Freitag, 6. August 2021

BGH zur Außenhaftung des Kommanditisten für Altverbindlichkeiten

Zeitliche Begrenzung der Außenhaftung des Kommanditisten für Altverbindlichkeiten im Falle der Herabsetzung der Hafteinlage

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In seiner Entscheidung vom 04.05.2021 Az. II ZR 38/20 (BB 2021, 1745) hält der Bundesgerichtshof entsprechend der einheitlichen Auffassung in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung sowie im Schrifttum fest, dass im Falle der Herabsetzung der Haftungssumme die Außenhaftung des Kommanditisten für Altverbindlichkeiten im Umfang des die neue Haftsumme übersteigenden Betrags entsprechend § 160 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 HGB zeitlich begrenzt wird, weswegen nach Ablauf der Nachhaftungsfrist von fünf Jahren der Kommanditist auch gegenüber Altgläubigern nur noch bis zur Höhe der neuen verminderten Hafteinlage haftet (Rn. 13). Die Herabsetzung der Hafteinlage wirke nämlich aus Sicht der Gläubiger wie ein teilweises Ausscheiden des Kommanditisten. Wer jedoch als Kommanditist teilweise ausscheide, könne im Umfang seines Ausscheidens nicht strenger als ein Gesellschafter haften, der vollständig ausscheide. Denn es seien keine Gründe dafür ersichtlich, dass bei grundsätzlicher Eröffnung der Möglichkeit zur Enthaftung derjenige, der in Zukunft als Kommanditist nur noch in geringerem Umfang haften will, schlechter stehen soll als derjenige, der künftig überhaupt nicht mehr haften will. Demgemäß werde der in § 174 Halbsatz 2 HGB niedergelegte Grundsatz der Unwirksamkeit der Herabsetzung der Hafteinlage gegenüber Altgläubigern durch die entsprechende Anwendung von § 160 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 HGB zeitlich begrenzt (Rn. 14).

Was wiederum den Beginn der fünfjährigen Nachhaftungsfrist anbelangt, so hält der Bundesgerichtshof fest, dass bei der entsprechenden Anwendung der § 160 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 HGB auf die Herabsetzung der Hafteinlage eines Kommanditisten die fünfjährige Nachhaftungsfrist unabhängig von der Eintragung der Kapitalherabsetzung in das Handelsregister bereits mit dem Ende des Tages zu laufen beginnt, an dem der Gesellschaftsgläubiger positive Kenntnis von dem Herabsetzungsbeschluss erlangt (Rn. 15–30).

Schließlich hält der Bundesgerichtshof fest, dass mit Ablauf der Nachhaftungsfrist des § 160 HGB in entsprechender Anwendung des § 217 BGB nicht nur die Haftung für den geltend gemachten Hauptanspruch entfällt, sondern auch die Haftung für die von ihm abhängenden Nebenleistungen wie z. B. dem Verzögerungsschaden in Form von Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten (vgl. Rn. 35–43).

PRAXISTIPP

Es ist zu begrüßen, dass der Bundesgerichtshof den in der Gesellschaft verbleibenden Kommanditisten im Falle der Herabsetzung der Hafteinlage hinsichtlich seiner Außenhaftung für Altverbindlichkeiten demjenigen gleichsetzt, der vollständig aus der Gesellschaft ausscheidet. Denn für eine entsprechende Differenzierung bestehen keine überzeugenden Gründe. Aus Kommanditistensicht ist es auch zu begrüßen, dass der Bundesgerichtshof entgegen dem Wortlaut des § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB unter Zugrundelegung einer historischen, systematischen und teleologischen Auslegung zum Ergebnis gelangt, dass die fünfjährige Nachhaftungsfrist unabhängig von der Eintragung der Kapitalherabsetzung in das Handelsregister bereits mit dem Ende des Tages zu laufen beginnt, an dem der Gesellschaftsgläubiger positive Kenntnis von dem Herabsetzungsbeschluss erlangt. Allerdings obliegt es in einem solchen Fall dem Kommanditisten, dem Gesellschaftsgläubiger die positive Kenntnis vom Herabsetzungsbeschluss nachzuweisen, was den Kommanditisten jedenfalls teilweise vor Schwierigkeiten stellen dürfte.


Beitragsnummer: 18294

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