Montag, 29. November 2021

Kommission startet Konsultation zur Reform der WohnimmobilienkreditRL

Christian König, Hauptgeschäftsführer Verband der Privaten Bausparkassen e.V.

 

Turnusgemäß hat die Europäische Kommission noch einmal an das „perpetuum mobile“ zur Regulierung des Immobiliarverbraucherdarlehensvertrags erinnert und am 22.11.2021 eine Konsultation zur Reform auf ihre Webseite gestellt. Revisionen von Richtlinien sind im europäischen Gesetzgebungsverfahren üblich. So sieht auch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WKR) in Art. 44 fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie ihre Überprüfung vor. 

Die Konsultation befasst sich mit möglichen Hindernissen für die grenzüberschreitende Bereitstellung von Hypothekarkrediten und mit der Frage, ob die Vorschriften angesichts neuer Entwicklungen wie der Digitalisierung und der nachhaltigen Finanzierung noch zweckmäßig sind.

 

Die öffentliche Konsultation zielt darauf ab, mit Hilfe von Fragen den Handlungsbedarf für mögliche Lösungen oder Optionen und deren Auswirkungen zu ermitteln. Die Kommission erwartet Stellungnahmen zur Funktionsweise und zu möglichen Verbesserungen des bestehenden Rechtsrahmens. Ferner soll bewertet werden, ob die derzeitigen Vorschriften an die neuen aktuellen Herausforderungen angepasst sind, insbesondere an die Digitalisierung, an das Thema Nachhaltigkeit und die COVID-19-Krise. Die Kommission will nach eigenen Angaben sicherstellen, dass die bestehenden Vorschriften weiterhin ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten, die Ziele des Binnenmarktes fördern und zur Finanzstabilität beitragen.

 

Es handelt sich bei der Konsultation um einen 49-seitigen online-Fragebogen mit konkreten Fragen rund um die Themen der Digitalisierung, grüne Hypotheken und den Erfahrungen mit den Disruptionen und Moratorien aufgrund der COVID-Krise. Natürlich werden auch Fragen zur Effizienz der Richtlinie, Diskriminierung von Verbrauchern, zu negativen Erfahrungen zulasten der Verbraucher, Fragen zu ausreichender Durchsetzung durch national zuständige Behörden, ausreichendem Schutz durch ADR-Systeme, finanzieller Allgemeinbildung, grenzüberschreitenden Barrieren, etc. gestellt.

 

Die Kommission begründet die mögliche Anpassung der Richtlinie an das in den letzten fünf Jahren geänderte digitale Umfeld, das die Digitalisierung neuer Marktteilnehmer, neue Formen der Finanzvermittlung, wie z. B. Peer-to-Peer Hypothekendarlehen, hervorgebracht hat. Auch sollen die Normen aufgrund der zunehmenden automatisierten Entscheidungsfindungssysteme, die Berücksichtigung von nicht-traditionellen Daten zur Bewertung der Kreditwürdigkeit, Robo-Advice usw. überprüft werden. Die Kommission stellt fest, dass sich auch die Verbrauchergewohnheiten geändert haben, denn Vergleichswebseiten werden zunehmend häufiger genutzt.

 

Digitalisierung 

Die Digitalisierung wird für den Verbraucher als vorteilhaft betrachtet, vor allem erleichtert sie nach Auffassung der Kommission den Zugang zu Produkten und kann zu niedrigeren Kosten führen. Auch habe die Digitalisierung eine positive Rolle für die weitere Entwicklung des Binnenmarktes. Allerdings unterfällt die Peer-to-Peer-Kreditvergabe aktuell nicht der WKR, auch Informationspflichten, die nicht an ein digitales Umfeld angepasst sind, können es für die Verbraucher schwieriger machen, Angebote vollständig zu verstehen. Die Kommission sieht ferner die Gefahr der Diskriminierung im Zusammenhang mit Kreditentscheidungen, welche auf der Grundlage von Algorithmen und künstlicher Intelligenz gefällt werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der kürzlich vorgelegte Kommissionsvorschlag zur künstlichen Intelligenz vorsieht, dass KI-Systeme, die zur Bewertung des Kreditscores oder der Kreditwürdigkeit natürlicher Personen eingesetzt werden, als hochriskant eingestuft werden sollten, da sie nach Auffassung der Kommission ein erhebliches Risiko für die Grundrechte von Personen darstellen können.


Nachhaltigkeit

Der dritte Schwerpunkt der Konsultation widmet sich den Erfahrungen aus der COVID-19-Krise, welche die EU-Wirtschaft erheblich gestört und in vielen Mitgliedstaaten immer noch große Auswirkungen auf den Kreditmarkt und die Verbraucher hat. Die Kommission erkennt an, dass die Mitgliedstaaten eine Reihe von Entlastungsmaßnahmen, wie z. B. Stundungsmoratorien erlassen haben, um die finanzielle Belastung der Verbraucher in dieser Notsituation zu mindern.


 PRAXISTIPPS

  • Die Kreditwirtschaft und Marktteilnehmer sind nun gefordert, sich an der Konsultation zu beteiligen und ihr Know-how hier einzubringen. Am Ende zählt nicht die Größe oder die Marktmacht der vertretenen Verbände, sondern die Zahl der Eingaben bei dieser online-Konsultation. Es ist daher von elementarer Bedeutung, dass möglichst viele sachkundige Personen den erst einmal nur in englischer Sprache veröffentlichten Konsultationsbogen online ausfüllen. In vier Wochen sollen andere Sprachfassungen online gestellt werden. Die Konsultation läuft bis zum 14.02.2022. 

Beitragsnummer: 19433

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