Donnerstag, 16. September 2021

Anlageberatungshaftungsgrundsätze bei Container-Direktinvestments

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In seiner Entscheidung vom 12.05.2021, Az.1 U 22/20, WM 2021, 1594 erinnert das Oberlandesgericht Bremen zunächst daran, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Anlageberatungsvertrag regelmäßig dann vorliegt, wenn der Kapitalanleger selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat und er deshalb nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren – häufig auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene – fachkundige Bewertung und Beurteilung erwartet, die er, der Kapitalanleger, auch besonders honoriert. Dabei könne ein solcher Anlageberatungsvertrag nach allgemeinen Grundsätzen auch konkludent geschlossen werden und dies sowohl dadurch, dass der Anlageinteressent an den Anlageberater oder der Anlageberater an den Anlageinteressenten herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, wobei das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen werden kann (Rn. 22).

Sodann stellt das Oberlandesgericht Bremen klar, dass im Rahmen eines Anlagevermittlungsvertrages der Anlagevermittler – anders als der Anlageberater – (nur) eine Plausibilitätsprüfung der Anlage schuldet, im Rahmen welcher er das Anlagekonzept zumindest auf seine wirtschaftliche Tragfähigkeit und einen zum Vertrieb der Anlage verwendeten Prospekt darauf hin überprüfen muss, ob er ein schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen sachlich richtig und vollständig sind. Demgegenüber müsse ein Anlageberater, dessen Prüfungspflichten weitergehen als die eines Anlagevermittlers, eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder aber dem Anleger auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. In diesem Zusammenhang erinnert das OLG Bremen daran, dass es bei unterlassener oder fehlender Prüfung des Anlagekonzepts zu einer Haftung nur dann kommen kann, wenn bei der Prüfung ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen, oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger- und/oder objektgerecht ist (Rn. 23).

Dies zu Grunde legend führt das Oberlandesgericht Bremen dann aus, dass das Anlagekonzept des betroffenen Container-Direktinvestments keinen im Rahmen der Prüfungspflicht des Anlageberaters erkennbaren Mangel hinsichtlich der Möglichkeit des Eigentumserwerbs des Anlegers unter dem Aspekt der Wahrung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebots aufweist. Dies deshalb, weil es für die Erfüllung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebots nach der BGH-Rechtsprechung ausreichend ist, wenn infolge eines einfachen, nach außen erkennbaren Geschehens in dem für den Eigentumsübergang maßgeblichen Zeitpunkt für jeden Dritten, der die Parteiabreden kennt, ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Container übereignet werden sollen (Rn. 24). In diesem Zusammenhang führt das Oberlandesgericht Bremen weiter aus, dass die mögliche Anwendung ausländischen Rechts bei der Bestimmung des maßgeblichen Sachenrechtsstatus einen im Rahmen der Prüfungspflicht des Anlageberaters erkennbaren Mangel des Anlagekonzepts eines Container-Direktinvestments hinsichtlich der Möglichkeit des Eigentumserwerbs des Anlegers nur dann begründet, wenn dargetan oder sonst wie ersichtlich ist, dass nach dem Recht eines bestimmten in Betracht kommenden Staates der Eigentumserwerb nicht möglich gewesen wäre, was der Kapitalanleger darzulegen und zu bewerten habe (Rn. 25). 

Hieran anschließend stellt das Oberlandesgericht Bremen fest, dass eine haftungsbegründende Pflichtverletzung auch nicht darin gesehen werden könne, dass der Anleger nicht über die rechtlichen und tatsächlichen Einzelheiten und Voraussetzungen des Eigentumserwerbs an den Containern aufgeklärt wurde. Denn schon nach allgemeinen Grundsätzen sei im Rahmen des Anlageberatungsvertrages eine Aufklärung und Beratung in Bezug auf Umstände der Anlage nur dann geschuldet, wenn und soweit es sich um Eigenschaften und Risiken handelt, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Zudem bestünde eine Aufklärungspflicht dann nicht, wenn der Anleger nicht aufklärungsbedürftig sei, weil ihm die betreffenden Umstände bereits aus früheren Erfahrungen oder auf sonstiger Grundlage bekannt sind (Rn. 28 ff.). Nachdem wiederum vom Anleger nicht dargetan wurde und auch sonst nicht ersichtlich war, dass die Einzelheiten des Eigentumserwerbs für dessen Kapitalanlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung waren, käme eine hierauf gestützte Haftung nicht in Betracht.

Soweit es wiederum um die Tatsache gehe, dass die vorgesehene Übertragung des Eigentums an bestimmten Containern tatsächlich nicht erfolgte, so lehnt das Oberlandesgericht Bremen eine dahingehende Aufklärungspflichtverletzung ebenfalls ab. Denn hierbei handele es sich um das Risiko eines nicht bereits im Anlagekonzept innewohnenden Fehlverhaltens der Verantwortlichen, über welches der Anlageberater nicht aufzuklären brauche. Denn über das allgemeine und abstrakte Risiko pflichtwidrigen Verhaltens der Geschäftsführung der an der Anlage beteiligten Unternehmen müsse regelmäßig nicht aufgeklärt werden. Dies deshalb, weil entsprechende Pflichtverletzungen grundsätzlich kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage darstellen; dies jedenfalls dann nicht, wenn bestehende Pflichtverletzungen nicht schon aus strukturellen Gründen als sehr naheliegend einzustufen sind (Rn. 32).

Was wiederum die Aufklärung über das Totalverlustrisiko anbelangt, so führt das Oberlandesgericht Bremen aus, dass bei einer Sachwertanlage wie bei dem Container-Direktinvestment, die keinen Fremdkapitalanteil beinhaltet, das Totalverlustrisiko als solches nicht so gesteigert ist, als das darüber gesondert aufgeklärt werden müsste. Denn dem Anleger verbleibe regelmäßig der Sachwert der Anlage (Rn. 37). Etwas anderes ergebe sich beim Container-Direktinvestment auch nicht daraus, dass die Container diesen Sachwert durch Abnutzung und Beschädigung rasch verlieren könnten. Denn hierbei handle es sich um eine offenkundige und somit nicht aufklärungsbedürftige Folge des Umstandes, dass die streitgegenständliche Anlage auf dem Erwerb des Eigentums an bestimmten Containern beruht (Rn. 37).

Nachdem das Oberlandesgericht Bremen schließlich das Bestehen weiterer Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Container-Direktinvestment ablehnte, hielt es abschließend noch fest, dass vom Kapitalanleger in keinster Weise vorgetragen wurde, dass der Anlageberater Provisionen in solcher Höhe vereinnahmt hätte, wie sie auch außerhalb des Bereichs gesonderter gesetzlicher Regelungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Aufklärungspflicht auch für freie Anlageberater begründen würden. Hier gelte nämlich nach wie vor die relevante Grenze von 15 % (Rn. 43). 

 

PRAXISTIPP

Das Oberlandesgericht Bremen setzt sich in vorstehender Entscheidung intensiv und nach hiesiger Auffassung sehr überzeugend mit den von Kapitalanlegern gegenüber deren Beratern erhobenen Pflichtverletzungsvorwürfen im Zusammenhang in der Vermittlung des Erwerbs von Containern auseinander und gelangt zum zutreffenden Ergebnis, dass den Kapitalanlegern im konkreten Fall keinerlei Ansprüche zustehen. Dabei sind die Ausführungen des Oberlandesgericht Bremen zum Nichtvorliegen von Pflichtverletzungen bei der Darstellung von Einzelheiten und Modalitäten beim Container-Eigentumserwerb als allgemeingültig anzusehen und dürften daher auch für andere Container-Direktinvestments von Relevanz sein.


Beitragsnummer: 18331

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