Montag, 29. November 2021

3G am Bankarbeitsplatz: Knifflige Umsetzung, Arbeitsrecht, Datenschutz

Zutrittsbeschränkung – Kontroll-/Dokumentationspflicht des Arbeitgebers – Datenschutzanforderungen – Störfälle & Vergütungsansprüche – Mitbestimmung – Ordnungswidrigkeit

Marcus Michel, Vorstand FCH Gruppe AG


Der Bundestag hat am 18.11.2021 umfangreiche Veränderungen des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze und Verordnungen beschlossen. Die Gesetzesänderungen treffen diesmal auch direkt das Personalmanagement.


„3G“ im Betrieb gilt für alle und an jedem Arbeitstag

Arbeitgeber müssen also den Impfstatus ihrer Beschäftigten abfragen. Es drohen

Strafen, wenn sie es nicht tun. Arbeitnehmer müssen schon an der Bürotür nachweisen, dass sie entweder getestet, geimpft oder genesen sind. 

Die Pflicht zur Kontrolle schreibt die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes vor.

Das zur Corona-Pandemie-Bekämpfung beschlossene Gesetz setzt dabei einige Grundregeln des Datenschutzes relativ überraschend außer Kraft: Ab sofort dürfen Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer gespeichert werden, nach denen zuvor der Arbeitgeber nicht einmal fragen durfte, u. a. der Impfstatus. 

Mit dem neu gefassten § 28b Abs. 1 IfSG wird eine umfassende 3G-Regelung für alle Beschäftigten eingeführt. 

Wer diese „3G“-Anforderungen nicht erfüllt, darf als Beschäftigter den Betrieb nur noch betreten, um

  • unmittelbar vor der Arbeitsaufnahme ein Testangebot des Arbeitgebers zur Erlangung eines Nachweises wahrzunehmen oder
  • ein Impfangebot des Arbeitgebers wahrzunehmen.

Für viele Beschäftigte wird das tägliche Beschaffen eines Tests nicht nur lästig, sondern zum Teil auch nahezu unmöglich sein. Man mag zwar annehmen, dass der zusätzliche Bedarf an solchen Tests durch die gleichzeitig eingeführte Homeoffice-Pflicht zumindest zum Teil kompensiert wird. Trotzdem ist zu erwarten, dass sich vor Testcentern lange Schlangen bilden. 


Störfälle und Vergütungsansprüche

Wer sich als Arbeitnehmer weigert, einen entsprechenden Nachweis zu liefern, der muss mit Lohnausfall, Abmahnungen oder im Wiederholungsfall sogar mit

einer Kündigung rechnen, da er die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten verletzt – ähnlich wie beim unentschuldigten Fernbleiben.

Damit trägt jeder Beschäftigte das Risiko selbst, durch entsprechende Nachweise seine Arbeitsleistung erbringen zu können. Das gilt aber nur da, wo die Arbeitsleistung zwingend in der „Arbeitsstätte“ erbracht werden muss. Wer seine Arbeit vertragsgemäß im Homeoffice erbringt, behält seinen Vergütungsanspruch unabhängig von „3G“. 

Weitere Störfälle können sich ergeben, wenn der Beschäftigte seinen Arbeitsplatz erst gar nicht erreicht. Mit den Neuregelungen wird auch „3G“ für öffentliche Verkehrsmittel eingeführt. Ein Beschäftigter, der mangels „3G“ den ÖPNV nicht nutzen darf und dementsprechend seinen Arbeitsplatz nicht erreicht, kann seine Arbeitsleistung nicht erbringen und verliert seinen Vergütungsanspruch. Es realisiert sich das stets vom Beschäftigten zu tragende Wegerisiko. 

 

Datenschutz

Gesundheitsdaten der Beschäftigten gehören zu den besonders sensiblen Daten und genießen daher einen besonderen Schutz. Das ändert aber nichts daran, dass der Arbeitgeber diese Daten verarbeiten darf, wenn dies zur Administration des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. 

In jedem Fall ist dringend zu empfehlen – ggf. in Abstimmung mit den betrieblichen Datenschutzbeauftragten – ein Konzept zur Umsetzung der datenschutzrechtlichen Verpflichtungen in diesem Kontext zu erstellen. Dazu gehört sicher auch, die nun erforderlichen Kontrollen so zu gestalten, dass Dritte möglichst keine Kenntnis von dem „3G“-Status des jeweils Kontrollierten erhalten, dass etwaige Dokumentationen sorgfältig unter Verschluss gehalten werden und dass die zu den Kontrollen eingesetzten Personen Stillschweigen wahren über die Umstände, die ihnen anlässlich der Kontrollen bekannt geworden sind.


Mitbestimmung

Zur Mitbestimmung ist im Gesetz erst einmal nichts geregelt, hierzu gibt es, wie nicht anders zu erwarten, eine umfangreiche Diskussion in den Betrieben. Gerade die klaren (harten) Regelungen für Arbeitnehmer bei Nichterfüllung der Testpflicht bringen viele Betriebsräte dazu, auf die Einführung einer entsprechenden Betriebsvereinbarung zu bestehen. 

Als Argumente werden hierbei verschiedene Punkte des BetrVG aufgegriffen, u. a. das Thema „Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsschutzes“ (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Dies könnte relevant sein, wenn der Arbeitgeber ausgestaltende Maßnahmen ergreift, die über den Inhalt des Gesetzes hinausgehen. Beschränkt sich der Arbeitgeber nur auf die Umsetzung des Gesetzes, stellt sich schon die Frage, ob es sich überhaupt um Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsschutzes handelt. Generell ist es aber unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung hilfreich, wenn Arbeitgeber und Betriebsräte kurzfristig eine gemeinsame Vorgehensweise abstimmen, um eine möglichst hohe Akzeptanz der Maßnahmen zu erreichen.


PRAXISTIPPS

  • Stimmen Sie das konkrete Vorgehen mit dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten ab, fixieren Sie die Art der Dokumentation und auch die Löschfristen.
  • Binden Sie den Betriebsrat aktiv ein, um unnötige Diskussionen in der Belegschaft zu vermeiden.
  • Sollten Sie Mitarbeiter mit Kontrollpflichten beauftragen, geben Sie diesen eine klare Arbeitsanweisung an die Hand um die „Pflichterfüllung nach dem Gesetz“ sauber zu dokumentieren.

Beitragsnummer: 19436

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