Stefan Kern, Mitglied des Vorstandes, Volksbank Trossingen eG
I. Umfang und Hintergründe des Fachkräftemangels
Der Fachkräftemangel wird allmählich zum Problem.[1] Nicht, dass dieses Thema nicht schon hinlänglich bekannt und vielfältig diskutiert worden wäre, aber so langsam wird die Thematik existenziell. Das Bundeswirtschaftsministerium bezifferte im Jahre 2020 die Anzahl Unternehmen, deren Existenz vom Fachkräftemangel bedroht ist, auf mehr als 55 Prozent.[2] Und nach einer vom Bundesarbeitsministerium in Auftrag gegebene Studie fehlen in Deutschland bis 2026 rund 240.000 qualifizierte Arbeitskräfte.[3] Eine andere Prognose geht davon aus, dass bis zum Jahr 2030 sogar bis zu 2 Millionen Fachkräfte fehlen werden.[4] Für die meisten Branchen ist der Personalmangel ein Problem, das selbst die steigenden Rohstoffkosten bzw. die Energiekosten, allgemein die Inflation oder unterbrochene Lieferketten übertrifft.
Eine eigene Dramatik hat der Fachkräftemangel in der Bankenbranche. Mehr als 65.000 offene Stellen weisen die Banken Mitte des Jahres 2022 aus.[5] Um diese Dimension ins richtige Licht zu rücken: bei rund 540.000 Angestellten in der Kreditwirtschaft in der Bundesrepublik liegt das Verhältnis von offenen zu besetzten Stellen bei 1:8. Das Personal fehlt hierbei im klassischen Filialgeschäft, vor allem aber im strategisch wichtigen Bereich von Finanz- und Rechnungswesen.
Und in der Tat: Häufig bewerben sich mittlerweile die Banken bei potenziellen Mitarbeitern und nicht wie früher üblich, umgekehrt. [...]
Beitragsnummer: 19511