RA Torsten Steinwachs, geschäftsführender Gesellschafter der BMS Bond Management Support, Avalmanagement, Frankfurt a. M./Hamburg/Erfurt, zertif. Wirtschaftsmediator (Uni. Of Appl. Science, Wismar)
RA Holger Bruhn, Interne Revision Sparkasse Hohenlohekreis, Lehrbeauftragter an der Hochschule Heilbronn
Robin Steinwachs, Werkstudent der BMS, Wirtschaftsjura an der FOM Frankfurt a. M.
I. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern
Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich mit seinem Urteil vom 02.05.1979 mit der Frage der Auslegung der Klausel „Zahlung auf erstes Anfordern“ in einer Bankbürgschaft, die zur Ablösung eines Gewährleistungseinbehalts gegeben wurde.[1] Seit dieser Entscheidung ist in der Rechtsprechung des BGH sowie überwiegend in der Literatur eine Bürgschaft auf erstes Anfordern anerkannt; die Klausel ist „mit dem Wesen der Bürgschaft vereinbar“.[2]
1. Zweck der Bürgschaft auf erstes Anfordern
Die Bürgschaft auf erstes Anfordern lässt sich im Wesentlichen auf zwei Entwicklungslinien zurückführen.[3] Die erste Entwicklungslinie ist zugleich die Eigenart der Bürgschaft auf erstes Anfordern, die im Wesentlichen darin besteht, Einwände des Bürgen gegen seine Zahlungspflicht in den Rückforderungsprozess zu verlagern, denn der Gläubiger kann eine Bürgschaft auf erstes Anfordern nach den in der Bürgschaftsurkunde genannten Voraussetzungen in Anspruch nehmen, wobei eine schlüssige Darlegung des Sicherungsfalls nicht erforderlich ist, denn der Bürge kann seiner Inanspruchnahme Einwendungen aus dem Verhältnis des Gläubigers zum Hauptschuldner nur entgegensetzen, wenn der Gläubiger seine formale Rechtsstellung offensichtlich missbraucht, im Übrigen ist er auf den Rückforderungsprozess verwiesen.[4] Neben dem Schutzbedarf des Kreditinstituts und des Kautionsversicherers Bürgschaftsgläubiger, mit der einhergehenden Besorgnis gegenüber unberechtigten oder gar „schikanösen“ Einwendungen durch den Bürgen[5], bedeutet die Bürgschaft auf erstes Anfordern eine Art Kreditgewährung, weil dem Gläubiger ein Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, den er möglicherweise wieder zurückzuzahlen hat, denn eine Bürgschaft auf erstes Anfordern hat nicht nur die Funktion einer Sicherung; sie räumt dem Gläubiger weiterreichend die Möglichkeit ein, sich liquide Mittel zu verschaffen, was auch möglich ist, wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten ist.[6]
Damit unterliegt der Auftragnehmer der Gefahr, durch den Rückgriff des Bürgen belastet zu werden, ohne dass der Anspruch des Gläubigers besteht. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die im Ergebnis unberechtigte Anforderung der Bürgschaft auf einen Missbrauch zurückgeht oder auf eine bloße Fehleinschätzung seitens des Gläubigers.[7] Wer sich auf ein so risikoreiches Geschäft einlässt, ist grundsätzlich auch dann zur Zahlung verpflichtet, wenn sich der Gläubiger in Liquiditätsschwierigkeiten befindet. Nur so wird die Bürgschaft auf erstes Anfordern ihrem Zweck gerecht, das Bardepot zu ersetzen.[8]
2. Durchbrechung des Akzessorietätsgrundsatzes? [...]
Beitragsnummer: 19520