Freitag, 23. Juli 2021

BeleihungsWERTstörer Starkregen, Hochwasser, Überschwemmung

Elementarschaden Wasser: Identifizierung der Risikoobjekte • Auswirkungen auf Beleihungswert/-fähigkeit

Dr. Karsten Schröter, SV-Büro Dr. Schröter (zuvor Leiter Bewertungsmanagement bei der NordLB), 

Dr. Thomas Ziesenitz, Abteilungsdirektor Bankenregulatorik, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands

 

Nicht erst seit der diesjährigen Hochwasserkatastrophe steht die Frage der Beleihungsfähigkeit von Objekten in Hochwassergebieten in der Diskussion. Schon frühere Hochwasser und erst recht die Hochwasser Anfang des Jahrtausends brachten das Thema auf die Tagesordnung der Kreditinstitute. Erste Schritte zur Identifikation und Absicherung dieser Objekte wurden eingeleitet. Bankenprüfer fragten nach der Identifikation solcher Objekte und wie die Wertüberprüfung organisiert sei. Nun stellt sich diese Thematik im Zusammenhang mit dem Klimawandel und den Hochwassern des Jahres 2021 sehr deutlich in den Vordergrund. 

Starkregen – Hochwasser – Überschwemmung, das sind die Treiber bei den Naturereignissen, die als höhere Gewalt eingestuft und entsprechend beurteilt werden müssen. Ansätze, dies darzustellen, wie im Markt- und Objektrating der TEGoVA oder der VÖB-Immobilienanalyse waren schnell gefunden. Die Identifizierung der Objekte zuerst über die ZÜRS-Daten wurden als ein Weg beschritten. Aber wie flossen die Analyse-Ergebnisse in die Bewertung ein? Zwar gab es für die Marktwertermittlung in der Literatur einen Weg für die Bepreisung von Hochwasser-Risiken (Verrentung von durchschnittlich aufgetretenen Gebäudeschäden in einer Region), aber konnte dies auch in der kreditwirtschaftlichen Wertermittlung angewandt werden? Die Community verhielt sich zurückhaltend und außer der Bemerkung, dass sich das Bewertungsobjekt in einem oder eben keinem als Überschwemmungsgebiet festgesetzten Gebiet befindet, findet man wenig in den Markt- und Beleihungswert-Gutachten. 

In den letzten Jahren kam Bewegung in die Naturgewalten-Problematik. Der Gesetzgeber novellierte den § 15 des Pfandbriefgesetzes, daran schloss sich eine Diskussion über die Formen und den Umfang der notwendigen Gebäudeversicherungen an. Die Problematik der Erfassung und Bepreisung von Naturereignissen kam auch in den Bewertungseinheiten der Kreditinstitute an, vor allem, da die Bankenaufsicht zunehmend die Risikovorsorge auf diesem Gebiet prüfte und den Nachweis der Auseinandersetzung mit der Schadensproblematik forderte. Der Gesetzgeber beschloss die 2. WHG-Novelle, die das Baurecht in festgesetzten Überschwemmungs- und Risikogebieten schärfte und direkte bauliche Sicherungsmaßnahmen am Gebäudebestand forderte. Schließlich werden Nachhaltigkeitsfragen auch im Zusammenhang mit den Aufwendungen für baulichen Hochwasserschutz gestellt. 

Die Einschätzung der ausreichenden Gebäude-Versicherung gehört zu den Aufgaben der sicherheitenmanagenden Bereiche der Kreditinstitute als eine Voraussetzung für die Sicherung der Eigenkapitalanrechnung und für die Deckungsfähigkeit einer Immobiliensicherheit. Wie aber gehen Kreditinstitute mit der bewertungsseitigen Einschätzung der Beleihungsfähigkeit um? Bisher wurde zurückblickend ein aufgetretener Schaden im Zuge der anlassbezogenen Wertüberprüfung beurteilt. Die Blickrichtung muss jedoch stärker in die Zukunft gerichtet werden. Instrumente wie die Daten von ZÜRS, die Daten anderer Datenanbieter, die Hochwassergebiets- und Starkregengebiets-Karten standardmäßig zur Verfügung stellen, sollten stärker genutzt werden. Die Nutzung der Datenbank K.A.R.L., die für alle zertifizierten Personen zur Verfügung steht und das Risiko von Naturereignissen abschätzen lässt, sollte immanenter Bestandteil jeder Bewertung werden. Die Georeferenzierung der Objektadresse ist Standard bei der Anlage einer Bewertung, um die Objekte in entsprechenden Karten zu verorten. Nun ist die Diskussion notwendig, bei welchen Objekten das Risiko dieser Naturereignisse eine Beleihungsfähigkeit im Sinne des Realkredites ausschließt, bei welchen Objektes es zu bepreisen ist und auf den Marktwert und den Beleihungswert durchschlägt und bei welchen Objekten dieses Risiko ggf. unbeachtlich erscheint. 

Das Seminar FCH Praxis Digital „BeleihungsWERTstörer Starkregen, Hochwasser, Überschwemmung“ am 04.10.2021 von 10:00 – 13:00 Uhr beschäftigt sich mit der Systematik der aufsichtsrechtlichen Anforderungen, sowohl aus versicherungstechnischer Sicht als auch ablauforganisatorisch, stellt Möglichkeiten zur bewertungssystematischen Einschätzung des Risikos dar. Dieses topaktuelle Seminar wendet sich an Führungskräfte und Prozessgestalter und ebenso an bewertende Personen.

 

PRAXISTIPPS

  • Beschreibend: In jeder Bewertung sind Aussagen in den Kategorien „Baurecht" und „höhere Gewalt" – hier Aussage zum Baurecht in festgesetzten Wasserschutzzonen und festgesetzten Überschwemmungsgebieten/Risikogebieten und Starkregengebieten – aufzunehmen. Vorhandene Analysetools (ZÜRS, on-geo, Sprengnetter, K.A.R.L.) sind zu nutzen. Es bietet sich die Anwendung von Rating- oder Scoring-Tools an (VÖB-Immobilienanalyse, TEGoVA-Markt- und Objekt-Rating, andere Datenanbieter).  
  • Bewertend: Bei durch Naturgewalten gefährdeten Objekten ist ein einheitliches Vorgehen innerhalb des Kreditinstitutes bezüglich der Einschätzung der Beleihungsfähigkeit zu fixieren. Die Versicherung gegen Elementarschäden ist zu prüfen. Das bewertungsmethodische Vorgehen – kein Beleihungswert oder Wertminderung bei besonderen objektspezifischen Eigenschaften und Bepreisung des speziellen Risikos in weiteren Bewertungsparametern oder keine Berücksichtigung des Risikos im Beleihungswert – ist zu fixieren.  
  • Prozessual: Die Ablauforganisation – Identifikation der betroffenen Teilportfolios gefährdeter Objekte, Analyse und Bereitstellung der Bewertungsparameter des Teilportfolios, Zusammenarbeit mit der Risikovorsorge, Beachtung der Gefährdung bereits bei Erstbewertung und nach Schadenseintritt bei anlassbezogenen Wertüberprüfungen – muss prozessual eindeutig beschrieben sein. 

 


Beitragsnummer: 18283

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