinwachs/T. Steinwachs in Steinwachs/Vallender/Cranshaw (Hrsg.): Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden, Rz. 1115). Eine vermittelnde Ansicht rechnet dem Gläubigerbeirat zwar keine dem Gläubigerausschuss vergleichbare Rechtsstellung zu, stellt aber die Aufgabenbereiche dem Gläubigerausschuss gleich. Weiter wird vertreten, dass der Gläubigerbeirat den Schuldner zu unterstützen und gleichwohl zu überwachen habe (umfassend zu den allgemeinen Pflichten, Unterstützung und Überwachung vgl. Cranshaw in Steinwachs/Vallender/Cranshaw (Hrsg.): Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden, Rz. 195 ff.). 

Auch die Gläubigerbeiratsmitglieder haben einen Anspruch auf eine adäquate Haftpflichtversicherung. Die Versicherungsprämie ist vom Schuldner zu leisten. Aufgrund der Haftungsrisiken für den Gläubigerbeirat (zu den Haftungsfragen und der Rechtsstellung des Gläubigerbeirat Cranshaw in Steinwachs/Vallender/Cranshaw (Hrsg.): Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden, Rz. 195 ff.) sollte der Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ein gewichtiges Erfordernis auf der Agenda des Beirats vor Amtsantritt sein (Versicherung des Gläubigerbeirats nach dem StaRUG vgl. R. Steinwachs/T. Steinwachs in Steinwachs/Vallender/Cranshaw (Hrsg.): Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden, Rz. 1114 ff.). Die erweiterten Aufgaben und Überwachungspflichten der Mitglieder im Gläubigerausschuss lassen sich als gefahrgeneigte Tätigkeit bezeichnen, welche bestmöglich versichert gehört. Dies gilt in ebengleicher Weise für den Gläubigerbeirat nach StaRUG (zu den Aufgaben des Gläubigerbeirats nach § 93 Abs. 2, 3 StaRUG vgl. Cranshaw in Steinwachs/Vallender/Cranshaw (Hrsg): Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden, Rz. 195 ff.).

Bei den Auslagen handelt es sich um tatsächlich entstandene Kosten, die das Gläubigerausschussmitglied zur Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlichen halten durfte. § 18 Abs. 1 InsVV konkretisiert den bereits in § 73 Abs. 1 InsO geregelten Anspruch des Gläubigerausschussmitglieds auf Erstattung angemessener Auslagen. Auch die Gläubigerbeiratsmitglieder haben einen Erstattungsanspruch angemessener Auslagen. Umfasst sind auch im Verfahren nach dem StaRUG die Prämien für die Haftpflichtversicherung. Auslagen sind Kosten des Insolvenzverfahrens, sprich Verbindlichkeiten der Masse (§ 54 Nr. 2 InsO). Sie können direkt aus der Insolvenzmasse beglichen werden. Dies gilt auch in Eigenverwaltungsverfahren. Für die Angemessenheit der Auslagen ist der Zeitpunkt zu dem die Kosten veranlasst worden sind maßgeblich. Dabei hat der Gläubigerausschuss darauf zu achten, dass mehrere Angebote eingeholt werden. Dies sollte über einen spezialisierten Makler geschehen, welcher die besten Angebote erhält und den Marktüberblick innehat.

Der Versicherungsmakler ist in der Lage dem Ausschussmitglied ein bestmögliches Angebot vorzulegen. Überdies kann dieses Vorgehen erheblich zur Entlastung der Masse beitragen und masseschädigenden Entscheidungen vorbeugen. Zudem ist der Makler verpflichtet bei sämtlichen Versicherungen eine Deckung anzufragen, außer eine andere Weisung wird erteilt (R. Steinwachs/T. Steinwachs in Steinwachs/Vallender/Cranshaw (Hrsg.): Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden, Rz. 1090). Idealerweise kann im Verhältnis Versicherungsgeber und Makler eine zweifache Maximierung der Versicherungssumme ausgehandelt werden, sodass der Versicherer das doppelte der Schadenssumme pro Versicherungsjahr in Deckung nimmt, bei bestenfalls gleichbleibender Versicherungsprämie (R. Steinwachs/T. Steinwachs in Steinwachs/Vallender/Cranshaw (Hrsg.): Gläubigerausschuss und Gläubigerbeirat in Restrukturierung und Insolvenz des Firmenkunden, Rz. 1101 ff.).

Da gerade höhere Deckungssummen nicht immer zweifach maximiert werden (zumeist ab 10 Mio. €), können gerade durch die Maklertätigkeit für das individuelle Verfahren bestmögliche Angebote eingeholt werden. Dieses Vorgehen entspricht somit auch der Judikatur des BGH, welcher auf das Wirtschaftlichkeitsgebot abstellt. Der Überblick des Marktes ist von zentraler Bedeutung, denn die Versicherungsangebote können stark divergieren. Unterschiede in der Prämienhöhe von über 2.000 €/pro Mio. Deckungssumme sind nicht unüblich (Auswertung der Versicherungsprämien aus 342 Insolvenzverfahren mit dem Schwerpunkt Eigenverwaltung und 883 Einzelversicherungen: R. Steinwachs/T. Steinwachs, ZInsO 2020 S. 2.462 (2.463)). Muss hierbei immer das preisgünstigste Versicherungsangebot angenommen werden? Dies ist umstritten, würde sich bei rein wirtschaftlicher Betrachtungsweise und Kostenminimierung des Verfahrens zumindest gebieten. 

Nach dem BGH wäre dies auch ein Gebot der Wirtschaftlichkeit. Seine Ansicht sieht die Begrenzung der Prämie bei max. zehn Prozent über dem besten Angebot. Die Begründung, dass im konkreten Falle bei einer Abweichung von sieben Prozent über dem besten Angebot dem Versicherer von den Gläubigerausschussmitgliedern ein besonderes Vertrauen entgegengebracht wurde, ist durchaus nachvollziehbar. Diesem könnte entgegengehalten werden, dass die Gläubigerschaft das Vertrauen in die Verfahrensbeteiligten setzt, die Masse nicht unnötig zu belasten. 

PRAXISTIPPS

  • Liegen mehrere Angebote vor (min. drei)?
  • Sind diese von einem unabhängigen und spezialisierten Makler eingeholt?
  • Bei Auslandsbezügen des Verfahrens: Sind diese in den Haftpflichtbedingungen mit aufgenommen?
  • Beachte: Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung über ein Gläubigerausschussmitglied als Ausschließlichkeitsvertreter einer Versicherung ist rechtswidrig!
  • Höhe der Haftpflichtsumme sollte der Höhe der Versicherungssumme der anderen Verfahrensbeteiligten (z. B. Eigenverwaltung, Sachwalter) entsprechen.
  • Es sollte eine Versicherung abgeschlossen werden, da Bündelnachlässe sonst nicht zum Tragen kommen.
  • Zumindest bis zur Haftpflichthöhe von 10 Mio. € sollte der Deckungsbetrag vorzugsweise zweifach maximiert sein.
  • Selbstbehalte für die Gläubigerausschuss/Gläubigerbeiratsmitglieder sind zu streichen.
  • Eine Nachmeldefrist sollte gestrichen werden.
  • Die Bezahlung der Versicherungsprämie sollte nachgefragt werden (bei Beauftragung eines Maklers würde dieser informiert werden, falls die Prämie nicht fristgerecht bei der Versicherung eingeht und der Gläubigerausschuss/Gläubigerbeirat damit seinem Versicherungsschutz verlustig zu gehen droht).
  • Eine Millionen Versicherungssumme sollte den Betrag von 1.000 € netto nicht übersteigen.
  • Die Höhe der Versicherungssumme sollte einem Drittel des letzten Jahresumsatzes des Schuldners entsprechen (Im Einzelfall kann dies jedoch auch viel zu hoch oder viel zu niedrig sein!).

Beitragsnummer: 19527

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